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Michael, der Finne

Michael, der Finne

Titel: Michael, der Finne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mika Waltari
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lag ein weiches, schweres Säcklein, das ich frohen Herzens in meinen Beutel gleiten ließ. Ich eilte in Jungfer Pirjos Hütte, zählte das Geld darin und fand große und kleine Silberstücke, Münzen von Stockholm und Abo, einige Lübecker Gulden und einen glatten Dukaten. Wieder einmal fühlte ich mich reich; dies Geld würde für eine Reise von vielen Monaten reichen. Zur Sicherheit vergrub ich es unter einem flachen Stein am Birnbaum.
    Mir war zumute, als breche die Sonne durch und als tue sich nach langen, schweren Regenschauern der blaue Himmel auf. Ich sagte mir, das Leben sei ein Glücksspiel, das auf lange Sicht nur der gewinnen könne, der leichten Herzens mit falschen Würfeln spiele und sich dabei nicht erwischen lasse. König Christian und Meister Slagheck hatten mich in meiner Vertrauensseligkeit für einfältig gehalten und mich in Kummer und Qualen gestürzt. Ihnen verdankte ich nichts, und Junker Thomas noch weniger, denn der war ein grausamer Mann. Bisher war ich ein Schaf unter Wölfen gewesen, und sie hatten mich mit falschen Versprechungen geschoren. Nun wollte ich mir unter der geschorenen Wolle die Wolfshaut wachsen lassen.
    Während des Sommers reiste ich oft nach der Stadt und fand es nicht schwer, ab und zu die Hand in den Spalt zu stecken. Seltsame Vögel begannen sich von Abo nach allen Verstecken auf den Inseln und anderswo zu schwingen, und sie kehrten beständig wieder und legten in der Mauer goldene und silberne Eier.
    Inzwischen brachten Schiffe aus Stockholm schlimme Kunde. Es hieß, der Bauernhaufe des jungen Gustaf nähere sich der Hauptstadt und schließe sie ein, während aus den Schlössern und festen Städten des Königs die Flüchtlinge unter Gustafs Banner strömten. Die Schweden hatten ihn zu ihrem Regenten gewählt, und er warb mit Lübecker Geld deutsche Söldner an, die ein starkes Rückgrat seines Heeres bilden sollten. Junker Thomas konnte sich nur wundern, daß die Seeräuber vor den finnischen Küsten so kühn geworden und über seine Pläne so wohl unterrichtet waren. Dänische Schiffe mußten nun in Geleitzügen nach Stockholm fahren, was viel Zeit kostete.
    Ich hatte beabsichtigt, in jenem Herbst den Staub der Stadt von den Füßen zu schütteln, ins Ausland zu reisen und es den Kämpfenden zu überlassen, ihren Streit zu schlichten, so gut sie konnten. Ich war ein Gelehrter und meine einzige Waffe der Gänsekiel. Aber ich verschob meine Reise nach Paris, denn es ging das Gerücht, der König von Frankreich rüste gegen den Kaiser, und ich wollte nicht aus dem Regen in die Traufe geraten. So weilte ich im November, als Gustafs Streitkräfte landeten und sich mit denen Nils Grabbackas vereinigten, immer noch in der Festung Abo.

FÜNFTES BUCH
BARBARA
1
    Die Belagerung Abos zu schildern lohnt sich nicht, denn sie machte beiden Seiten wenig Ehre. Die Belagerer hatten keine Artillerie, lungerten die meiste Zeit in den Hütten herum und tranken Bier, während die unfreiwilligen Schloßbewohner in ihren Rüstungen dahindösten und untereinander zankten und tranken. Sie waren schwer zu befriedigende Gäste; an Ausfällen beteiligten sie sich nur höchst widerwillig, und beim ersten Schuß, der aus den hölzernen Brustwehren der Belagerer fiel, pflegten sie mit Roß und Wagen davonzusprengen, während die Fußsoldaten sich keuchend an die Schweife ihrer Pferde klammerten.
    Der gute Bischof Arvid zeigte sich endlich in seiner wahren Gestalt und lieh den Belagerern seine eigenen Reisigen und Feldschlangen, Pferde, Munition und Proviant, denn Gustafs Anhänger waren arme Leute. Sie trieben sich mit Freuden müßig in den warmen Hütten umher und beklecksten ihre Wämser mit dem bißchen Proviant, den Junker Thomas den Städtern gelassen hatte. Als Gustafs Leute zuerst in Abo einzogen, hießen die Bürger sie mit Freudentränen willkommen, läuteten die Kirchenglocken und sangen Gott Loblieder. Aber noch vor Weihnachten begannen sie zu seufzen und sich zu fragen, ob es nicht besser wäre, Junker Thomas’ wenige Wölfe zu füttern als die zahllosen, räuberischen Ratten Herrn Gustafs.
    Es war nicht schwer, über die Stärke, die Bewaffnung und die Moral der Angreifer im Bilde zu bleiben, weil das einzige Ziel unserer Ausfälle war, irgendeinen armen Teufel gefangenzunehmen. Junker Thomas hieß alle Gefangenen mit gleicher Genugtuung willkommen, und nachdem er sie nach besten Kräften ausgepreßt, durchgewalkt und geröstet hatte, hängte er sie alle an den Wällen auf,

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