Michelle Obama – Ein amerikanischer Traum
eine andere Tätigkeit stärker ihren Idealen entspricht. Michelle wird mit dem Satz zitiert: «Ich trage Jeans und bin die Chefin.» Sie hatte dort eine ziemlich bunte und alternative Managementaufgabe zu bewältigen: Spenden eintreiben, bei Reibereien zwischen Latinos, Asiaten und Afroamerikanern vermitteln, zwischendurch Bettelbriefe adressieren und zulecken und immer wieder die Idee von «Public Allies» an den unterschiedlichsten Orten vertreten, von Colleges bis zu verwahrlosten Sozialwohnungsblocks. Nach Recherchen des «Time»-Magazins im Sommer 2008 erzielte Michelle mit ihrem Fundraising in ihren gut drei Jahren bei «Public Allies» Spendenrekorde, die ihre Nachfolger zwölf Jahre später noch nicht überboten hatten. «Sie war jemand, der Menschen zusammenbrachte», sagt Craig Huffmann, eine der Praktikantinnen aus der South Side über Michelles Arbeitsstil. Und über die Kooperation mit Barack: «Zusammen sind sie ein Powerpaar».Weitere Zeitzeugen beschreiben eine ziemlich entschiedene Michelle, die anderen sagt, wo es langgeht. José Rico, ein junger, illegal eingewanderter Mexikaner, erzählt, Michelle habe ihn eines Tages angesprochen und ihn nach seinen Lebenszielen gefragt. «Eine High School für mexikanische Kinder gründen», habe er geantwortet. Und dann wollte sie, Schritt für Schritt, wissen, wie er das anstellen würde. «Sie hakte nach, sie hat nicht so leicht aufgegeben.» Rico hat tatsächlich später geholfen, eine spezielle High School zu gründen: die Multicultural Arts High School. Er wurde sogar ihr Direktor.
Weiße Jugendliche mussten bei «Public Allies» mit schwarzen Gangmitgliedern kooperieren. Jeden Freitag gab es einen sogenannten «Diversity Workshop», um die Integration zu fördern. Michelle bekannte 2008, die Arbeit für «Public Allies» war «das erste Mal in meinem Berufsleben, dass ich mir sagte: Hier mache ich genau das, was mir wichtig ist.» Zu diesem Wohlbefinden trug wohl auch bei, dass sie endlich ihre eigene Chefin war und sich keinen direkten Vorgesetzten mehr unterordnen musste.
Und doch zog Michelle nach wenigen Jahren abermals weiter. Parallel zu Baracks Wahl in den Landtag wechselte sie im September 1996 zur Universität Chicago in die Abteilung für «Student Services», was entfernt dem Studentenwerk einer deutschen Hochschule entspricht. Dort sollte sie einen neuen Bereich für «Community Services» aufbauen, kündigte «The University of Chicago Chronicle» im Juni 1996 an. Der Bericht des Uniblättchens hob ganz auf die soziale Ader einer Vielzahl von Studenten ab und unterstrich, dass Michelle Erfahrung mit freiwilligen Hilfsdiensten gesammelt habe und in der nahen Umgebung aufgewachsen sei. Die wahre Absicht muss man zwischen den Zeilen lesen. Die Universität wollte mehr Studenten zu freiwilliger Arbeit in der Nachbarschaft motivieren, um die sozialen Spannungen zwischen der Universität mit ihren vergleichsweise wohlhabenden Angestellten und den weit ärmeren Bewohnern in manchen angrenzenden Stadtbezirken abzubauen.
Doch da wir Michelle und Barack nun als zielstrebige und strategisch planende Menschen kennengelernt haben, darf man vielleicht die Vermutung äußern, dass es da noch andere Wünsche in Michelles Leben gab, die ihr ebenso wichtig waren wie das Management ehrenamtlicher Hilfe. Die materielle Absicherung des Paares ließ nach, als Barack 1996 ein politisches Wahlamt als regionaler Senator übernahm, in dem er sich alle vier Jahre den Wählern stellen musste. Also wurde für Michelle, die immer mal wieder ihre Angst vor ruinösen Schicksalsschlägen bekannte, ein sicherer Job immer wichtiger, der ein verlässliches Einkommen und dazu weitere Aufstiegschancen bot. Weniger als zwei Jahre später würde sie ihre erste Tochter zur Welt bringen. Bei «Public Allies» ging es nicht weiter nach oben. Die Arbeit dort wäre mit Baby schwierig geworden. Die Uni bot mehr Absicherung und, wie sich erweisen sollte, beträchtliche Möglichkeiten, ihr Gehalt zu steigern.
Dieses E-Book wurde von der "Verlagsgruppe Weltbild GmbH" generiert. ©2012
Zwischen Everywoman und Topkarriere
«Ich glaube, die berufstätigen Frauen meiner Generation wachen langsam auf und begreifen, dass wir vielleicht doch nicht alles haben können, jedenfalls nicht alles auf einmal.»
Michelle Obama in «Essence», September 2007
Mit ihrem Wechsel in die Dienste der Universität von Chicago im Herbst 1996 beginnt ein ungewöhnlicher Lebensabschnitt. Aus der jungen
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