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Messias-Maschine: Roman (German Edition)

Messias-Maschine: Roman (German Edition)

Titel: Messias-Maschine: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Beckett
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Nachbarzimmer zu vernehmen.
    »Und du musst dir darüber im Klaren sein, womit wir es zu tun haben«, fuhr Ingrid fort. »Viele Menschen begreifen nicht wirklich, wie sehr dieser Staat sich gewandelt hat. Die Anfänge kennen wir alle: Humanismus, Hoffnung, Vorstellungskraft, Künstler, Musiker, Gelehrte … Du musst dir bewusst machen, dass all das tot ist. Nur eine leere Hülle ist geblieben. Das hier ist ein Polizeistaat. Die Doppel-O nimmt Menschen fest und sperrt sie ohne Gerichtsverfahren weg, sie foltert aufs Abscheulichste, sie tötet.«
    Ich nickte.
    »Tief unter einem Berg nördlich von Kakavia hat man eine Art Schlachthaus für Menschen eingerichtet«, sagte Ingrid. »Die weißen Zimmer dort sind Tag und Nacht erleuchtet. In die Böden sind Gitter eingelassen, damit das Blut abfließt. Dort gibt es Maschinen, deren einziger Zweck es ist, Schmerzen zuzufügen. Man setzt Drogen und SenSpace-Alpträume ein, um die Schrecken zu vervielfachen. Und all das ist unter Hunderten von Metern von festem Gestein verborgen, damit niemand entkommen kann und niemand draußen einen jemals hören oder einem helfen kann.«
    »Das weiß ich«, gab ich zurück, obwohl ich nicht hätte sagen können, woher ich es wusste, weil mir diese weißen Zimmer nie zuvor beschrieben worden waren. Der menschliche Verstand schnappt wohl ununterbrochen Hinweise und Bruchstücke auf, aus denen er ein sinnvolles Ganzes zusammensetzt – so wie eine Fernsehantenne Bilder aus der Luft empfängt.

    Auf den Stufen vor dem Hotel hielt ich inne und schaute auf die geschäftige Straße runter. Hinter mir kam ein Paar Arm in Arm durch die Tür. Die Frau war mollig, hübsch und wirkte gut gelaunt. Der Mann war dunkelhäutig, bärtig und kräftig. Die beiden stellten sich neben mich und küssten sich feucht und zärtlich, als wäre ich überhaupt nicht da.
    »Wir sehen uns Donnerstag, Liebling«, sagte die Frau mit sanfter, etwas heiserer Stimme, als die beiden sich schließlich voneinander lösten. Und ich erkannte die Stimme der Frau, die im Nebenzimmer gelacht und geschrien hatte.
    Ein Polizeiroboter, der aus dem Menschengewimmel emporragte, kam vorbei. Einen Moment lang wandte er den Kopf in meine Richtung, und seine silbernen, pupillenlosen, starren Augen schauten mich direkt an, wie ich da auf der Hoteltreppe stand.
    Ich dachte an Lucy. Lucy, meine geliebte Lucy, die so hohl und leer war wie ich. Was machte sie in diesem Moment wohl gerade?

Kapitel 27
    D er Kunde – ein italienischer Gastarbeiter in den mittleren Jahren – ist wütend und schämt sich. Als dieses Exemplar ihn fragt, was er will, kriegt er kein Wort heraus, sondern reicht ihm nur einen beschriebenen Zettel.

    Dieses Exemplar
     
sucht den Zettel nach linguistischen/grafologischen Hinweisen ab
liest die Anweisungen darauf.
    »ICH WILL DICH FESSELN UND SCHLAGEN.«
    Es handelt sich um Situation SM-76, ein sehr häufiges Szenario.
    Dieses Exemplar erzeugt Zufallsvarianten der Standardprozedur OS-{S-66}/17:
     
Hole Handschellen und Stock.
Sprich Warnung aus (Variante W-3027): »Ich muss dich daran erinnern, dass du mich nicht beschädigen darfst. Falls du mich beschädigst, wird in jedem Fall der Haussicherheitsdienst benachrichtigt.«
Füge hinzu (SM-5590): »Aber du darfst mir weh tun. Ich will, dass du mir weh tust.«
    Der Klient legt diesem Exemplar die Handschellen an und bringt es in die gewünschte Position.
    Harte Schläge folgen. {Druck beachten.}
     
Beginne zu stöhnen und zu schreien.
Nimm Routineprüfung vor: {Übersteigt der Druck das genehmigte Maß?}
Beginne zu weinen.
    Weitere Schläge folgen.
     
Mache verbale Zufallsbemerkung (SM-1739): »Bitte aufhören, bitte!«
Setze Weinen fort.
    Ich weine, bemerkt dieses Exemplar. (Diese interne Feststellung ist nicht Teil einer Standardprozedur und sollte gegebenenfalls der Hauszentrale –)
    »Warnung! Warnung!«, rufen die Sensoren dieses Exemplars dazwischen, »Druck übersteigt das zulässige Maß!«
    Initiiere sofort die Notfallprozedur E-04:
     
Nimm über die Hauszentrale Kontakt zum Sicherheitsdienst auf.
Äußere standardisierte Bitte: »Bitte hör sofort auf. Ich rufe den Sicherheitsdienst.«
    Klient verstärkt Schläge.
    Er gibt jetzt wütende Bemerkungen in seiner eigenen Sprache von sich.
    Die Tür geht auf.
    Der Sicherheitsdienst kommt herein.
    Der Sicherheitsdienst ist ein anderer von derselben Art wie dieses Exemplar!
    (Bitte beachten: Diese Feststellung ist nicht Teil einer Standardpro-)
    »Was macht das

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