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Messias-Maschine: Roman (German Edition)

Messias-Maschine: Roman (German Edition)

Titel: Messias-Maschine: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Beckett
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Bahn tauchte in den Tunnel ein.

    Eigentlich mag sie mich gar nicht, sagte ich mir, als wir in Galileo-Mitte einfuhren. Ich tue ihr bloß leid. Ich bin eine lahme Ente, und sie hat beschlossen, nett zu mir zu sein. Zu der Sorte Mensch gehört sie nämlich. Wahrscheinlich wird sie von einem ganzen Schwarm lahmer Enten umschwirrt.
    Der Südasiate holte ein Computerspiel aus der Tasche. Ein fetter Amerikaner ließ sich auf dem Sitz mir gegenüber nieder. Ein silberner Sicherheitsroboter starrte ausdruckslos durch mein Fenster herein, als die Bahn sich erneut in Bewegung setzte.

    »Hawkins-West«, verkündete die Bahn, als wir ins Licht der nächsten Station einfuhren. »Umsteigemöglichkeit in die Westlinie und in die Memorial-Linie.«
    Ich war mir nicht mal sicher, ob ich sie überhaupt mochte. Dieser Wunsch, die Welt zu verändern, dieses Sichplagen und Philosophieren, dieser ständige Zwang, den Dingen auf den Grund zu gehen. Sie nahm alles so ernst. Eigentlich war das etwas, das ich gar nicht so …
    »Türen schließen«, sagte die Bahn.

    An der Pythagoras-Station kümmerten sich zwei Sicherheitsroboter gerade um eine Gruppe betrunkener Araber, packten immer zwei zugleich am Kragen und trugen sie zum Ausgang.
    »Verdammte Squippies«, brummte der Amerikaner. »Warum lassen wir die überhaupt erst rein?«
    Der Südasiate stieg aus. Ein chinesischer Beamter setzte sich neben den Amerikaner.
    Meine Gedanken schlugen eine neue Richtung ein. Wenn du sie nicht magst, fragte ich mich, warum bist du dann bereit, dein Leben zu riskieren, um ihr zu beweisen, dass du kein Feigling bist?

    »Ich entschuldige mich dafür, dass wir derzeit einige Minuten Verspätung haben«, sagte die Bahn. »Ich hoffe, dass Ihnen dadurch keine Unannehmlichkeiten entstehen. Nächster Halt: Schrödinger. Umsteigemöglichkeit in die Küstenlinie und in die Gebirgslinie.«
    Steig aus, sagte ich mir. Kehr um!
    Sogar mein Gehirn schickte meinen Gliedmaßen den Befehl, sich in Bewegung zu setzen. Es war fast, als würde ein Schattenbild von mir tatsächlich aufstehen, um den Zug zu verlassen – und wer weiß, vielleicht ist das in einer anderen Variante meines Lebens tatsächlich geschehen? Aber in dieser Situation setzten sich andere Befehle durch.
    Der hell erleuchtete Zug verschwand ein weiteres Mal in der Dunkelheit.

    Du bist eine leere Hülle, sagte ich mir, als die Türen an der Skinner-Station aufgingen. Da ist nichts in dir drin: keine Gedanken, keine echten Gefühle. Kein Wunder, dass so eine leere Hülle wie du zu Lucy geht.
    Auf dem Bahnsteig befand sich eine Taube, die irgendwie einen Weg in die U-Bahn gefunden hatte. Sie näherte sich einem Essensrest, der zu den Füßen eines Mannes lag, der auf einer Bank saß. Doch als sie fast da war, gewann ihre Angst plötzlich die Oberhand über ihren Hunger, und sie machte sich hektisch davon, nur um sich dann wieder umzudrehen und sich dem Essensrest vorsichtig aufs Neue zu nähern.
    »Vorsicht, Türen schließen«, sagte die Bahn.
    Und mit einem unvermittelten Aufwallen von Scham, Erregung und Entsetzen wurde mir klar, dass ich bei der nächsten Station zweifellos aussteigen würde, denn sie lag mitten im Ausgehviertel und nur fünf Minuten von dem Haus entfernt, in dem die HESVEs warteten.
    O ja, ich würde aussteigen. Aber ich würde nicht den Zug in die Gegenrichtung nehmen, um zu Marija zurückzufahren.

    Ich weiß noch, dass im Fahrstuhl eine serbische Frau vor mir stand und einer Freundin von einem Ausflug zum Leuchtturm erzählte.
    »Da sind Lichter«, sagte sie, »und seltsame Pflanzen und riesige Tiere und sogar ein Raum, in dem es völlig dunkel ist, abgesehen von den Sternen, die sich um einen herum drehen … und dieser seltsamen Musik. Das war schön: die singenden Sterne.«

Kapitel 24
    D ie Syntec-Rezeptionistin kannte mich mittlerweile bestens.
    »Guten Abend, Mr. Simling. Schön, Sie zu sehen. Lucy ist in der Lounge.«
    Ich tauchte in das dunkelrote Zimmer ein, und sofort verdrängte es Marija und die seltsame U-Bahnfahrt und den Leuchtturm mitsamt dem Rest der Welt aus meinem Kopf.
    Lucy sah zum Anbeißen aus in ihrem kleinen weißen Spitzennegligé.
    »Ach George!«, rief sie (Erste Begrüßung EB: 5439/r), »wie wunderbar, dich wiederzusehen! Ich habe dich so sehr vermisst, Schatz!«
    Oben in ihrem Zimmer murmelte sie: »Ich kann es gar nicht erwarten, wieder mit dir zusammen nackt zu sein.« Währenddessen ließ sie den Daumen mit dem darin eingebetteten

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