Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Meteor

Meteor

Titel: Meteor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Brown
Vom Netzwerk:
Spezialeinheiten. Aber was hatte Ekstrom davon, den Meteoriten ins Eis einzuschmuggeln? Wer konnte überhaupt etwas davon haben?
    Rachel dachte an Zach Herney. War der Präsident ein Mitverschwörer oder eine ahnungslose Schachfigur? Herney weiß nichts davon. Er ist unbeteiligt. Der Präsident war offensichtlich von der NASA hereingelegt worden. In vielleicht einer Stunde würde er mit der NASA-Entdeckung vor die Öffentlichkeit treten – bewaffnet mit einem Videoband, in dem sich vier zivile Wissenschaftler für die Echtheit verbürgten.
    Vier tote Wissenschaftler.
    Rachel konnten nichts mehr tun, um die Pressekonferenz aufzuhalten, doch sie schwor sich, dass der Urheber dieses Angriffs, wer immer es war, nicht ungeschoren davonkommen sollte.
    Sie nahm ihre ganze Kraft zusammen und versuchte sich aufzusetzen. Ihre Glieder waren wie Blei. In den Gelenken von Armen und Beinen explodierte der Schmerz, als sie sich mühsam hinkniete. In ihrem Kopf drehte sich alles. Tolland sah sie mit forschendem Blick an. Rachel hatte das Gefühl, dass er annahm, sie wolle beten. Das wollte sie keineswegs, obwohl ein Gebet derzeit mindestens so hilfreich war wie das, was Rachel sich vorgenommen hatte. Sie griff nach dem Eisbeil, das zum Glück immer noch an der Fangleine an ihrem Gürtel hing. Mit steifen Fingern packte sie den Stiel und stieß ihn mit aller Kraft, die ihr geblieben war, aufs Eis. Das Blut in ihren Adern war wie Sirup.
    Tolland schaute Rachel verwundert zu. Er versuchte sich auf den Ellbogen aufzustützen. »Rachel…?«
    Sie gab keine Antwort. Sie brauchte jetzt all ihre Kraft.
    »Ich glaube… so weit nördlich kann uns… das SAA… nicht mehr hören…«, sagte Tolland.
    Rachel schaute ihn erstaunt an. Sie hatte nicht bedacht, dass Tolland als Ozeanograf vermutlich verstand, was sie vorhatte.
    Richtig gedacht, aber ich rufe nicht das SAA.
    Sie hämmerte weiter ihre Signale aufs Eis.
    SAA war die Abkürzung von »Subozeanische Abhör-Anlage«, einer Hinterlassenschaft des Kalten Krieges. Da der Schall im Wasser Hunderte von Kilometern geleitet wird, war es möglich, mit den neunundfünfzig Unterwassermikrofonen des SAA einen erstaunlich großen Prozentsatz der Weltmeere abzuhören. Bedauerlicherweise gehörte diese abgelegene arktische Region nicht zu diesem Prozentsatz, aber Rachel wusste, dass auf dem Meeresgrund auch noch andere ihre Lauscher aufsperrten. Sie pochte unverdrossen weiter ihr primitives Signal.
    TOK – TOK – TOK.
    TOK – TOK – TOK.
    TOK – TOK – TOK.
    Sie gab sich keinen Illusionen hin, dass ihr Tun den anderen und ihr das Leben retten könnte. Sie spürte bereits eine frostige Starre nach ihrem Körper greifen. Sie hatte vielleicht noch eine halbe Stunde Leben in sich. Eine Rettung lag nicht mehr im Bereich des Möglichen. Aber es ging ihr nicht um Rettung.

    TOK – TOK – TOK.
    TOK – TOK – TOK.
    TOK – TOK – TOK.
    »Die Zeit… ist gegen uns…«, sagte Tolland.
    Es geht nicht um uns, dachte Rachel, es geht um die Information in meiner Tasche. Sie rief sich den verräterischen Ausdruck des Radarbildes in ihrer Anzugtasche vor Augen. Ich muss dafür sorgen, dass der Ausdruck in die Hände des NRO kommt, und zwar schnell.
    Rachel war dem Delirium nahe, aber sie war sicher, dass man ihr Signal auffangen würde. Mitte der Achtzigerjahre hatte das NRO die SAA durch eine dreißigmal leistungsfähigere Anlage ersetzt. »Classic Wizard« hieß das zwölf Millionen Dollar teuere Ohr des NRO auf dem Meeresgrund. Innerhalb der nächsten Stunden würden die Cray-Supercomputer der Horchstation des NRO und des Nationalen Sicherheitsdienstes NSA in Menwith Hill eine anomale Signalsequenz an einem der arktischen Hydrophone registrieren, das Pochen als SOS-Signal identifizieren, die Koordinaten einpeilen und ein Rettungsflugzeug der grönländischen U.S.-Luftwaffenbasis Thule in die Luft beordern. Das Flugzeug würde drei Personen auf einem Eisberg finden. Erfroren. Tot. Eines der Opfer war eine Mitarbeiterin des NRO… und sie hatte ein merkwürdiges Dokument auf Thermopapier in der Tasche.
    Einen GPR-Ausdruck. Norah Mangors Vermächtnis.
    Bei der Untersuchung des Ausdrucks würde der geheimnisvolle Schacht unter dem Meteoriten ans Tageslicht kommen. Rachel hatte keine Ahnung, wie es dann weitergehen würde, aber das Geheimnis würde jedenfalls nicht mit ihnen zusammen auf dem Eis untergehen.

60
    Zur Amtsübernahme eines Präsidenten gehört auch ein Gang durch drei schwer bewachte

Weitere Kostenlose Bücher