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Metro2033

Titel: Metro2033 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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nicht wieder loszulassen. Wichtig war es, an irgendetwas zu denken - damit der Verstand beschäftigt blieb. Den anderen schien es genauso zu gehen.
    »Das ist also durch all die Strahlung entstanden«, sagte Melnik. »Und es stimmt, dass es eine biologische Waffe war! Aber mit diesem kumulativen Effekt haben sie sicher nicht gerechnet. Ein Glück, dass es sich hinter einer Mauer befindet und nicht in der Stadt ausbreitet.«
    Niemand antwortete ihm. Die Kämpfer schwiegen und lauschten.
    »Redet mit mir! Schweigt nicht! Diese Schweinerei hier packt euch sonst am Kleinhirn. He, Oganessjan! Oganessjan! Woran denkst du?« Der Stalker schüttelte einen aus seiner Mannschaft. »Ulman, verdammt! Wohin schaust du? Schau mich an! Und hört auf zu schweigen!«
    Ulman klapperte mit den Augenlidern und sagte: »Sie ruft... so sanft...«
    »Wie bitte, sanft? Hast du denn nicht gesehen, was mit Deljagin passiert ist?« Melnik gab dem Mann eine schallende Ohrfeige, so dass dessen stierer Blick wieder klar wurde.
    »Nehmt euch an den Händen! An den Händen!«, schrie Melnik. »Schweigt nicht! Artjom! Sergej! Schaut her, schaut mich an!«
    Derweil gurgelte und kochte einen Meter unter ihnen die furchtbare Masse. Sie musste bereits den gesamten Bahnsteig überflutet haben. Immer stärker drängte sie heran, und es war kaum noch möglich, ihrem Sog zu widerstehen.
    Melnik jedoch ließ nicht nach, schüttelte seine Soldaten, schlug ihnen ins Gesicht oder brachte sie mit fast zärtlicher Berührung wieder zu sich. »Jungs! Leute! Gebt nicht auf! Los jetzt... im Chor! Singen wir!« Und mit krächzender, falscher Stimme begann er: »Steh auf, du großes, weites Land ... Steh auf zum letzten Kampf! ... Kämpf ge-gen die Faschistenbrut ... Die dunk-le Macht greift an ...«
    »Soll un-sere gerechte Wut...«, fiel Ulman ein. »Uns bringen bald den Sieg ...«
    Die gurgelnde Masse rund um den Zug schien nun mit doppelter Kraft anzuwachsen. Artjom sang nicht mit, da er die Worte nicht kannte. Doch er war sich sicher, dass die Männer nicht von ungefähr von einer dunklen Macht sangen.
    Die erste Strophe und den Refrain kannten alle seine Kämpfer, doch weiter musste Melnik alleine singen. Dabei blitzte er drohend mit den Augen und achtete darauf, dass niemand sich ablenken ließ:
    Wie zwei verschied 'ne Po-o-le, Sind wir in allem feind! Für Licht und Frieden kämpfen wir, Sie für die Dunkelheit...
    Diesmal sangen fast alle den Refrain mit, sogar der kleine Oleg versuchte es. Es war ein jämmerlicher Chor grober, verrauchter Männerstimmen, die in dem endlosen, düsteren Saal widerhallten. Ihr Gesang flog durch das hohe, mosaikdekorierte Gewölbe, stieß sich dort ab, fiel und tauchte unten in die brausende, lebendige Masse ein. Und obwohl in jeder anderen Situation dieses Bild - sieben erwachsene Männer und ein Junge auf dem Dach eines Metrozugs, händehaltend und sinnlose Lieder singend - Artjom absurd und komisch vorgekommen wäre, so empfand er es hier eher wie eine Szene aus einem nächtlichen Albtraum. Und er wünschte sich nichts sehnlicher, als endlich aufzuwachen.
    Soll un-sere gerechte Wut Uns brin-gen bald den Si-i-ieg... Wir kämpfen für das ganze Volk, Es ist ein heil ger Krieg!
    Obwohl Artjom selbst nicht mitsang, bewegte er doch eifrig die Lippen und schaukelte zum Takt der Melodie. Da er die Worte der ersten Strophe nicht ganz verstanden hatte, dachte er zunächst, es sei ein Lied entweder über das Überleben der Menschen in der Metro oder über den Kampf gegen die Schwarzen, unter deren Ansturm seine Heimatstation bald fallen würde. Doch dann fiel in einer der Strophen noch einmal das Wort »Faschisten«, und Artjom begriff, dass es offenbar um den Kampf der Roten Brigade gegen die Bewohner der Puschkinskaja ging.
    Als er wieder aus seinen Gedanken auftauchte, bemerkte er, dass der Chor verstummt war. Vielleicht kannte selbst Melnik keine weiteren Strophen mehr, oder die anderen hatten einfach aufgehört mitzusingen.
    »Kommt schon, Jungs! Dann wenigstens >Kombat<«, versuchte der Stalker seine Leute zu überreden und begann: »Kombat, he alter Kombat, hast nie dich versteckt, dein Herz hat Format...« Doch schon nach wenigen Worten verstummte er selbst.
    Die Gruppe erstarrte. Die Männer lösten ihre Hände, der Kreis zerfiel. Alle schwiegen, sogar Anton, der bis zuletzt im Fieberwahn gemurmelt hatte.
    Artjom spürte, wie sich die Leere in seinem Kopf mit einer warmen, trüben Brühe aus Gleichgültigkeit und Müdigkeit

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