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Metropolis brennt

Metropolis brennt

Titel: Metropolis brennt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
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viel­leicht.
    Nor­man wur­de sanft von den ers­ten Strah­len der auf­ge­hen­den Son­ne, die durch das Fens­ter dran­gen, ge­weckt. Lei­se pfei­fend stieg er aus dem ein­fa­chen, aber mol­lig war­men Bett und trat ans Fens­ter. Der Him­mel war von dem Son­nen­auf­gang noch blaß­ro­sa ge­färbt, und er ge­noß die wei­te Aus­sicht auf das er­wa­chen­de Land. Er öff­ne­te das Fens­ter und beug­te sich über das Fens­ter­brett nach drau­ßen, auch wenn ihn die sich nur lang­sam er­wär­me­n­de Mor­gen­luft frös­teln ließ. In der Stadt be­kam man die Jah­res­zei­ten gar nicht mehr mit; dort war es im­mer gleich sti­ckig und ver­qualmt. Aber hier, hier fühl­te und sah man je­de Ver­än­de­rung des Kli­mas. Noch vor ei­ner Wo­che war es ziem­lich kalt und kahl ge­we­sen. Jetzt aber dräng­te der Früh­ling mit al­ler Macht die kal­te Jah­res­zeit zu­rück, und die Pflan­zen und Tie­re konn­ten sich dem nicht ver­schlie­ßen.
    Er sah weit ent­fernt am Ufer des Flus­ses die ers­ten Wei­den­kätz­chen in der Mor­gen­son­ne glit­zern, und das Gras be­kam wie­der ei­ne ge­sun­de, sat­te Far­be. Die Kro­kus­se, schon vor zwei Wo­chen mit ih­ren Knos­pen durch den dün­nen Schnee ge­bro­chen, öff­ne­ten ih­re Kel­che nun weit und so­gen be­gie­rig die Son­nen­strah­len durch den so ent­stan­de­nen Schlund. Nur die Baum­wip­fel wa­ren noch kahl, kaum, daß hier und dort ers­te Knos­pen in ei­nem zar­ten Grün der Hoff­nung prang­ten. Et­wa zehn Me­ter von sei­nem Stand­ort ent­fernt er­blick­te er auf ei­nem Ast, der in Hö­he sei­nes Fens­ters ei­ner mäch­ti­gen Ul­me ent­sprang, einen schwarz­ge­fie­der­ten Vo­gel, der mit sei­nem oran­ge­ro­ten Schna­bel ein kräf­ti­ges Tschil­pen aus­stieß, wel­ches er schon im Bett ge­hört hat­te.
    Die fri­sche Mor­gen­luft durch­drang all­mäh­lich un­an­ge­nehm sei­ne Haut, und er schloß die alt­mo­di­schen Flü­gel des Fens­ters wie­der, um sich nicht zu ver­küh­len. Er dusch­te, such­te sich aus ei­nem der Wand­schrän­ke et­was Neu­es zum An­zie­hen und früh­stück­te dann aus­gie­big un­ten im Ser­vier­raum der Pen­si­on. Hier war er schon öf­ter ge­we­sen. Fast den gan­zen Tag ver­brach­te Nor­man an der fri­schen Luft und freu­te sich an der er­wa­chen­den Na­tur. Es war ein Wun­der, ja, wie ein Wun­der, wenn er das hier mit der Stadt ver­glich. Dar­an konn­ten auch die elek­tro­ni­schen An­nehm­lich­kei­ten, die hier größ­ten­teils fehl­ten, nichts än­dern – hier wa­ren sie gar nicht von­nö­ten.
    Von den vie­len fröh­li­chen Men­schen, die er im Lau­fe des Ta­ges traf, hat­te er er­fah­ren, daß am Abend ei­ne große Fe­te stei­gen soll­te. Am Mor­gen dar­auf, es war Sonn­tag, wach­te Nor­man mit ei­nem Brumm­schä­del auf. Es muß­te schon spä­ter Nach­mit­tag sein, denn die Son­ne stach ihm grell in die Au­gen. Als er mit zu­sam­men­ge­knif­fe­nen Au­gen um sich tas­te­te, um sein Arm­chro­no­me­ter zu su­chen, fühl­te er plötz­lich et­was Wei­ches ne­ben sich.
    Er öff­ne­te die Au­gen et­was wei­ter, sah einen Arm, und dann kam ihm die Er­in­ne­rung. Er hat­te ges­tern abend ei­ne jun­ge Frau ken­nen­ge­lernt, und sie hat­ten sich bei­de fast au­gen­blick­lich in­ein­an­der ver­liebt. Schließ­lich war Li­la­na mit ihm in sei­ne Pen­si­on ge­gan­gen, und hier oben hat­ten sie sich das ers­te Mal ge­liebt. Schon lan­ge Zeit hat­te Nor­man nicht mehr mit ei­ner Frau ge­schla­fen, die ihn moch­te, die nicht ge­kauft oder ein sens-O-tro­ni­sches Schat­ten­ge­bil­de in sei­nen Hirn­lap­pen war.
    Nor­man war glück­lich. Sanft strei­chel­te er den Arm Li­la­nas und weck­te sie sach­te auf. Sie wand­te ihm ihr hüb­sches Ge­sicht zu und lä­chel­te ihn an, das dun­kel­brau­ne Haar fiel ihr in meh­re­ren Sträh­nen über die Wan­gen und ver­deck­te das nied­li­che klei­ne Mut­ter­mal ne­ben dem rech­ten Na­sen­flü­gel.
    Nor­man hat­te ein so in­ten­si­ves Glücks­ge­fühl noch nie er­lebt. Er hat­te Angst, daß es im grau­en All­tag der Stadt wie ein Kar­ten­haus in sich zu­sam­men­stür­zen wür­de, und hat­te ihr da­her nicht sei­ne Prio­ri­täts­num­mer ge­nannt. Er woll­te sich erst

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