Mich gibt s ubrigens auch fur immer
»Sicher. Ich weiÃ, ihr im Westen glaubt, früh aufzustehen wäre furchtbarer Stress. Wir hingegen sagen: Früh zu schlafen und früh zu erwachen macht gesund, reich und weise.«
Das Lachen seiner Mutter muss in Hrithiks Gehör gedrungen sein, er fängt an, sich zu bewegen, und richtet sich auf. Noch etwas tapsig taumelt er in meine Richtung. Ungelenk macht er Anstalten, mir zu helfen, indem er das heiÃe Wasser in die Tassen schüttet und dabei die Hälfte vergieÃt.
»Setz dich hin«, sage ich streng. »Das mache ich. Das ist schlieÃlich meine Aufgabe.« Das sollte humorvoll klingen, aber selbst ich höre meinen zickigen Tonfall. Mein Unterbewusstsein hat nicht vergessen, dass ich gestern von ihm zu einer »guten Köchin« degradiert wurde. Mein Bewusstsein auch nicht. Aber das werde ich nicht vor seinen Eltern ausdiskutieren. Für die Mischung: keine Karriere UND keine Lust auf Hausfrauendasein hätten sie wohl kaum Verständnis. Und da kommt auch schon Raghav aus dem Schlafzimmer. Wie seine Frau ist auch er vollständig bekleidet. Kein Haar steht ab. Ich bin froh, dass ich so einen züchtigen, hochgeschlossenen Pyjama mit weiÃ-blauen Streifen trage. Den habe ich noch schnell gekauft, damit seine Eltern nicht auf meine kaum den Hintern bedeckenden Schlafshirts starren müssen.
Ich stelle allen den Tee hin.
»Was habt ihr denn für heute geplant?«, frage ich freundlich.
»Wir werden uns nachher mit Chadni treffen und ein wenig durch die Stadt schlendern, um zu schauen, was sich so alles in den letzten Jahren verändert hat«, sagt Raghav. Höflich wünsche ich ihnen allen viel Spaà und bin insgeheim dankbar, dass ich arbeiten gehen darf â ein Stadtbummel mit Chadni, das schaffen weder meine Nerven noch mein Geldbeutel.
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N ach einer knappen Verabschiedung von Hrithik, der sich einen Tag frei genommen hat, um seine Eltern durch Hamburg zu führen, gehe ich meinem Job im Buchladen nach. An diesem Tag steht mir ein volles Programm bevor. Bis zum frühen Nachmittag werde ich Elizabeth helfen, dann trete ich eine Schicht im Altersheim an. Den Buchladen zu betreten, fühlt sich für mich immer noch so an, wie sich am Ende eines anstrengenden Tages in eine warme Badewanne legen zu können. Alle Anspannung und Sorgen fallen von mir ab. Es macht noch mehr SpaÃ, seit die Kunden anfangen, sich an mich zu gewöhnen und meine Anwesenheit akzeptieren. Elizabeth wartet schon mit einer warmen Tasse Kräutertee auf mich, und wir setzen uns auf die
Chaiselongue. Ich bin froh, dass sie da ist.
»Na, wie läuft es mit Hrithiks Eltern?«
»Sie scheinen ganz nett zu sein.«
»Das ist doch toll.«
»Ich glaube, seine Schwester mag mich nicht so.«
»Ist das wichtig?«
»Genau genommen ist sie ein richtiges Miststück!« Erbost sehe ich Elizabeth an. Ich liebe ihre Gabe, die Dinge weniger kompliziert erscheinen zu lassen, aber jetzt brauche ich gerade mal etwas moralische Unterstützung. »Und könnte ich ihre Aura sehen, wäre die sicher schwarzgrau.« Ich verschränke meine Arme abwehrend vor meiner Brust.
Elizabeth lacht. »Ich verstehe. Nun, dann mach ich lieber noch ein wenig Zimttee, sonst nimmt deine Aura auch noch diese Farbe an.«
»Hmpf«, gebe ich trotzig von mir. »AuÃerdem ist sie sehr eng mit Hrithiks Ex-Freundin befreundet. Eine langhaarige, langbeinige Super-Anwältin, von der sie ihrem Bruder ständig vorschwärmt.« Ich sehe Elizabeth hoffnungsvoll an, doch sie nimmt meine Empörung äuÃerst gelassen und schenkt den Tee ein.
»Aber er ist doch jetzt mit dir zusammen.« Damit ist das Thema für sie beendet. Vielleicht hat sie ja auch recht. Ich weià noch, wie ich in Hrithiks und meiner Anfangszeit fast die schönsten Momente verpasst hätte, weil ich so beschäftigt war, mir Melanies Foto auf deren Firmen-Homepage und auf anderen Internetseiten anzugucken und sie mir dann an Hrithiks Seite vorzustellen. Was für ein perfektes, glamouröses Paar. Ob er es wohl bisweilen vermisst, durch diese lange Mähne zu greifen, an die kein Friseur Hand anlegen darf, der unter 300 Euro für einen Schnitt nimmt? Natürlich habe ich mich nicht pausenlos mit solchen
Ideen beschäftigt. Das wäre ja krank. Aber in den schwachen Momenten schon. Danach habe ich mich meist furchtbar geschämt. Denn so tief empfunden und
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