Mich gibt s ubrigens auch fur immer
Schwierige Gespräche verschiebe ich auf die Zeit nach dem Besuch. Die Stimmung muss nicht noch angespannter werden, schon gar nicht, wenn Hrithiks Familie bei uns wohnt. Dank meines umsichtigen Streit-Vermeidungs-Plans gab es nur noch ein klein wenig Zank, als ich herausgefunden habe, dass Melanie nicht nur die FüÃe seines Vaters berührt hat â nein, sie hat sich für die BegrüÃungszeremonie auÃerdem noch in einen sauteuren, türkisen Sari aus echter Seide geworfen, den sie bei einer vorherigen gemeinsamen Shopping-Tour mit Chadni aufgetrieben hat. Dieses anbiedernde Miststück! Was mache ich jetzt nur? Da ich auf so viel familiäre Unterstützung verzichten muss und mir meterweise echte Seide eh nicht leisten kann, müssen mich Hrithiks Eltern wohl oder übel in einer bestickten Tunika über meinen gewöhnlichen Jeans nehmen. Dafür werde ich mich dann aber den FüÃen meines Schwiegervaters mit selbstverständlichem Charme zuwenden. Der gefasste Entschluss ändert aber nichts daran, dass ich am Abend vor der Ankunft der Eltern fast an einer Magenverstimmung zugrunde gehe. Was, wenn sie mich nicht ausstehen können? Ich kann mir kaum vorstellen, dass Chadni als beste Freundin von Melanie die Gelegenheit ausgelassen hat, ein wenig Gift gegen die unzulängliche Neu-Freundin zu verspritzen.
»Ich habe morgen meinen freien Tag, ich könnte mich also ein wenig um die Wohnung kümmern, bis du wieder da bist und wir deine Eltern abholen«, biete ich aufopferungsvoll an. Das Badezimmer müsste wirklich mal wieder geputzt werden.
Hrithik guckt verlegen auf seine Hände. Ganz und gar kein gutes Zeichen. Diesen Blick setzt er nur zu den seltenen Gelegenheiten auf, in denen er ein schlechtes Gewissen hat.
»Darüber wollte ich noch mit dir reden ⦠Tanja.«
»Deine Eltern haben doch keine Zeit und kommen nicht?« Damit könnte ich leben.
»Nicht ganz. Ich kann mich morgen im Büro leider nicht frei machen.«
Wieso muss man ihm denn alles aus der Nase ziehen? »Und jetzt soll ich sie allein vom Flughafen abholen?«
»Nein, natürlich nicht. Ihr kennt euch ja gar nicht. Chadni kommt etwas früher mit dem Auto aus Hannover. Sie holt die beiden dann ab und bringt sie zu uns. Ich versuche, auf jeden Fall vor ihnen oder zeitgleich hier zu sein.«
Ich denke kurz nach, komme aber zu dem Schluss, dass ich ohnehin nichts dagegen unternehmen kann. Da kann ich auch gleich gute Miene zum bösen Spiel machen. »Ich kann ja mal gucken, ob ich etwas Kleines zum Abendessen vorbereite.«
»Das wäre toll, aber mach dir nicht zu viel Arbeit.«
»Keine Sorge, ich werde ganz sicher keine Kuh schlachten.«
Er guckt mich verdutzt an.
»Na von wegen heilige Kuh ⦠Haha.« Mein Lachen hat auch schon mal weniger verzweifelt geklungen.
Jetzt sieht er besorgt aus.
»Mach dir keine Sorgen. Es wird sicher alles gut«, beschwichtige ich mehr mich selbst als ihn.
Wenn ich schon keinen Sari habe, dann tue ich eben das, was ich kann: kochen! Was für ein trauriges Resümee für ein Frauenleben im 21. Jahrhundert. Was würde bloà Alice Schwarzer dazu sagen? Höchstwahrscheinlich hätte sie so viel Mitleid, dass sie nicht mal eine Schmähschrift verfassen sondern mich direkt in den Emma-Knast stecken würde. Andererseits bringt mich mein besonderes Talent vielleicht der traditionellen, indischen Kultur näher, wo die Frauen sich meines Wissens auch immer noch überwiegend am Herd hervortun. Wenn Sie nicht gerade wie Kajol aussehen und sich in durchnässten Saris in grünen Bergen, die wie die Schweizer Alpen aussehen, räkeln dürfen.
Ganz anders als Sharukh und Kajol liegen Hrithik und ich an diesem Abend nicht in einem Bett aus Gras â von verzehrender, unerfüllbarer Leidenschaft gepackt, die sich noch keinen Weg bahnen darf. Auch wenn es insgesamt ähnlich züchtig, also berührungsfrei zugeht. Wir lesen ganz friedlich nebeneinander im Bett. Das ist keine Beschwerde. Ich finde diese Phase in einer Beziehung viel schöner, als den anfänglichen Taumel, in dem man so glücklich, ängstlich und verrückt gleichzeitig ist, dass man nichts anderes wahrnehmen kann. Dass man auch einfach mal wieder ein gutes Buch lesen kann, so wie jetzt, mag ich sehr. Trotzdem rechne ich schnell mal nach: Wir liegen auch noch nicht unter dem Drei-mal-die-Woche-Sex-Durchschnitt. Gut,
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