Metro2033
stützte sich auf den Ellenbogen und holte aus seiner Tasche die mit getrocknetem Blut befleckte Tüte. Er blickte Melnik aufmerksam an und öffnete dann den Umschlag.
15
DER PLAN
Ein doppelt gefaltetes Stück Papier, herausgerissen aus einem Schulheft, und ein Stück Karton, auf dem mit Bleistift einige Tunnel skizziert waren. Auf dem Weg zur Smolenskaja hatte Artjom keinen Gedanken daran verschwendet, was sich in Danilas Tüte befand. Worin die Lösung dieses doch offenbar unlösbaren Problems bestand. Wie man das Damoklesschwert jener unfassbaren, unerbittlichen Bedrohung von der WDNCh und der gesamten Metro abwenden konnte.
In der Mitte des Blattes mit den Erklärungen hatte sich ein rotbrauner Fleck ausgebreitet - das Blut des Brahmanen. Artjom musste es erst etwas anfeuchten, um es auseinanderzufalten zu können, ohne die winzige Schrift zu beschädigen.
»Teil Nr. ... Tunnel ... D-6 ... unversehrte Anlagen ... bis zu 400.000 Quadratmeter ... Smertsch ... defekt... unvorhergesehene ...«
Vor Aufregung hüpften die Worte vor Artjoms Augen hin und her, so dass er überhaupt nichts verstand. Schließlich gab er es auf, sie zu einem sinnvollen Text zusammenzufügen, und reichte den Brief Melnik.
Dieser nahm das Papier vorsichtig entgegen und heftete seinen Blick auf die Buchstaben. Eine Zeit lang sagte er gar nichts, doch dann wanderten seine Augenbrauen ungläubig nach oben. »Das ist unmöglich«, flüsterte er. »Eine glatte Lüge! Das wäre ihnen doch niemals entgangen ...« Er drehte das Blatt um, betrachtete es von der anderen Seite. »Sie haben es für sich behalten ... und den Offizieren kein Wort gesagt. Kein Wunder. Sonst hätten die wieder mit ihren alten Geschichten angefangen. Aber sollte es ihnen wirklich entgangen sein? Defekt ... Na gut, das wäre schon möglich ... Das heißt, sie haben es geglaubt!«
Artjom, der die ganze Zeit über auf eine Erklärung gewartet hatte, platzte mit der Frage heraus: »Kann uns das denn helfen?«
Der Stalker nickte. »Wenn das, was hier steht, wahr ist, so gibt es zumindest eine Chance.«
»Worum geht es? Ich verstehe nicht...«
Melnik antwortete nicht gleich. Wieder las er den Brief von vorn bis hinten durch, dachte einige Sekunden nach und begann schließlich zu erzählen. »Ich habe davon früher schon einmal gehört. Eine der tausenden von Legenden in der Metro. Wie die über die Universität, den Kreml, die Polis - man weiß ja nie, was wahr ist und was sich einer am Lagerfeuer an der Ploschtschad Iljitscha ausgedacht hat. Genauso ist das mit dieser Geschichte ... Jedenfalls hat man sich immer erzählt, dass es irgendwo in Moskau - oder in der Nähe von Moskau - noch eine unversehrte Raketenbasis gibt. Natürlich ist das eigentlich völlig unmöglich. Militärische Objekte sind immer das Hauptziel eines Angriffs. Aber angeblich haben sie diese Basis nicht mehr geschafft, sie übersehen oder auch einfach vergessen - jedenfalls ist sie komplett unberührt geblieben. Irgendjemand soll sogar mal dort gewesen sein und sie sich angesehen haben. Den Gerüchten zufolge stehen da komplette Startanlagen in großen Hallen, nagelneu und verpackt. In der Metro sind sie natürlich zu nichts zu gebrauchen, schließlich würde man in dieser Tiefe sowieso an keinen Feind rankommen.«
Artjom blickte den Stalker erstaunt an und ließ seine Beine von der Liege herabhängen. »Und was haben die Raketen mit unserem Problem zu tun?«
»Die Schwarzen greifen die WDNCh vom Botanischen Garten aus an. Hunter vermutete, dass sie dort irgendwo in die Metro eindringen. Also wäre es doch logisch, dass sie dort auch leben. Eigentlich gibt es nur zwei Möglichkeiten: Entweder befindet sich der Ort, wo sie alle herkommen - das Wespennest sozusagen -, nicht weit von einem Eingang der Metro entfernt. Oder es gibt dieses Nest nicht, und die Schwarzen kommen von weit draußen in die Stadt. Aber warum hat man sie dann nirgends sonst bemerkt? Unlogisch. Obwohl ... vielleicht ist es nur eine Frage der Zeit. Jedenfalls sieht die Situation so aus: Wenn sie von außerhalb der Stadt kommen, können wir gegen sie ohnehin nichts unternehmen. Angenommen, wir sprengen die Tunnel der WDNCh oder meinetwegen sogar hinter dem Prospekt Mira, so werden sie früher oder später neue Eingänge finden. Wir könnten uns dann nur noch in der Metro verbarrikadieren und alles dichtmachen. Dann müssten wir aber auch die Hoffnung aufgeben, jemals wieder nach oben zu kommen, und hätten nur noch unsere Schweine
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