Mexiko, mein anderes Leben (German Edition)
dann drehte sich alles nur immer um das Negative. Das konnte ich nicht begreifen, denn keiner hatte hier wirklich einen Grund zu jammern. Jeder dieser angeblich doch so unglücklichen Menschen hatte ein schönes Zuhause, war finanziell abgesichert, brauchte sich keine Gedanken zu machen, ob er morgen noch genug zu essen und ein sicheres Dach über dem Kopf haben würde. Sicher ist das nicht alles, und viele Wünsche bleiben vielleicht noch offen und können nie erfüllt werden, aber ist das ein Grund deswegen unglücklich zu sein? Vielen unzufriedenen Menschen würde ich es wünschen, dass sie nur einmal in die Slums von Mexiko sehen könnten, wo viele Menschen in bitterer Armut leben und heute nicht wissen, wovon sie morgen leben. Und trotzdem strahlen diese Menschen eine Zufriedenheit aus, die auch für mich oft nicht zu verstehen ist, aber es fasziniert mich. Denn Glück ist nicht immer abhängig von Reichtum. Ich hatte einen anderen Blick bekommen und mich verändert. Fiel es mir daher so schwer, mich in Deutschland wieder richtig wohlzufühlen?
Robert fehlte mir sehr und gleichzeitig spürte ich, dass ich nicht nur meinen Mann vermisste, sondern auch das sonnige, leichte Leben, in dem Land, in dem die Menschen gut drauf waren und auch gute Laune verbreiteten. Die Zeit verging dann auch sehr schnell. Ich traf mich noch mit ein paar Freunden und Bekannten. Es waren nicht mehr viele Menschen, zu denen ich noch engen Kontakt hatte, aber umso wichtiger war mir ein Wiedersehen mit ihnen.
Mein letzter Tag hier in meiner Heimatstadt war gekommen und meine Gefühle waren wieder gespalten, wie so oft. Der Abschied von meiner Familie fiel mir unbeschreiblich schwer, aber ich konnte es auch kaum erwarten, endlich wieder bei meinem Mann zu sein, den grauen Winter und die unzufriedenen Menschen zurückzulassen und wieder die mexikanische Sonne und den Blick auf das Meer zu genießen.
Kapitel 24
Schon beim Landeanflug auf San Jose del Cabo waren mir die Bergketten so vertraut, dass ich in diesem Moment wusste: Auch hier ist meine Heimat. Hier ist jetzt mein Zuhause, hier ist mein Mann und hier kann ich dieses neue freie Lebensgefühl ausleben, das ich in Deutschland so vermisst hatte. Ich konnte es auch nur hier schaffen, meinen Weg als Malerin zu vollenden. Ich konnte es kaum erwarten, bis sich endlich die Flugzeugtür öffnete und ich die Treppe hinunterlaufen konnte. Hier ist es nicht so, wie auf großen Flughäfen, wo man den Flieger verlässt und durch fensterlose Gänge läuft, sich von Rolltreppen und Laufbändern befördern lässt, um dann nach endlos langer Zeit irgendwann im Innern des Flughafens zu landen. Nein, hier verlässt man noch ganz ursprünglich das Flugzeug über eine Treppe und dann steht man auf dem Rollfeld. Jedes Mal wenn ich dann unten stehe, drehe ich mich noch einmal ehrfurchtsvoll um und schaue zum Flugzeug hinauf, das mich sicher an einen anderen Ort gebracht hat.
Als ich noch oben auf der Treppe stand, konnte ich Robert schon durch die Glasscheibe der Abfertigungshalle sehen. Er lief aufgeregt hin und her und hatte mich auch gleich entdeckt. Aber bis wir uns dann endlich richtig wieder hatten, stand mir noch einiges bevor. Meine Koffer waren gefüllt mit Schokolade, Würstchen, Salami, Lachsschinken und Marzipan. Das alles durfte ich nicht nach Mexiko einführen und ich hoffte nur, dass ich nicht kontrolliert würde. Es werden hier nur Stichproben gemacht und das regelt ein Zufallsgenerator in Form einer Ampel. Man muss einen Knopf drücken, wenn die Ampel dann grün ist, hat man Glück und geht weiter, aber wehe, es ist rot! Ich hatte kein Glück. Es war ROT. Jetzt war wohl meine Stunde gekommen. Ich musste alles, aber auch alles auspacken. Da lagen nun die schönen deutschen Leckereien ausgebreitet auf einem großen Tisch und Robert, der das ganze Theater durch eine Glasscheibe beobachten konnte, sah auch rot! So ein Mist, warum musste das ausgerechnet mir passieren?! Der kleine, dicke mexikanische Zollbeamte sah mich fragend an und nun war es an mir, diese Schmuggelware zu erklären. Normalerweise fallen mir spontan keine Ausreden ein, aber so ein klein wenig hatte ich mir schon auf dem langen Flug Gedanken gemacht für den Ernstfall, der ja nun tatsächlich eingetreten war. In Mexiko kommt man mit guten Ausreden manchmal auch ans Ziel, man sieht hier alles nicht so eng, wie in den USA oder anderswo. Es war aber sicherlich auch mein
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