Mich gibt s ubrigens auch fur immer
alles in Ordnung, würde ich sagen. Kein Grund, nicht doch noch zu heiraten.
Erwartungsgemäà bekomme ich in dieser Nacht kein Auge zu. Und wie ich so grübele und grübele und gleichzeitig denke, dass ich jetzt wirklich schlafen müsste, um am nächsten Tag frisch zu sein, kann ich natürlich gar nicht mehr schlafen. Erst recht nicht, als mir zum ersten Mal der Gedanke kommt, dass Schlaf und Träume doch eine sehr merkwürdige Erfindung sind. Völliger Kontrollverlust. Man schlieÃt die Augen und weià nicht, wo man als Nächstes landet, ob man über paradiesische Landschaften fliegen kann, Leichenteile vom Schlachtfeld sammeln oder vor irgendetwas weglaufen muss, es aber nicht kann und auch nicht schreien kann. Dass man all diese Dinge erlebt, während der Körper so ruhig daliegt. Es ist doch ein bisschen wie Sterben. Da weià man auch nicht, ob meine Mutter mich von einem Strahlenkranz umgeben in ein Licht führt oder alles schwarz wird. Eine Zeit lang habe ich wie verrückt Berichte von Nahtoderlebnissen gelesen. Schade nur, dass sie alle nicht übereinstimmen. Und solange die Leute zurückkehren, sind sie wohl kaum richtig tot gewesen. Deswegen hat man zwar Grund zur Hoffnung, aber so richtig darauf verlassen möchte ich mich nicht. Das hinduistische System mit der Wiedergeburt gefällt mir auch nicht mehr so gut, seit ich in meinem schlauen Buch gelesen habe, dass dieses System für Frauen nur ein Gutes hat: Sie können darauf hoffen, als Mann wiedergeboren zu werden, um es im nächsten Leben ein bisschen leichter zu haben. Ich finde Männer wirklich toll! Aber ich möchte bestimmt keiner sein.
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A m nächsten Tag wirbele ich durch die Wohnung und putze das Bad so gründlich wie nie, ziehe frische Bettwäsche auf unser Bett und über zwei alte Schlafsäcke, damit Hrithik und ich auf dem Sofa nicht frieren. Adieu, Intimsphäre. Wenn die Eltern mal nachts zum Bad stolpern, werden sie immer durchs Wohnzimmer kommen und uns da liegen sehen. Ob sie mich für ein liederliches Mädchen halten? Ich glaube ja eher nicht, dass immer noch eine Mehrzahl der indischen Frauen jungfräulich in die Ehe geht, aber sie wahren den Schein sicher besser. Andererseits, wenn ich ihre FüÃe berühre, kann ich ja wohl erwarten, dass sie sich auch ein wenig auf meine Kultur einstellen. Und zu der gehören glücklicherweise Unmengen an wunderbarem, vorehelichen Sex.
Nachdem ich sogar die Badezimmerfugen mit Backpulver geschrubbt, aber keine Verbesserung hinsichtlich der Kalkränder feststellen konnte, lasse ich mich wieder aufs Sofa fallen und verfluche Hrithik. Warum fühle ich mich eigentlich dafür verantwortlich, dass die Wohnung top aussieht, wenn seine Eltern kommen. Nur weil die einer Kultur entstammen, wo Schwiegertochter-Ausbeutung neben Kricket vermutlich zum Hobby Nummer eins gehört. Haben unsere Mütter dafür ihre BHs verbrannt? Nicht, dass Hrithik mich zu irgendetwas genötigt hätte. Er ist da sehr entspannt und würde seine Eltern auch in eine chaotische Wohnung lassen. Mir allerdings wäre das unangenehm. Zum Glück ist Juli Freiberuflerin und für ein spontanes Treffen zum Kaffee immer zu haben â ich brauche dringend eine Erholungspause von Schlafmangel, Putzfieber und ansteigender Nervosität. Ein kurzer Anruf und eine halbe Stunde später sitzt Juli schon im Weinstein.
»Deine Augen sehen klein aus. Hast du getrunken?«, fragt sie mich zur BegrüÃung.
Na toll! »Nicht wirklich. Bloà gegrübelt. Hrithiks Eltern kommen nachher.«
»Kein Grund zur Sorge. Die mögen dich ganz bestimmt. Hast du Hrithik schon von deinem Ausstieg aus der Uni erzählt?«
Ich schüttele den Kopf.
»Hast du ihm schon von deinem neuen Job im Buchladen erzählt?«
Ich schüttele erneut den Kopf.
»Wieso denn nicht? Er ist doch kein Snob! Kein Mensch braucht einen Uni-Abschluss. Ich weià jetzt schon gar nicht mehr, was ich in den ganzen Jahren da gemacht habe.« Das sagt sich natürlich leichter, wenn man so wie Juli einen in der Tasche hat. Ich schaue betreten auf meinen Cappuccino. Warum nur kann ich nicht irgendein eindeutiges Talent haben? So eins, das einem eine klare Berufung gibt. Ich kann vieles ein bisschen, aber eigentlich nichts richtig. Geknickt teile ich Juli diesen Gedankengang mit.
Sie sieht das entspannt. »Geht das nicht uns allen so? Manchmal
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