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Mich gibt s ubrigens auch fur immer

Mich gibt s ubrigens auch fur immer

Titel: Mich gibt s ubrigens auch fur immer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Seidel Jana
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den Hals zu fallen.
    Â»Hi«, sagt er und strahlt übers ganze Gesicht. Ich hatte ganz vergessen, wie nett die vielen Lachfältchen um seine Augen herum aussehen. Aber ich habe sie auch in den letzten Jahren unseres Zusammenlebens selten zu Gesicht bekommen. Er ist älter geworden, es ist ihm bekommen. Er sieht toll aus.
    Â»Du siehst gut aus«, echot er meine Gedanken.
    Â»Danke«, sage ich und schäme mich, dass ich so steif und distanziert klinge. Dass er mir gleichzeitig absolut fremd und sehr vertraut vorkommt, verwirrt mich sehr.
    Â»Habt ihr Hunger, wollt ihr vielleicht duschen?«
    Â»Au ja«, klinkt sich Juli so lautstark ein, dass mein Vater zu lachen beginnt.
    Schlagartig fallen mir meine Manieren wieder ein: »Kurt, das sind Juli und Stefan, Freunde von mir«, ich zögere, dann fahre ich zu meinen beiden Begleitern gewandt fort: »Und dies ist mein Vater.«
    Er reicht beiden die Hand. Er kann charmant sein, keine Frage. Dennoch ärgert es mich fast ein wenig, wie deutlich Julis und Stefans Mienen widerspiegeln, dass ihnen Kurt auf Anhieb sympathisch ist.
    Â»Dürfen wir überhaupt duschen, bevor wir einen neuen, angemessenen Namen angenommen haben?«, neckt Juli ihn.
    Er lacht wieder donnernd. »Ihr kommt einfach klammheimlich mit in mein Haus. Dann sehen wir weiter.«
    Wir folgen ihm ein Stück in die Pampa, bis wir zu einem kleinen reetgedeckten Holzhaus kommen.
    Â»Der Guru beansprucht eine Herberge ganz für sich allein?« Ich klinge schrecklich biestig.
    Â»Aber sicher doch«, sagt mein Vater ganz gelassen. »Sonst würde ich wahnsinnig werden.«
    Verdammt, wäre dies nicht mein Vater, würde ich jetzt auch anfangen, ihn sympathisch zu finden. Zumindest hat er über die Jahre hinweg nicht damit angefangen, sich selbst in seiner Rolle als Guru ernst zu nehmen. Der wollte er ja auch nie sein, das muss man ihm lassen. Unsere Anwesenheit nimmt er ganz gelassen hin, ohne eine einzige Frage zu stellen à la: »Was wollt ihr denn hier?« Ich bin froh, dass ich diese Frage nicht beantworten muss. Wie hätte ich wohl reagiert, wenn er so plötzlich in mein Leben in Deutschland geschneit wäre?
    Das Hauptzimmer in seinem kleinen Haus sieht fast übertrieben gepflegt aus. Keine Spuren von den Unmengen an Plunder, die damals bei uns zu Hause alles verstopften. Ordnung halten konnte er damals so wenig wie ich. Offenbar hat sich das geändert. Die Küche ist in den Raum integriert. Alle Einrichtungsgegenstände, auch der schöne lang gezogene Esstisch, sind aus dunklem Holz, die Polster und Wände sind cremefarben. Erstaunlich schlicht und geschmackvoll. Keine Bilder an den Wänden, kein Schnick-Schnack, nicht einmal eine Kommode, auf der man dekorative Kerzenständer oder Glasschälchen drapieren könnte. Mein Blick bleibt im Küchenbereich hängen, wo eine nicht mehr ganz junge, aber immer noch sehr hübsche Inderin werkelt. Sie trägt eine schlichte Salwar Kameez, eine türkise Tunika über einer beigen Hose, ganz ohne Stickereien. Ihre Haare fallen offen herunter. Sie wendet in einer Pfanne dünne Brote, stellt sie aber sofort zur Seite, als sie uns bemerkt. Neugierig kommt sie auf uns zu.
    Â»Das sind Juli und Stefan. Und das ist meine Tochter«, stellt er uns vor. Dann sieht er verlegen zwischen der Frau und mir hin und her. »Und das ist Megan.«
    Megan? Ich muss kichern, weil ausgerechnet sie als Einzige in diesem Camp einen westlichen Namen trägt.
    Â»Mein Vater war Engländer«, erklärt sie, während sie mir mit einem freundlichen Lächeln die Hand gibt. Das erklärt ihr akzentfreies Englisch. Und die grünen Augen, die zu den schwarzen Haaren umwerfend aussehen. Wieso nur bin ich nicht für eine Sekunde auf die Idee gekommen, dass mein Vater eine neue Freundin haben könnte? Die beiden sind zweifelsohne ein Paar. Haben sie etwa auch Kinder? Dann bin ich in eine perfekt ohne mich funktionierende Familie geplatzt, was mir sehr peinlich wäre.
    Nachdem sie auch Juli und Stefan die Hand gegeben hat, bittet sie uns an den Tisch. Sie geht wieder zum Herd und kommt mit einem Tablett zurück. Auf einem Teller liegen ein paar duftende Roti-Brote, dazu gibt es schwarzen Tee mit jeder Menge Milch.
    Â»Stärkt euch erst mal. Danach wollt ihr sicher duschen und euch ausruhen? Hinter dem Haus sind ein paar Liegestühle, falls ihr nicht ins Bett wollt.«
    Wir nicken

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