Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mich gibt s ubrigens auch fur immer

Mich gibt s ubrigens auch fur immer

Titel: Mich gibt s ubrigens auch fur immer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Seidel Jana
Vom Netzwerk:
kleine Rauten aus Kondensmilch und Zucker, die es mit Schokolade, Pistazien, Rosenwasser, Mandeln und Kardamom gibt. Sie sind göttlich.
    Â»Ist es nicht irgendwie blasphemisch, dass die Mahatma-Ghandi-Road eine Fressmeile ist?«, kommt es mir in den Sinn.
    Â»Wieso blasphemisch?«, will Juli wissen und steckt sich noch einen Barfi in den Mund.
    Â»Ich meine ja nur … Ghandi mit seinem Hungerstreik gegen die Unterdrücker – und seine Nachfahren stürmen in amerikanische Burgerläden und hauen sich den Wanst voll.«
    Â»Es gibt in Indien siebzehn Mahatma-Gandhi-Straßen, es wäre wohl schwierig, auf keiner einzigen davon etwas zu essen anzubieten«, sagt Stefan neunmalklug. Was ist denn das für eine Logik? Siebzehn Straßen auf drei Millionen Quadratkilometern Land kann man doch nicht gerade flächendeckend nennen.
    Ich schaue mich um und bin nach einer Weile in einem ähnlichen Rausch wie unser junger Begleiter. Wie wunderbar das Gefühl ist, auf Reisen zu sein, hatte ich ganz vergessen. Schon die Aussage klingt toll: Ich bin auf Reisen. Ich verbringe die Nacht in einer anderen Klimazone. Eine Nacht, in der es einfach nicht kalt wird und die durch die fremden Schilder, Schriftzeichen, Gerüche und die eigene Müdigkeit ganz unwirklich, fremd und wunderbar erscheint.
    Â»Das nächste Mal übernachten wir im Ritz«, ruft Juli und lacht. Ich folge ihrem Blick. Über einem winzigen Betonkasten hängt ein unprofessionell gepinseltes Schild »Hotel Ritz«. Eine Form von Ironie gegenüber den europäischen Touristen, von denen es hier nur so wimmelt? Es gibt sogar gebratenes Rindfleisch, das sicher kein Hindu anrühren würde – aber hier tummeln sich eben auch viele Muslime. Und für die wäre es echt doof, wo sie schon kein Schweinefleisch essen dürfen, auch auf Rindfleisch verzichten zu müssen. Einen McDonald’s scheint es hier noch nicht zu geben, dafür aber jede andere Fast-Food-Kette. Deswegen muss ich auch überhaupt nicht auf Durchfall und Co. warten, bis ich die Straßenstände durchprobiert habe. Nach einem wunderbaren Abend verbringe ich eine schreckliche Nacht in inniger Umarmung mit der Toilette. Ich habe stark die Salatblätter des Hähnchen-Burgers unter Verdacht, den ich während einer Heißhungerattacke
verputzt habe.
    Juli grinst jedes Mal müde, wenn ich sie so aus dem Schlaf reiße. »Und da soll noch einer sagen, Salat sei gesund.«
    Aber ich habe Glück. Am nächsten Morgen geht es mir trotz Erschöpfung viel besser. Mein Magen fühlt sich etwas merkwürdig an – leer und leicht zusammengekrampft. Deswegen esse ich – als wir mit gepackten Rucksäcken am Frühstückstisch sitzen – nur die trockenen Roti-Brote und trinke einen Becher Schwarztee ohne Milch. Den Orangensaft lasse ich besser weg.
    Â»Wir müssen in die Backwaters«, erklärt Stefan und klappt eine Karte auf, die er am Abend zuvor gekauft hat. »In Richtung Kottayam. Das Ashram liegt hier«, sagt er und zeigt einen Punkt auf der Karte.
    Â»Aha, und wie kommen wir dahin?«, frage ich ihn.
    Â»Mit der Fähre natürlich.«
    Natürlich.
    Â»Was hättet ihr nur ohne mich gemacht?«, fragt Stefan.
    Â»Urlaub«, murmele ich.
    Â»Na los, Scout, dann führ uns mal zur Fähre«, sagt Juli und klopft Stefan freundschaftlich auf die Schulter. Wir gehen noch einmal über den Fischmarkt und essen einen frischen Happen im Bananenblatt. Allerdings sind die Gerüche so extrem, dass wir uns schleunigst aufmachen, die Fähre zu erreichen. Dort angekommen, finden wir jedoch nur einen leeren Steg vor. Komisch, weil die Fähre laut einem Schild in einem rostigen Rahmen in genau zwei Minuten abfahren müsste. Sofort schart sich eine Traube hilfsbereiter Menschen um uns, Kinder zupfen an unseren Hosenbeinen, und ein Mann, der seine Kariesvorsorge über Jahre vernachlässigt haben muss, nuschelt durch Zahnlücken und Bart, dass die Fähre sicher bald komme.
    Â»Wann denn genau?«
    Er macht eine Wellenbewegung mit der Hand, die ich nicht recht deuten kann. Er sieht dabei fast ein wenig beleidigt aus, als sei es eine Zumutung, ihn auf eine präzise Uhrzeit festnageln zu wollen. Deswegen vermute ich, dass die Geste eher bedeuten soll: »Sie kommt, wann sie kommt« als: »Sie kommt in exakt fünfeinhalb Minuten.«
    Ich zucke mit den Achseln, setze ein

Weitere Kostenlose Bücher