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Messias-Maschine: Roman (German Edition)

Messias-Maschine: Roman (German Edition)

Titel: Messias-Maschine: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Beckett
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kannst jetzt nicht abhauen! Warum platzt du hier einfach so herein, wenn du dann nichts machst?«
    (Die Sekunden verstrichen. Lucy ging durch die Straßen, durch eine Welt, die sie nie zuvor gesehen hatte. Ich konnte nur hoffen, dass sie nicht derart überwältigt von den neuartigen Sensoreneindrücken sein würde, dass sie sich auf dem Weg zum verabredeten Ort verirrte. »Gehen, nicht rennen!«, hatte ich ihr immer wieder eingeschärft, ohne zu wissen, dass sie ohnehin nicht rennen konnte.)
    Der Roboter schaute aus seinem Silbergesicht auf mich herab. »Bitte treten Sie beiseite, Sir. Ein anderweitiger Notfall ist eingetreten. Bitte melden Sie sich beim Empfang.«
    Ich zählte bis fünf und gab endlich den Weg frei. Doch als der Sicherheitsroboter an mir vorbeiging, stellte ich ihm ein Bein. Er schlug der Länge nach hin, stand aber sofort wieder auf und lief besorgniserregend schnell los.

    Lucy war in eine öffentliche Toilette gegangen, die zwei Häuserblocks vom HESVE-Haus entfernt war und sich an einem Parkplatz befand, auf dem mein Auto stand. Ich fuhr aus der Parklücke, hielt direkt vor der Toilette und rief leise nach ihr. Sie kam heraus, und ihr folgte eine kroatische Gastarbeiterin, die besorgt reagiert hatte, als sie eine leichtbekleidete, katatonische junge Frau in der Toilettentür vorgefunden hatte.
    »Alles in Ordnung«, sagte ich, »das ist meine Schwester. Sie hat ein Nervenleiden. Manchmal ist sie so.«
    Die Frau schnalzte mitfühlend mit der Zunge und half der unbeholfenen Lucy in den Beifahrersitz.
    »Alles gut, meine Liebe. Dein Bruder wird sich ganz sicher gut um dich kümmern.«
    Ich fuhr aus der Stadt, nahm eine Seitenstraße, stoppte in einer Haltebucht und half Lucy dabei, in den Kofferraum zu steigen. Dann legte ich einen Teppich, zwei Koffer und eine Reisetasche über sie. All das nahm sie schweigend hin.
    »Das läuft toll, Lucy!«, plapperte ich, während das Adrenalin mir durch die Adern pumpte. »Es läuft wirklich toll! Ich bring dich in null Komma nichts hier raus!«
    Ich war ganz begeistert davon, dass alles wie am Schnürchen lief. Meine eigene Kühnheit verblüffte mich.
    Ich bog wieder auf die Ullman-Schnellstraße Richtung Epiros. Diese Grenze war nach einer turbulenten Phase und viel Geheimdiplomatie zwischen dem atheistischen Illyrien und Erzbischof Theodosios in Ioannina derzeit einmal mehr unsere ruhigste.
    Vor uns ragte der hohe Kalksteinwall entlang der Grenze auf. Dann sah ich den Grenzposten, über dem die illyrische Fahne flatterte, und die hohen Zäune mit Elektrodraht zu beiden Seiten. Meine Handflächen wurden schweißnass vor Entsetzen. Der Übergang mochte vergleichsweise friedlich sein, aber er wurde dennoch eifersüchtig bewacht. Ich setzte darauf, dass die illyrischen Behörden sich mehr Sorgen um die Leute machten, die ins Land einreisten als um die, die es verließen.
    Doch um meinen Plan zu ruinieren, genügte bereits ein kleiner Anfall von Pflichteifer auf der einen oder anderen Seite.

    Vor der dramatischen Kulisse hellgrauer Steilhänge, die in der Aprilsonne leuchteten, hob ein großer Wachroboter die Hand, um mich anzuhalten. Hinter ihm im Schatten stand ein menschlicher Zollbeamter.
    Meine Hände schwitzten nun so sehr, dass ich kaum das Lenkrad halten konnte. Trotzdem kurbelte ich das Fenster herunter und versuchte es mit einer freundlichen Bemerkung: »Wirklich ein heißer Tag, oder? Wenn es im April schon so ist, wie soll das dann erst im August werden?«
    Der menschliche Beamte lächelte teilnahmslos und überließ alles Weitere der Maschine.
    »Sind Sie geschäftlich unterwegs oder im Urlaub?«, fragte der Roboter.
    Die Sonne spiegelte sich auf seiner silbernen Außenhaut. Es handelte sich um einen Zyklopen, ein Modell auf dem neuesten Stand der Technik, das um ein Vielfaches stärker und schneller als ein Mensch war und dessen Sensoren sehr viel exakter funktionierten.
    »Im Urlaub«, antwortete ich, während der Roboter mit dem Daumen über meinen Pass und mein Kreditarmband strich.
    Dann zögerte er und erstarrte auf die unheimliche, reptilienhafte Art, die typisch für Roboter war.
    Er hat Lucys Magnetfeld bemerkt, dachte ich. Ja, das musste es sein. Er hatte Lucys Magnetfeld aufgespürt und genoss nun den Augenblick, während er mit den Sensoren bedächtig das elektromagnetische Spektrum abtastete …
    Oder vielleicht vergnügte er sich mit meiner Kreditkartennummer. Vielleicht hatte er sie per Funk an meine Bank durchgegeben und dachte nun

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