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Metropolis brennt

Metropolis brennt

Titel: Metropolis brennt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
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Abend und au­ßer­dem ein Wo­chen­en­de mit­ten im Mo­nat. Die Scha­ren der Gräu­lin­ge, die sich die Fahrt aufs Land nur ein­mal im Mo­nat leis­ten konn­ten, ström­ten meis­tens erst am Mo­nats­en­de zur Mau­er. Bei ih­rem nied­ri­gen Lohn hät­ten sie sich die Fahrt ei­gent­lich nur ein­mal im Jahr leis­ten kön­nen, als Ge­burts­tags­ge­schenk so­zu­sa­gen. Da die­se Ta­ge auf dem Land aber vor al­lem dem so­zia­len Aus­gleich die­nen soll­ten, da­mit die un­ter­pri­vi­le­gier­ten Schich­ten ru­hig ge­hal­ten wur­den, hat­te man die Ge­büh­ren­sät­ze ent­spre­chend er­mä­ßigt und den je­wei­li­gen Ein­kom­men der an­de­ren Grup­pen an­ge­gli­chen. Nor­man schi­en dies durch­aus sinn­voll zu sein. So wur­de der in der Stadt herr­schen­de Sta­tus quo mit Leich­tig­keit auf­recht­er­hal­ten. Die Men­schen in den Ar­bei­ter­vier­teln ka­men, ehe in ih­nen der ag­gres­si­ve Wi­der­stand­strieb auf­flam­men konn­te, recht­zei­tig in die­se herr­li­che Frei­zeit­zo­ne und ver­dräng­ten und ver­ga­ßen ih­re Sor­gen, Ängs­te und Nö­te sehr schnell und sehr wirk­sam. Und es gab prak­tisch kei­nen, der die Fahr­ten frei­wil­lig ver­säumt hät­te.
    Den­noch wa­ren die Men­schen ein­sam, die­se ge­le­gent­li­chen Aus­flü­ge konn­ten das nicht ver­de­cken. Zu­min­dest fühl­te Nor­man sich selbst ein­sam und aus­ge­brannt.
    Nor­man muß­te fast ei­ne Stun­de war­ten, bis er an der Rei­he war. In den War­te­sä­len und im Dorf galt das Gleich­heits­prin­zip; hier hat­te er als grün­ge­klei­de­ter Be­am­ter kei­ne Vor­rech­te. Auch wenn er das im Grun­de ak­zep­tier­te, so fluch­te er doch, wenn er so lan­ge war­ten muß­te. Ir­gend­wo muß­te auch Gleich­heit ih­re Gren­zen ha­ben. Im­mer­hin: Er hat­te man­ches Mal schon mehr als drei Stun­den war­ten müs­sen.
    End­lich konn­te er in ei­ne der Dusch­ka­bi­nen tre­ten. Er streif­te sich den Co­ver­all über den Kopf und zog sich nackt aus. Dann stieg er un­ter die Du­sche und wusch sich mit der Des­in­fek­ti­onss­ei­fe sorg­fäl­tig den Kör­per ab. Ein Warm­luft­ge­blä­se trock­ne­te rasch die nas­se Haut, und er konn­te in den über­heiz­ten Un­ter­su­chungs­raum ge­hen. Oh­ne die Bit­te des in einen oran­ge­far­be­nen Kit­tel ge­klei­de­ten Arz­tes ab­zu­war­ten, leg­te er sich so­gleich nackt wie er war auf ei­ne der mit ei­nem fri­schen Ein­weg-La­ken über­zo­ge­nen Prit­schen, die al­le schon sehr ab­ge­wetzt und oft be­nutzt aus­sa­hen. Wie im­mer mach­te der Raum, von dem es für je­den War­te­saal meh­re­re gab, einen ru­hi­gen, aber auch einen kal­ten und un­per­sön­li­chen Ein­druck auf ihn.
    Wi­der­stands­los ließ er sich von ei­nem As­sis­ten­ten die Sprit­ze mit dem nur kurz wir­ken­den Nar­ko­ti­kum in den rech­ten Un­ter­arm inji­zie­ren. Das war nö­tig, um ihn in den für den Dia­gno­se­com­pu­ter not­wen­di­gen traum­lo­sen Tief­schlaf zu ver­set­zen. Er sah noch wie durch ein Aqua­ri­um, daß ihm die Haft­elek­tro­den für die Com­pu­ly­se an­ge­setzt wur­den. Dann schlief Nor­man ein.
     
    Als er wie­der auf­wach­te, wa­ren nur we­ni­ge Mi­nu­ten ver­gan­gen. Der Arzt-As­sis­tent half ihm auf und zeig­te auf die Tür mit den Be­klei­dungs­räu­men. Nor­man ging bar­fuß über den be­heiz­ten Plast­bo­den zu der Tür, die bei sei­ner An­nä­he­rung au­to­ma­tisch zur Sei­te glitt, und such­te sich in der großen Be­klei­dungs­kam­mer die ihm pas­sen­de Klei­dung aus. Er ent­schied sich schließ­lich für einen blauschwar­zen, mit far­bi­gen Or­na­men­ten ver­se­he­nen Ki­mo­no.
    In ei­nem lang­sa­men Vor­ort-Zug fuhr er dann über das wei­te, fla­che Land an der We­ser ent­lang nord­wärts. Viel konn­te er drau­ßen nicht er­ken­nen; mor­gen wür­de er mehr se­hen. In ei­nem klei­nen Dorf, des­sen Na­men er nicht ein­mal wuß­te, stieg er schließ­lich aus und wan­der­te lang­sam und an­däch­tig durch die schumm­rig er­leuch­te­ten Gas­sen. Aus den Knei­pen und Wirts­häu­sern dran­gen ge­le­gent­lich Lärm und Ge­läch­ter zu ihm her­aus. Er lä­chel­te, ging aber wei­ter. Heu­te war er da­zu zu mü­de, mor­gen

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