Michael, der Finne
kling klang! – hier kommt der beste Feldherr der Welt, Pescara. Er erkundet das Gelände, sammelt unsere versprengte Reiterei und schickt seine spanischen Arkebusiere, ihrer fünfhundert, gegen die Ritter des Königs. Die kriechen auf beiden Flanken von Gebüsch zu Gebüsch vor, so. Ein paar hundert Deutsche, ausgerüstet mit den neuen Handbüchsen des Kaisers, kriechen ihnen nach. Nun haben diese wohlausgebildeten Spanier ihre Schußgabeln eingerammt – sie laden, feuern und laden mit erstaunlicher Geschwindigkeit von neuem. Jeder Mann kann innerhalb einer Viertelstunde fünf Schuß abgeben! Rauch wirbelt um die Büsche, Schüsse krachen, und die schweren Kugeln durchschlagen die Rüstungen der Franzosen, als wären sie aus Papier. Eine Kugel dringt durch zwei Mann und zwei große Pferde. Dergleichen hat man nie gesehen. Die Reiter stürzen links und rechts, und ihre riesigen Rosse bäumen sich und sinken schreiend zu Boden.«
»Arme Geschöpfe«, rief die Witwe unter Tränen. »Pferde sind teuer, und man hätte sie besser vor den Pflug gespannt oder verkauft, als sie so grausam und mutwillig in den Tod zu reiten.«
Andy hörte nicht auf sie und fuhr fort.
»Die abgeworfenen Reiter krochen auf allen vieren umher und versuchten sich zu erheben, aber ihre schweren Rüstungen drückten sie nieder. Die anderen rasten ziellos umher und rissen entsetzt aus. Schau, das Vorschneidemesser stürzt sich auf den Knochen – die fliehende Reiterei zertrampelt die Schweizer zu einem heulenden Brei. Im selben Augenblick treffen wir auf die Italiener – hier, das sind wir, dieser Fleischschlegel –, hier bin ich, und hier ist Frundsberg und brüllt aus Leibeskräften. Die hinter uns drücken kräftig nach, aber die Italiener kämpfen wie wilde Eber. Frundsberg haut ihren Führer nieder, ich schwinge meinen Bihänder, haue die Lanzenschäfte ab und bahne unseren Pikenieren den Weg. Aber die Italiener wollen sich nicht ergeben, und wir müssen sie bis auf den letzten Mann niederhauen, bevor wir an die Schweizer herankommen können. Also weg mit der Leber – soll sie der Hund fressen. Er will nicht? Schnüffelt bloß daran! Die Pest über ihn.
Also, wie ich sagte, die Schweizer sind unter die Hufe der französischen Reiterei geraten und können uns nicht standhalten – sie haben keinen Druck hinter sich und wenden sich zur Flucht! Zum erstenmal in der Geschichte zeigen Männer aus der Eidgenossenschaft dem Feind den Rücken. Der König von Frankreich hebt sein goldenes Visier, um besser zu sehen. ›Mon Dieu, mon Dieu‹, schreit er. ›Was soll das heißen?‹ Aber die Schweizer bleiben nicht stehen, um ihn aufzuklären. Und schau – von diesem kleinen Sommerschlößchen Mirabello aus entsendet Pescara eine Abteilung, um die Franzosen zu umgehen –, da plötzlich ein schreckliches Krachen und Donnern in ihrem Rücken! Hier dieser Holzteller ist die Stadt Pavia, und der Spanier Leuva, der Kommandant der Belagerten, führt seine Leute zum Ausfall. Die sind vor Hunger und Beutegier halb verrückt und metzeln die französische Nachhut und die fliehenden Schweizer nieder. Keiner von uns hat je ein solches Blutbad erlebt. Die klaren Bäche des Parkes färbten sich rot, und der Dampf steigt in die frostige Luft wie beim Schweineschlachten.«
»Jesus Maria!« rief die Witwe. »Da fällt mir ein, ich vergaß, euch die Schweinswürste zu bringen, die ich im Backrohr warm gestellt habe.«
Sie eilte, sie zu holen. Andy biß gedankenverloren in eine Wurst und setzte starren Blickes und mit vollem Mund seine Geschichte fort.
»Selbst jetzt könnte sich der französische König noch retten; er hat ja sein Pferd. Aber nein, er hat mit angesehen, wie sich sein sicherer Sieg in die vernichtendste Niederlage aller Zeiten verwandelte, und er schäumt vor Wut. Dieses Vorbild der französischen Ritterschaft kann die Schmach der Flucht nicht ertragen. Rings um ihn fließt das edelste Blut Frankreichs, und er will mit dem Schwert in der Hand fallen. Er spornt sein Pferd, sprengt auf die Lanzen ein – und sein edles Roß bricht unter ihm zusammen. Heulend, fluchend und balgend stürzen wir uns auf ihn, denn noch nie hat ein Söldner einen kostbareren Gefangenen gemacht. Stark wie ich bin, schleudere ich die Spanier gleich alten Handschuhen beiseite und erwische den König an einem Bein, um wenigstens einen Sporn zum Angedenken zu erhaschen. Die übrigen reißen ihm die Rüstung vom Leib, die Zehntausende von Dukaten wert ist.
Wir hätten
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