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Mexiko, mein anderes Leben (German Edition)

Mexiko, mein anderes Leben (German Edition)

Titel: Mexiko, mein anderes Leben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Klimm
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es nicht beschreiben, welches Gefühl sich beim ersten Biss in eine deutsche Bockwurst mit Brötchen und Löwensenf in mir ausbreitete. Und ich hätte noch viele Bockwürste gierig verschlingen können. In diesem Moment wurde mir klar, wie sehr ich diese Delikatesse vermisst hatte. Beim Essen dachte ich ständig an Robert, denn er hatte sich so oft eine von diesen schmackhaften Dingern gewünscht, die es nur in Deutschland gibt und nirgendwo sonst auf der ganzen Welt. Es sei denn, man hat das große Glück und findet in Kanada oder den USA einen deutschen Fleischer. Das ist aber eher selten. Dreißig Bockwürste habe ich dann auf meiner Rückreise nach Mexiko für Robert mitgebracht. Robert hat dann tagelang nur noch deutsche Bockwürste gegessen, und so hielt der Vorrat nicht lange an. Danach litt er unter Bockwurstentzug. Mit der Wurst im Magen wartete ich auf meinen Bruder Klaus. Er hatte mir versprochen, dass er mich vom Flughafen abholen würde, denn noch einige Kilometer Autobahn trennten mich von meiner Heimat und von meiner Familie. Endlich konnte ich ihn sehen, mit einem großen Blumenstrauß winkte er mir entgegen. Seine Anwesenheit gab mir das Gefühl, endlich angekommen zu sein. Mein Bruder war der erste Mensch, der mir in meiner fremd gewordenen Heimat die Geborgenheit geben konnte, wieder zu Hause zu sein. Wir lagen uns in den Armen und auf einmal war alles nicht mehr so grau und trostlos.

Kapitel 23
           Die Fahrt auf der Autobahn kam mir endlos vor, es konnte mir nicht schnell genug gehen. Das Haus meiner Eltern mit der kleinen Dachkammer, in der unsere weinrote Couch steht, sollte jetzt drei Wochen lang mein Zuhause sein. Endlich konnte ich die kleine Stadt in der Ferne sehen und da wusste ich, dass hier immer meine Wurzeln bleiben werden, so sehr ich auch das Leben in der Ferne liebte. Die Kirchturmspitze meines Heimatortes, in dem ich fast mein ganzes Leben verbracht hatte, ließ mein Herz ganz warm werden.
           Als ich dann meine Eltern umarmte, war ich wieder das Kind, das nach Hause kommt und sich geborgen fühlen kann. Das Wiedersehen war so schön und es kam mir vor, als sei ich nie woanders gewesen. Es hatte sich nichts verändert, auch meine Eltern nicht. Meine schlanke, Mutti mit den silbernen Haaren und den wachen Augen, die immer noch jede Kleinigkeit wahrnahmen, meine Mutti, die mir wie eine Seelenverwandte ist, der ich alles erzählen kann, mit der ich lachen und weinen kann. Mein Vati, der mir ein Leben lang wie ein guter Freund zur Seite gestanden ist, auf den ich mich immer verlassen konnte. Jetzt in seinem hohen Alter sehe ich ihn als weisen Mann, der mir immer noch mit seinen Lebenserfahrungen helfen kann. Er bastelt den ganzen Tag an seiner Modelleisenbahn, liest Bücher, löst Kreuzworträtsel oder arbeitet in seiner Werkstatt auf dem Hof. Beide sind zwar körperlich alt geworden, aber im Herzen und in ihrer Seele sind sie jung geblieben und ich hoffe, dass das noch sehr lange so bleibt.
           Da wir jeden Tag miteinander telefonierten und unsere Gedanken austauschten, hatte ich außer meinen Erlebnissen von der langen Reise nichts Neues zu berichten. Aber das war auch gut so, denn es reichte uns, dass wir zusammen waren und eine gemeinsame Zeit erleben durften. Doch als ich dann Roberts traurige Stimme am Telefon hörte, wäre ich am liebsten wieder ganz schnell bei ihm gewesen. Ich bekam so ein schlechtes Gewissen, dass ich jetzt glücklich war, wieder zu Hause zu sein, und er musste ohne mich ganz allein dort in der Ferne in dem großen Haus auf mich warten. Durch diese Trennung wurde uns noch mehr bewusst, wie sehr wir doch zusammengehören und füreinander bestimmt sind. Unzertrennlich, auch wenn Entfernungen uns trennen. Es war schon spät und ich eroberte zusammen mit meinem Koffer die kleine Dachkammer, um es mir dort so richtig gemütlich zu machen. Einschlafen konnte ich nicht sofort, zu viele Gedanken kreisten in meinem Kopf und es war so ungewohnt allein im Bett zu liegen. Immer wieder griff meine Hand ins Leere, aber Robert war nicht da. Ich lauschte der Melodie des Regens und bildete mir ein, diese Musik sei nur für mich allein, bis ich dann irgendwann spät in der Nacht einschlief.
           Die lange Reise war doch sehr anstrengend gewesen und mein Körper war noch die mexikanische Uhrzeit gewohnt, sodass ich den halben Vormittag verschlief und erst wach wurde, als mich jemand ganz leise an den Füßen kitzelte. Christian hatte sich

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