Mich gibt s ubrigens auch fur immer
mich unbeschwert der groÃen Aufgabe zu widmen, meinen wahren Job fürs Leben zu finden. Wäre nur gut, wenn sich nicht, sobald ich ihn gefunden habe, herausstellt, dass man dafür ein Studium braucht.
Ich will doch eigentlich nur morgens lächelnd zur Arbeit gehen und mich dort gut fühlen. Mehr nicht. Das ist doch wirklich nicht zu viel verlangt. Allerdings möchte ich in dem Job, den ich mache, schon gut sein und immer wieder etwas Neues lernen. Bislang werden der Buchladen und Elizabeth diesem Anspruch gerecht. Ich lerne nicht nur die fragwürdige Kunst des Auralesens, sondern beim intensiven Beobachten auch etwas über die Menschen. Irgendwann wird es mir gelingen, jedem Kunden das Buch zu verkaufen, auf das er, ohne es zu wissen, schon immer gewartet hat. Vorher steht aber noch eine kleine Indienreise an. A propos â ich sollte mal anfangen, das Gemüse zu schnibbeln. Zwecks mentaler Vorbereitung höre ich mir dazu den Titel-Song von »Khabi Kushi, Khabi Gham« auf meiner Bollywood-Mix-CD an.
Aa aa aa aa aa aa, kabhi khushi gham
Na judaa honge hum, kabhi khushi kabhi gham
Aa aa aa, aa aa aa, aa aa aa aa
Dank der Untertitelung der Filme weià ich, dass die Sängerin verspricht, dass uns in guten wie in schlechten Zeiten nichts entzweien wird. Das »Aa aa aaa aaaa« ist universal. Ich liebe Bollywood-Filme, weil die verwirrenden Dinge des Lebens darin immer ganz klar und einfach sind. Der Bösewicht laviert sich nicht durch einen Graubereich und hatte auch keine schwere Kindheit, er ist bloà böse und sagt auch ganz schlicht Dinge, wie: »Ich bin ganz böse und will die Weltherrschaft.« Das Mädchen ist aufopferungsvoll und anständig und bekommt den Kerl.
In »Khabi Khushi, Khabi Gham« ist es jedenfalls so.
Die Lage dort ist mit Hrithiks und meiner durchaus vergleichbar. In dem Film gehört Sharukh Khan einer oberen Kaste an. Er ist wahnsinnig erfolgreich und verliebt sich in eine Halbwaise aus den Slums. Die Eltern sind zunächst so entsetzt, dass die Liebenden nach England auswandern müssen. Am Ende liegen sich aber alle in den Armen. Natürlich spiegelt das unsere Situation nicht eins zu eins wider. Ich hätte zum Beispiel nichts dagegen, nach England auszuwandern. Aus den Slums komme ich auch nicht direkt, tippe aber, dass man als kastenloser Ausländer in Indien einen ähnlichen Rang hat wie die unreinen »Unberührbaren«.
Ich bin so in Gedanken versunken, dass ich nicht bemerke, wie rasend schnell die Zeit vergeht. Als es an der Tür klingelt, liegen die Gemüseteile noch frisch in ihrer Marinade und hatten noch keine Gelegenheit, ordentlich durchzuziehen. Ich hätte wirklich einen Tag früher mit den Vorbereitungen beginnen sollen. Mit zittrigen, aber frisch gewaschenen Händen eile ich zur Tür. Ich bin wirklich aufgeregt, deswegen dauert es eine gefühlte Viertelstunde, bis ich die Tür geöffnet habe. Und da stehen sie: Mutter, Vater und Tochter Raichand. Letztere sieht wie immer aus, als wäre sie einem trendigen Modekatalog entsprungen. Schwarze Lederjacke, eng anliegende dunkelblaue Jeans, ein paar hochhackige Boots. Das lange, geglättete Haar schimmert gepflegt. Offensichtlich hat sie die prachtvolle Mähne von ihrer Mutter geerbt. Die trägt dazu allerdings einen schicken, dunkelgrünen Sari. Ihre Züge sehen ein wenig streng, aber attraktiv aus. Der Vater hat sich für einen grauen Anzug mit wild gemusterter Krawatte entschieden. Mit seinem weiÃen Vollbart wirkt er angenehm gemütlich. Beide sind ganz eindeutig die Eltern ihrer schönen Kinder. Vor Aufregung kann ich nur noch reflexartig meinem Instinkt folgen und strecke Herrn Raichand, der direkt vor mir steht, die Hand entgegen. Er macht gerade Anstalten, sie zu ergreifen, als mir einfällt, dass ich die BegrüÃung ja ganz anders geplant habe. Ich bücke mich, mit dem Ergebnis, dass seine Hand, die gerade meine schütteln wollte, ziemlich hart mit meiner Wange kollidiert. Chadni kichert laut. Blöde Kuh! Meine Wange brennt, und meine Gelenke knacken bedenklich, als ich in die Knie gehe. Dumm nur, dass Hrithiks Vater nach der versehentlichen Ohrfeige erschrocken einen Schritt zurückgewichen ist. Meine Hände greifen ins Leere, und ich verliere das Gleichgewicht. Wo ich schon mal in der Bauchlage bin, tippe ich trotzdem kurz seine FuÃspitzen an. Als ich mich wieder aufgerappelt habe, sehe ich,
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