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Mich gibt s ubrigens auch fur immer

Mich gibt s ubrigens auch fur immer

Titel: Mich gibt s ubrigens auch fur immer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Seidel Jana
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ablegen vielleicht«, sagt Megan und lächelt unschuldig.
    Finster blicke ich sie an, was sie kein Stück einschüchtert.
    Â»Müssten wir dann nicht auch bei den Verrückten da drüben übernachten?«, frage ich.
    Â»Das würde Kurt nie von dir verlangen«, sagt sie ausweichend. »Aber es wäre gut, für seine Position hier, wenn ihr seine Prinzipien nicht untergrabt. Das macht es für die Campbewohner leichter, ihm zu vertrauen und sich auf seine Art zu leben einzulassen.«
    Instinktiv möchte ich erwidern, dass sie ja schließlich auch hier mit meinem Vater lebt – ganz unbehelligt von den anderen. Aber das wäre dreist. Schließlich bin ich hier zu Gast und noch dazu einfach hereingeschneit, ohne, dass mich jemand darum gebeten hätte. Natürlich würde es da die Höflichkeit gebieten, sich ein wenig einzufügen. Aber er ist am Ende doch mein Vater, verdammt! Es ist seine Pflicht, sich bedingungslos über meine Anwesenheit zu freuen, selbst wenn ich das nicht erwidern sollte. Es sollte in seiner Natur als Vater liegen. Wer, wenn nicht ich, sollte hier ein bisschen aufmüpfig sein dürfen? Wenngleich diese pubertäre Rebellion mit ungefähr fünfzehn Jahren Verspätung kommt. Sofort komme ich mir ein wenig albern vor. Normalerweise wäre ich die Erste, die so etwas begeistert mitmachen würde, einfach nur, um eine Erfahrung mehr zu sammeln. Und Stefan zum Beispiel hätte ganz sicher nichts dagegen, nach den Regeln des Hauses zu leben. Juli wird das auch nur als herrlich amüsantes Abenteuer verbuchen. Also gut, ich bin dabei!
    Â»Wie sieht denn das Gelübde aus?«
    Â»Ich könnte es nur so ungefähr wiedergeben. Aber niemand wird erwarten, dass ihr es gleich an eurem ersten Abend sprecht. Frag doch heute Abend nach dem Abendessen deinen Vater.«
    Â»Schauen wir mal«, sage ich und lege das Geschirrhandtuch zur Seite. »Erst mal werde ich jetzt duschen.«
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    B is zum Abendessen nicken Stefan, Juli und ich in unseren Liegestühlen ein. Wir sind doch alle sehr erschöpft. Aber als es dann losgeht, läuft Stefan zur Hochform auf und sprintet munter voran. Juli hakt mich unter, als wir beide gemächlich zum Haus schlendern. Vielleicht hat sie gemerkt, wie mulmig mir ist und will mir auf diese Art ein wenig Unterstützung anbieten. Aber der ganz große Schock bleibt aus. Die Anzahl der Menschen am Tisch ist übersichtlich. Es sind wohl nie mehr als einundzwanzig Teilnehmer gleichzeitig in »Therapie«. Mein Vater sitzt an einem Kopfende, der Platz gegenüber wird an diesem Tag mir zugewiesen. Alle starren mich an, als würden sie etwas Wundersames von mir erwarten, oder als sei ich das Jesuskind persönlich: Unbefleckte Empfängnis hat mich aber ganz sicher nicht in diese Situation gebracht. Netterweise dürfen Juli und Stefan rechts und links von mir sitzen. So habe ich ein kleines Bollwerk gegen die neugierigen Blicke der anderen. Mein Blick verschwimmt vor Erschöpfung. Inklusive der letzten schlaflosen Nacht neben Hrithik habe ich nicht mehr bequem und tief geschlafen. Und dann geschieht etwas, womit ich ausgerechnet heute Abend nicht gerechnet hätte: Um mich herum wirbeln Farben über den Köpfen der anderen. Ein Wirrwarr aus den verschiedensten Tönen. Wenn ich es richtig sehe, umgibt meinen Vater ein funkelndes Dunkelblau. Aber das kann ja wohl nicht sein, demnach müsste er sehr spirituell und erleuchtet sein. Vermutlich hat mir nur jemand aus den 70er-Jahren übrig gebliebenes LSD in den Wein getan. Bestimmt die blöde rothaarige Zicke.
    Â»Ist euch auch so komisch?«, flüstere ich Juli und Stefan zu.
    Beide schütteln den Kopf und führen weiter angeregte Gespräche mit ihren jeweiligen Sitznachbarn. Stefan sitzt neben seinem neuen besten Freund Aman und lässt sich in die Freuden des Campalltags einweisen. Juli hat einen ehemaligen Geschäftsmann aus Wuppertal ergattert und täuscht ernsthaftes Interesse für seine Befreiung aus den Ketten des Kapitalismus vor – und für die noch wesentlich kompliziertere Scheidung, die seiner Abreise voranging. Er muss noch in den Anfangsstadien seiner inneren Befreiung sein, ich nehme giftgrüne Aurafunken wahr, und in seinen Augen glimmt es immer so irre, wenn er seine Ex als »das Miststück, das nun mein Mini-Cooper-Cabrio fährt« bezeichnet. Ich wette für diese Beschreibung gibt es

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