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Mich gibt s ubrigens auch fur immer

Mich gibt s ubrigens auch fur immer

Titel: Mich gibt s ubrigens auch fur immer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Seidel Jana
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unseren Führer vor. Ohne ihn darf man nämlich gar nicht ins eigentliche
Reservat, erfahren wir an dieser Stelle. Nadu gibt Juli und mir die Hand.
    Â»Es gibt frische Tigerspuren. Vielleicht haben wir Glück und entdecken ein Exemplar«, sagt er. Dafür müssen wir aber einiges tun. Zunächst einmal, auf sehr glitschige Flöße steigen, die so klein und schmal und aus unregelmäßigen Stämmen gezimmert sind, dass sie Huckleberry Finn gebaut haben könnte. Und das, wenn man sich so schon kaum auf den Beinen halten kann. Kurt, ganz Gentleman, bietet Juli und mir seinen Arm an, damit wir sicher auf dem schwankenden Ding landen. Mir wird schon wieder schlecht. Ein paar Stämme wurden auf dem Ding quer angebracht, so dass wir uns setzen können. Leider sind aber die Abstände zwischen den Planken so groß, dass unsere Füße sofort platschnass werden.
    Â»Gibt es hier Krokodile?«, fragt Juli misstrauisch.
    Nadu lacht. »Nein, nur große Fische.«
    Â»Igitt«, macht sie und wirkt nun gar nicht mehr begeistert. Ich habe auch keine große Lust von einem indischen Riesenkarpfen angeknabbert zu werden. Diese Sorgen sind jedoch bald vergessen – die Überfahrt ist wunderschön. Nichts als dichte Wälder. Ab und zu ragen bizarr geformte Äste aus dem Wasser.
    Â»Die stammen aus der Zeit, als hier noch Bäume standen. Bevor die Briten den Staudamm gebaut und alles unter Wasser gesetzt haben«, erklärt Nadu.
    Am Ufer halten die Männer für uns schon merkwürdige Überschuhe bereit.
    Â»Wegen der vielen Blutegel«, erklärt Nadu.
    Juli und ich sehen uns mit angewidertem Gesicht an. »Iiiihhh.«
    Â»Igittigittigitt«, äfft Kurt uns nach – ganz die Großstadtzicken im Dschungel. Jetzt müssten wir nur noch Prada-Pumps tragen und uns gegenseitig mit Thermalspray das Gesicht benetzen. Wider Willen muss ich lachen.
    Wir stapfen stundenlang durchs Gestrüpp. Ganz wohl ist mir dabei nicht wegen der Schlangen, wir entdecken aber nur die Spuren der wilden Tiere, die hier leben sollen.
    Kurt und Nadu schreiten voran und unterhalten sich angeregt über die Gegend.
    Als wir die Abdrücke einer Tigerpranke entdecken, klopft mein Herz schneller. Sie sind so groß. Ich weiß nicht, ob ich mich nicht doch mehr freuen würde, wenn ich die dazu passende Riesenkatze nicht treffen würde.
    Und dann erstarre ich. Ich schaue direkt ins schmale, ovale Angesicht einer grünen Viper zu meinen Füßen. Sie hat sich aufgerichtet und gibt eine Art Fauchen von sich. Ich bin unfähig, irgendetwas anderes zu tun, als zu schreien. Gleichzeitig habe ich das Gefühl, ganz tief zu fallen, als hätte sie mich schon gebissen und ich würde in dem Wissen zu Boden sinken, dass es das nun war. Nie hätte ich gedacht, dass einem ein Sekundebruchteil wirklich wie eine Stunde vorkommen kann und sich ganze Filme vor dem inneren Auge abspielen können. Man sagt, dass so etwas bei Sterbenden vorkommt. Aber die sind dann ja tot und können nicht mehr berichten, was sich tatsächlich abspielt. Nun glaube ich, dass es wahr ist. Ich bin wieder sechs Jahre alt. Ich plansche im Meer, als neben mir etwas Weißes auftaucht. Kurz zuvor habe ich die Vorschau für »Der Weiße Hai« gesehen. Der kurze Ausschnitt hat gereicht, um mir Angst vor Ungetümen im Wasser zu machen. Damals habe ich genauso geschrien wie jetzt in reiner Todesangst: »Papa, Papa!«
    Und genau wie damals nehme ich meine Umgebung erst wieder richtig war, als Kurt das Problem schon gelöst hat. Damals hielt er mir lachend eine weiße Plastiktüte entgegen. Diesmal rammt er der Schlange seinen Wanderstock an die Kehle, macht ein paar schnelle Bewegungen, dann liege ich an seiner Brust und heule sofort los. Reine Hysterie. Als ich wieder zu mir komme, merke ich erstaunt, dass er fast noch mehr zittert als ich. Kein Wunder, so fest wie er zudrückt. Schnell mache ich mich los und reibe mir die Augen.
    Â»Entschuldige … danke … wie hast du das gemacht?«, stammele ich und versuche, meine Stimme so vernünftig und klar wie möglich klingen zu lassen.
    Er räuspert sich und blinzelt ein paarmal, als könne er so wenig wie ich glauben, was gerade passiert ist. Dann hält er mir seinen Wanderstock hin. Ich sehe, dass die untere Seite wie eine Astgabel geformt ist.
    Â»Alles okay?« Er sieht mich besorgt an.
    Der Unfall hat mich

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