Messias-Maschine: Roman (German Edition)
dumme Gedanken!«, sagte sie mit einem kleinen Lächeln.
Wir gingen zu dem Hotel, und eine arthritische Griechin brachte uns zu einem schmucklosen Raum mit Spüle und Doppelbett. Ingrid setzte sich aufs Bett. Nach kurzem Zögern ließ ich mich neben ihr nieder. Einen anderen Sitzplatz gab es nicht.
In der Luft hing Schweißgeruch. Vor nicht allzu langer Zeit hatte sich hier irgendein Paar geliebt.
Ich fragte mich, wie es wohl wäre, mit einem echten Menschen ins Bett zu gehen.
»Wir treffen uns nur dieses eine Mal«, meinte Ingrid. »Ich erzähle dir jetzt von den Zielen und den Methoden der Armee des Menschlichen Geistes. Wenn du ein paar Tage Zeit gehabt hast, über meine Worte nachzudenken, nehme ich telefonisch zu dir Kontakt auf. Falls du zu dem Schluss kommst, dass du nicht mit der Sache weitermachen möchtest, ist das kein Problem. Wir werden dich in Ruhe lassen. Falls du beschließt, uns beizutreten, ist das auch in Ordnung. Wir haben deinen Hintergrund überprüft und denken, dass du für uns ein Gewinn in unserem Kampf sein kannst. Ich habe gehört, dass du ein Talent für Sprachen hast.«
Ich nickte.
»Als Nächstes wirst du dann eine Einladung zu einem Treffen irgendeines Vereins erhalten«, fuhr Ingrid fort. »Dabei handelt es sich um deine Operationseinheit, deine Zelle, über die – und nur über die – du mit dem Rest der Armee in Kontakt trittst.«
Aus dem Nachbarzimmer drangen die lauten Schreie einer Frau.
»OH! OH! OH! JA! JA! JA!«, kreischte sie.
Mit großer Mühe wandte ich meine Aufmerksamkeit wieder Ingrid zu.
»Wenn du erst einmal Mitglied bist«, sagte sie gerade, »kannst du nicht so einfach wieder aussteigen. Schließlich könntest du verraten, wer zu deiner Zelle gehört. Du könntest die Pläne der Armee verraten. Es ist sehr wichtig, dass du dir darüber im Klaren bist.«
Die Frau im Nachbarzimmer hatte den Höhepunkt erreicht. Ihre Schreie milderten sich ab und gingen in ein zufriedenes Murmeln über.
»O ja, Liebling, ja …«
Ingrid schaute mich durchdringend an, als sie merkte, dass ich mich davon ablenken ließ.
»Ich möchte wirklich sichergehen, dass du alles verstanden hast. Was dir klar sein muss, ist dies hier: Solltest du uns beitreten und dann wieder aussteigen, wird die Armee das von dir dargestellte Sicherheitsrisiko abschätzen und entsprechend handeln. Ganz offen gesagt kann es gut sein, dass man beschließt, dich zu eliminieren. Das ist hart, aber wir sind im Krieg gegen einen gefährlichen Feind.«
»Ich verstehe.«
Ingrid zog einen Stapel Papiere aus einer Innentasche. »Lies das. Das ist das Manifest der AMG.«
Die Frau nebenan sagte etwas, das ich nicht verstehen konnte. Eine belustigte Männerstimme erklang. Die Frau lachte laut: »Aufhören! Aufhören!«
Mir wurde klar, dass die beiden miteinander rangelten. Der Mann kitzelte sie.
Unter großer Anstrengung richtete ich meine Aufmerksamkeit auf das Manifest und las:
Sinn und Zweck der Armee des Menschlichen Geistes ist es, eine Welt herbeizuführen, in der der menschliche Geist sich voll entfalten kann. Wir glauben nicht daran, dass das in dem künstlichen Staat namens Illyrien möglich ist. Wir glauben nicht daran, dass es legitim oder gesund ist, wenn eine Elite sich von den gewöhnlichen Menschen abkapselt, die diese Elite ernähren, kleiden und versorgen, und sich selbst zur Nation erklärt. Auch glauben wir nicht, dass der menschliche Geist in einer Umgebung gedeihen kann, in der nur das Messbare als real anerkannt wird …
Weiterhin forderte man in dem Manifest die Bürgerrechte für alle Einwohner Illyriens, unabhängig von ihren Qualifikationen, sowie die Freiheit von Religion und Kunst und eine Beendigung des Programms zur Ersetzung von Menschen durch Roboter.
Schließlich wurde erklärt, dass die AMG ihre gewaltsame Politik beenden würde, sobald die beiden erstgenannten Forderungen erfüllt seien, da es dann möglich wäre, ihre weitergehenden Ziele mit friedlichen Mitteln zu verfolgen.
Ich gab Ingrid das Manifest zurück.
»Das unterscheidet sich sehr davon, wie ihr im Fernsehen dargestellt werdet«, meinte ich. »Ihr wisst schon, als ein Haufen religiöser Fanatiker.«
Bei diesen Worten sträubte sich sichtlich etwas in ihr.
»Viele von uns sind religiös. Du wirst mit Leuten zusammenarbeiten müssen, die starke religiöse Überzeugungen vertreten.«
Ich zuckte mit den Schultern. »Das ist kein Problem.«
Ein weiterer kleiner Schwall Gelächter war aus dem
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