Mich gibt s ubrigens auch fur immer
lieber eine heiÃe Schokolade.«
»Ich nehme das, was Sie auch nehmen.«
»Nenn mich ruhig Elizabeth und duz mich«, sie lacht und verschwindet.
Ich wüsste auch ihren Nachnamen gar nicht.
Ein paar Minuten später taucht sie wieder auf. Mit zwei hübschen Tassen mit Rosenblüten darauf â samt Deckel, der den Keramikfilter abdeckt. Der Tee duftet wunderbar, zugleich süÃ, blumig und herb.
»Was ist das?«
»Oh, eine Eigenkreation aus Anis, Thymian und Lavendel.«
Wir schweigen eine Weile, weil ich darauf warte, dass sie mit Erklärungen loslegt, sie sagt aber nichts. Sie betrachtet mich einfach nur.
»Was hat es eigentlich mit dieser Aura-Sache auf sich?«, frage ich â halb ernsthaft neugierig, halb, um das Schweigen zu durchbrechen. »Sehen Sie ⦠Siehst du bunte Farben um alles herum?«
Sie lacht. »Ganz so, wie es immer dargestellt wird, ist es nicht. Die Aura ist nicht einfach ein purpurner oder aquablauer Strahlenkranz um einen Menschen herum. Interessiert es dich denn wirklich?«
Wenn ich ganz ehrlich bin: »Ja.«
Das würde ich natürlich vor meinen Freunden niemals zugeben, aber als Jugendliche habe ich begeistert mit
Ouija-Brettern experimentiert und auf Botschaften aus dem Jenseits gewartet. Der ganze übersinnliche Hokuspokus fasziniert mich schon irgendwie. Ich will nur nicht als jemand wahrgenommen werden, der an solchen Blödsinn glaubt. Ich meine, man denkt doch dann immer gleich an einsame Katzenbesitzerinnen mit üblen Duftlampen, die einen so seltsam intensiv ansehen. Andererseits bin ich ja wohl kaum allein mit diesem Faible fürs Ãbernatürliche. Warum sonst wohl verkaufen sich die ganzen Fantasygeschichten so gut, und warum haben sogar Männer in Business-Nadelstreifen in Flughafen-Wartehallen »Harry Potter« verschlungen? Wohl nicht nur, um zu überprüfen, ob die Lektüre für ihre Kinder wirklich geeignet wäre. Im Allgemeinen halte ich mich für vernünftig, und ich glaube auch nicht an jeden Spuk, aber, ach, wäre es nicht wunderbar, wenn alles wahr wäre â der Wald voller Werwölfe und Gespenster? Und wenn jemand wie Elizabeth, eine offenbar sehr vernünftige und humorbegabte Frau, über Magie redet, verliert sie sofort jeden peinlichen
Touch.
Elizabeth versucht, mir zu erklären, dass die Aura von jedem wahrgenommen werden kann, aber nicht von jedem über die gleichen Sinne. Dass sie sich auch tasten, hören und fühlen lässt. Je nachdem, welche Begabung der Auraleser hat.
»Mir fällt es am leichtesten, sie zu erkennen, wenn ich jemanden berühre. Deswegen lege ich bei einem Kundengespräch auch kurz meine Hand auf den Arm. So kurz und so beiläufig, dass es nicht aufdringlich wirkt. Aber ich sehe in der Tat auch Farben. Wenn ich die Aura eines Menschen erkenne und sie fühle, kann ich ganz schnell das richtige Buch finden.«
»Du musst nicht einmal mehr auf den Titel gucken?«
»Nun, es ist eine Mischung aus beidem. Es kommen meist mehrere Bücher in Frage, ich wähle dann das, was mir am besten zur aktuellen Situation zu passen scheint. So kann es sein, dass ich Impulse bei einem Buch über Schimpansen, einem über den Bau von Baumhäusern und bei einem Liebesroman bekomme. Weià ich von dem Betreffenden, dass er handwerkliches Geschick und einen kleinen Sohn hat, würde ich wohl die Baumhäuser wählen. Ist es eine Frau, die sich mit Vorliebe in der Romantik-Ecke aufhält, würde ich eher zum Liebesroman greifen.«
Ich schaue mich im Laden um und kneife leicht die Augen zusammen, bis mein Blick verschwimmt. Wäre es nicht wunderbar, um jedes einzelne dieser Bücher herum, etwas leuchten zu sehen? Kein Wunder, dass der Laden mir beinahe wie ein magischer Ort vorkam.
»So geht es nicht. Aber ich kann es dir beibringen, wenn du willst.«
»An einem Abend?«
»Vielleicht. Vielleicht sehen wir uns ja noch öfter. Es könnte aber auch gleich klappen. Anis öffnet den Verstand für besondere Wahrnehmungen. Thymian kann ähnlich wirken.«
Mir wird tatsächlich ein bisschen duselig.
»Wie ist denn meine Farbe?«
»Im Moment? Ein helles, strahlendes Gelb.«
»Und was sagt das über mich?«
»Du bist Idealistin mit einer guten Intuition. Aber das ist eigentlich auch zu kurz gegriffen. Du bist nicht nur, was ich in diesem Moment in deiner Aura sehe. Es gibt auch
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