Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mich gibt s ubrigens auch fur immer

Mich gibt s ubrigens auch fur immer

Titel: Mich gibt s ubrigens auch fur immer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Seidel Jana
Vom Netzwerk:
Laden ist eine sinnliche Erfahrung. Nicht nur die Buchdeckel möchte man anfassen und genauer erkunden. Der Tisch mit den Abenteurer- und Entdeckergeschichten ist mit einem alten Kompass in einer Holzschatulle geschmückt. In den Regalen weisen – das fällt mir jetzt zum ersten Mal auf – nicht nur die Wörter auf den goldenen Beschlägen den Weg, sondern auch die Buchstützen. Es gibt handgeschnitzte zu fast jedem Thema. Im Schifffahrts-, Entdecker- und Abenteurer-Regal zum Beispiel halten Sextanten die Bücher an ihrem Platz, im Tiere-Regal sind es hölzerne Affenköpfe. Beim genaueren Hinsehen bemerke ich, dass das raffinierte Biest Elizabeth sogar mit Düften arbeitet. In die Buchstützen sind winzig kleine Terrakottaschälchen eingearbeitet, die einen ganz leichten Duft verströmen. So leicht, dass die einzelnen Aromen nicht miteinander konkurrieren. Bei den Abenteurern weht eine Brise Meer und Salz, bei den Liebesromanen ist deutlich Rose auszumachen, bei den Krimis wird es metallisch – wie Blut oder Knarren, aber nicht abstoßend. Verrückt oder genial? In einer Ecke entdecke ich noch eine Chaiselongue mit einer Palme, auf der man in den Büchern schmökern kann. Daneben eine altmodische Stehleuchte. Ein märchenhaftes Geschäft, das einem das Gefühl gibt, es könne einen ganz und gar verschlucken. Welche Geheimnisse es wohl noch birgt? Durch eine Lücke in einer Regalreihe fällt mein Blick auf die dahinter. Ein Buch zieht meinen Blick auf sich, ohne dass ich erklären könnte wieso. Eine Frage der Aura? Ich gehe um die Reihe herum und stehe vor dem Psychologie-Regal. Das Buch heißt »Väter – und wie man ihnen verzeiht«. Schnell schiebe ich das Buch ins Regal zurück. Das ist jetzt doch ein bisschen unheimlich. Wieso verfolgen einen immer Themen, an die man bis vor Kurzem nie oder lange nicht mehr gedacht hat? Dann plötzlich bedrängen sie einen aus jeder Ecke. Ich schaue auf meine Hand, die das Buch gegriffen hat, ob da nun irgendein auratischer Strahlenkranz zu sehen ist. Nichts dergleichen. Ich seufze, krame »Hinduismus für Dummies« aus meiner Tasche, lasse mich in die Chaiselongue fallen und beginne zu lesen. Viel Zeit für Muße bleibt nicht. Eine altmodische Bimmel an der Tür kündigt den ersten Kunden an. Ich stehe schnell auf und schaue nach.
    Na toll. Er ist der Typ Professor-Doktor-Sowieso. Er stürmt in den Laden, bleibt irritiert vor mir stehen und blafft mich an: »Wo ist Elizabeth?«
    Ich bin so perplex, dass ich ihm gar nicht antworten kann.
    Â»Egal. Sind Sie hier bloß Verkäuferin, oder haben Sie Ahnung?«, fährt er da schon fort. Fühle mich von seiner stürmischen Art irgendwie an die Wand geblasen und möchte am liebsten in Deckung gehen. Das werde ich mir aber sicher nicht anmerken lassen.
    Â»So wohl als auch«, antworte ich so hochmütig, wie ich kann und füge nur für mich in Gedanken das leise Stoßgebet »hoffe ich jedenfalls« hinzu.
    Â»Ich suche ein Geschenk für meinen Sohn«, sagt er.
    Â»Wie alt ist er denn, und was liest er üblicherweise?«, frage ich interessiert.
    Â»Wieso wollen Sie das denn wissen?«, fragt er misstrauisch.
    Â»Damit ich besser einschätzen kann, was ihm gefallen würde«, erkläre ich freundlich das Naheliegende.
    Er sieht mich nachdenklich an.
    Â»Bücher … über … 23.«
    Und nun? Ist 23 nicht die Lieblingszahl der Verschwörungstheoretiker? So à la Julius Caesar wurde von 23 Messerstichen getötet, und der neue Bundestag hat eine 23 Meter hohe Glaskuppel, und deswegen wird die Welt an den Iden des März, ausgehend von Berlin, untergehen?
    Â»Ach so«, murmele ich und stelle mich schon mal so zwischen die Regale, als wüsste ich, was ich tue und könnte mit seiner Information irgendetwas anfangen.
    Â»Er liest eher wenig.«
    Ah, dann war »23« wohl aufs Alter bezogen. Aber was lesen diese jungen Männer wohl? Plötzlich fühle ich mich alt. Wollen die nicht nur so viele Apple-Utensilien wie möglich besitzen, und lesen die überhaupt noch irgendetwas außer Blogs? Ich kneife meine Augen zusammen und starre den Typen an. Wenn nichts mehr hilft, bleibt ja vielleicht noch die Sache mit der Aura. Aber selbst wenn ich eine erkennen könnte, das Buch ist ja für seinen Sohn. Da habe ich eine Eingebung.
    Â»Einen Moment, bitte.«
    Ich

Weitere Kostenlose Bücher