Mickey Haller 04 - Der fünfte Zeuge
mich nicht überrascht oder gewundert, dass der Hammer so lange dort gelegen haben könnte. Im Gegenteil, ich fand sogar, dass wir großes Glück gehabt hatten, dass er überhaupt gefunden worden war.«
Eine gute Antwort. Langsam begann ich zu verstehen, warum Freeman die Aussage zwischen Kurlen und Longstreth aufgeteilt hatte. Longstreth war verdammt gut im Zeugenstand, vielleicht sogar besser als ihr erfahrener Partner. Ich ging zum nächsten Punkt über. Eine wichtige Regel ist, dass man sich von Fehlern lösen muss. Es bringt nichts, auf ihnen herumzureiten.
»Okay, dann wollen wir uns jetzt dem Haus der Angeklagten in Woodland Hills zuwenden. Würden Sie mir recht geben, Detective, dass die Hausdurchsuchung ein Flop war?«
»Ein Flop? Also, von einem Flop würde ich hier nicht reden. Ich …«
»Haben Sie die blutigen Kleider der Angeklagten gefunden?«
»Nein, haben wir nicht.«
»Haben Sie das Blut des Opfers in den Abflüssen von Dusche oder Badewanne gefunden?«
»Nein, haben wir nicht?«
»In der Waschmaschine?«
»Nein.«
»Hat die Anklage in diesem Prozess irgendwelche Beweismittel präsentiert, die aus dem Haus der Angeklagten stammen? Und ich spreche hier nicht von der Garage. Nur vom Haus.«
Longstreth brauchte einige Momente des Schweigens, um eine gedankliche Bestandsaufnahme zu machen. Schließlich schüttelte sie den Kopf.
»Im Moment fällt mir nichts ein. Trotzdem heißt das nicht, dass die Durchsuchung ein Flop war. Keine Beweise zu finden ist manchmal genauso aufschlussreich wie welche zu finden.«
Ich überlegte kurz. Sie versuchte, mich zu ködern. Sie wollte, dass ich sie aufforderte, das genauer zu erklären. Ich hatte jedoch keine Ahnung, was sie antworten würde, wenn ich das täte. Deshalb beschloss ich, einen Rückzieher zu machen, nicht anzubeißen und zum nächsten Punkt überzugehen.
»Okay, aber der wahre Schatz – die Beweise, die Sie gefunden haben – wurde in der Garage entdeckt, richtig? Die Beweise, die dem Gericht in diesem Prozess bereits vorgelegt wurden oder noch vorgelegt werden.«
»Ich denke schon, ja.«
»Die Rede ist von dem Schuh mit dem Blut und dem Werkzeugset mit dem fehlenden Hammer, richtig?«
»Richtig.«
»Habe ich sonst etwas übersehen?«
»Ich glaube nicht.«
»Okay, dann möchte ich Ihnen jetzt etwas auf dem Bildschirm zeigen.«
Ich griff nach der Fernbedienung, die Freeman praktischerweise auf dem Pult hatte liegen lassen. Ich spulte das Durchsuchungsvideo zurück und behielt die rückwärtslaufenden Bilder aufmerksam im Blick. Als die Bilder, die ich haben wollte, durchgelaufen waren, hielt ich das Video an, um es dann wieder vorzuspulen und an der gewünschten Stelle zu stoppen.
»So. Könnten Sie den Geschworenen bitte erklären, was an dieser Stelle des Videos passiert?«
Ich drückte auf den Abspielknopf, und das Bild begann sich zu bewegen. Auf dem Bildschirm war zu sehen, wie Longstreth und einer der Techniker der Spurensicherung das Haus verließen und auf dem überdachten Weg zu der Tür gingen, die in die Garage führte.
»Äh, das ist, wie wir in die Garage gehen«, sagte Longstreth.
Dann kam ihre Stimme vom Band.
»Wahrscheinlich brauchen wir von Kurlen den Schlüssel«, sagte sie.
In dem Video war zu sehen, wie sie mit einer behandschuhten Hand nach dem Türknauf griff und dieser sich drehen ließ.
»Nein, doch nicht. Es ist nicht abgeschlossen.«
Ich ließ das Video weiterlaufen, bis Longstreth und der Mann von der Spurensicherung die Garage betreten und das Licht eingeschaltet hatten. Dann hielt ich die Aufnahme wieder an.
»War das das erste Mal, dass Sie die Garage betreten haben, Detective?«
»Ja.«
»Ich sehe, dass Sie das Licht eingeschaltet haben. Hat vor Ihnen schon ein anderes Mitglied des Durchsuchungsteams die Garage betreten?«
»Nein, niemand.«
Ich spulte das Video langsam zu der Stelle zurück, an der Longstreth die Tür öffnete. Ich startete die Aufnahme wieder und stellte meine Fragen, während sie lief.
»Mir fällt auf, dass Sie keinen Schlüssel benötigen, um die Garagentür zu öffnen, Detective. Warum?«
»Wie Sie sehen können, habe ich am Türgriff gedreht, und es war nicht abgeschlossen.«
»Wissen Sie, warum?«
»Nein. Sie war einfach nicht abgeschlossen.«
»War beim Eintreffen des Durchsuchungsteams jemand zu Hause?«
»Nein, das Haus war leer.«
»Und die Haustür war abgeschlossen, richtig?«
»Ja, Ms. Trammel hatte sie abgeschlossen, als sie mit uns nach Van
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