Mich gibt s ubrigens auch fur immer
dunkle, schmutzige Farben â manche Auraleser sind dann schnell dabei, diesen Menschen zu verurteilen. Aber Farben ändern sich. Und jeder hat mal einen schlechten Tag oder niedere Gedanken. Man kann Grundtendenzen erkennen. Aber die Gabe lebt von der Interpretation. Und eine halbwegs klare Aussage bekommt nur, wer sie mit dem festen Vorsatz einsetzt, dem anderen nur Gutes zu wollen. Es ist nichts anderes als Einfühlungsvermögen, das ein wenig tiefer geht â¦Â«
Ich kann meine Enttäuschung nicht verbergen. Elizabeth lacht. »Tut mir leid, das ist kein Allmachtsinstrument. Nur eine Wahrnehmungsmöglichkeit mehr und vielleicht eine etwas tiefere. Aber das können wir nicht an einem Abend abhandeln. Aber wir können ein paar Dinge ausprobieren, wenn du magst.«
Sie zeigt mir, wie man mit den Händen einen Energieball formt. Und tatsächlich glaube ich am Ende, als ich meine gewölbten Handflächen mehrmals aufeinander zubewegt habe, kurz etwas gespürt zu haben. So wie ich auch ganz kurz, leider eher farblose, Lichtblitze zu erkennen glaube, als sich Elizabeth vor eine weiÃe Wand stellt und ich die Umgebung ihres Kopfes fixieren soll, bis mein Blick verschwimmt. Zum Glück gibt sie mir auch noch ein paar praktische Hinweise zu der Ordnung in ihrem Laden und zum Umgang mit Kunden. Dann führt sie mich noch in die kleine Teeküche am Ende ihres Ladens, in der sie den Kunden Tee zur Ankurbelung der Entscheidungsfreudigkeit oder eine heiÃe Schokolade zur Stärkung der Glückshormone zubereitet. Ich höre aber dummerweise bei allem nur mit einem Ohr hin, so aufgeregt bin ich. In der Atmosphäre ihres Ladens glaube ich, tatsächlich ein reales Abenteuer zu erleben, dass es so etwas wie Magie und all die Dinge zwischen Himmel und Erde, die man nicht sehen kann, gibt. Als ich den Laden verlasse und durch den kalten Schnee stapfe, bin ich mir da allerdings nicht mehr so sicher. Eines ist jedoch klar: Elizabeth beherrscht die seltene Mischung aus pragmatischem Geschäftssinn und Hellsichtigkeit enorm gut.
îµ
H atte ich mal gesagt, Arbeitnehmer lächeln nie? Für meinen ersten Arbeitstag in einem neuen Job trifft das nicht zu. Da bin ich noch voller Elan. So auch an diesem Morgen. In meiner Tasche klimpern verheiÃungsvoll die Schlüssel, deren Verwalterin ich für einen Tag sein darf. Ich sinniere noch über Elizabeths einleitenden Worte über die Ordnung ihrer Regale und der sehr viel weniger verständlichen Sortierung auf dem Dachboden. Dort sind die Wälzer nicht nach Themen, sondern nach »Aura« geordnet. Auch wenn ich am Abend zuvor geglaubt habe, Momente der absoluten Klarsicht gehabt zu haben, fällt mir nun doch auf, dass ich die »Aura«-Ordnung nicht wirklich verstanden habe. Ich bin vermutlich aus Versehen in ihre Aura eingedrungen und hatte für wenige Sekunden ein paar ihrer Fähigkeiten. Aber einen Tag lang werde ich den Laden auch ohne Magie schmeiÃen können. Sicher gibt es auch Kunden, die wissen, was sie wollen â und die sogar in der Lage sind, es anhand der Regalbeschriftungen zu finden?
»Kunden wissen oft, was sie wollen, aber selten, was sie brauchen. Findest du das für sie, werden sie immer wieder Geld bei dir lassen«, hat Elizabeth gesagt. Na, wenn das keine gelungene Einstellung irgendwo zwischen Menschenfreundschaft und knallhartem Geschäftssinn ist. Wünschte, unser philosophischer Berater Peter wäre bei mir gewesen. Dem wäre bestimmt etwas dazu eingefallen.
Als ich den kleinen Laden aufschlieÃe, scheint der Schlüssel in meiner Hand leicht zu vibrieren. Wahrscheinlich hat nur meine Hand vor Aufregung gezuckt. Ich habe noch nie einen Laden aufgeschlossen. Und den ganzen Tag über wird dies mein Reich sein. Nicht schlecht eigentlich. Morgen für Morgen in den eigenen kleinen Laden zu gehen. Kein Chef, dem man Rechenschaft für irgendetwas schuldet. Mit den Kunden plauschen ⦠Hör auf zu träumen, Tanja! Nachdem ich mich ermahnt habe, trete ich brav den Schnee an meinen Schuhen ab und hole drinnen das Paar Ballerinas heraus, das ich zum Wechseln eingesteckt habe, um den HolzfuÃboden nicht zu beschädigen. Ich bin extra eine halbe Stunde vor Ladenöffnung gekommen, um die Umgebung noch ein wenig zu studieren, von mir aus auch, um die Aura der Gegenstände aufzusaugen. Elizabeths Händchen für Ãsthetik ist wirklich bemerkenswert. Ihr
Weitere Kostenlose Bücher