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Microsoft Word - Eschbach, Andreas - Der letzte seiner Art.doc

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Titel: Microsoft Word - Eschbach, Andreas - Der letzte seiner Art.doc Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: SF-Online
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geworden ist. Gleichmut muss die 42
    Grundlage des Lebens sein, nichts anderes Der Weise, sagt Seneca, empfindet zwar das Ungemach durchaus, aber er wird seiner Herr. Während ich die Straße hinabging, sah ich
    förmlich die betreffende Seite des Buches vor mir. Ich nahm mir vor, die Stelle noch einmal nachzulesen, sobald ich zu Hause war.
    Was das Empfinden von Ungemach anbelangt, ziepte auf
    Höhe der Post meine Operationsnarbe, als wolle sie zu mir sprechen Ich betrachtete die heruntergekurbelten Gitter und das Schild mit den Öffnungszeiten und merkte, dass Billy Trant ein Problem geworden war.
    Europäische Staaten bestehen darauf, den Wohnort all ihrer Bürger zu kennen. Zu diesem Zweck gibt es ein ausgefeiltes Meldewesen, ein eigenes Meldeamt in jedem Ort, und es ist Pflicht, dort polizeilich angemeldet zu sein. Um nun nicht die Situation zu schaffen, dass, wer immer mich je in Irland suchen sollte, nur auf ein Meldeamt zu gehen braucht, um gegen eine geringe Gebühr meinen Aufenthaltsort nebst einer Menge
    weiterer Dinge zu erfahren, hat man für mich ein
    Sonderabkommen mit der irischen Polizei geschlossen. Die offizielle Lesart lautet, dass ich mich in einer Art
    Zeugenschutzprogramm befinde und meine Daten deshalb nur mit Zustimmung der zu standigen amerikanischen Stellen
    offenbart werden dürfen. Die diese selbstverständlich niemals erteilen.
    Das hieß, dass der geheimnisvolle Asiate, wenn er hier auf das Meldeamt gegangen war, auf Granit gebissen hatte. Aber was war, wenn ihm einfiel, sich auf der Post zu erkundigen?
    Ich erhalte nicht nur postlagernd Pakete, sondern ab und an auch Briefe, von denen Reilly nichts weiß und auch nichts zu wissen braucht. Die werden zwar nicht von Billy zugestellt, sondern von einem Briefträger, den ich noch nie zu Gesicht 43
    bekommen habe, aber ich gehe davon aus, dass Billy meine Adresse kennt. Würde er sie jemandem, der eine einigermaßen plausible Geschichte zu erzählen hat, verschweigen? Es war zu spät, ihn entsprechend zu instruieren.
    Im Weitergehen fühlte ich mich einen Moment lang
    ungewohnt verletzlich, geradezu zerbrechlich. Ich spürte meine Batterie bei jedem Schritt im Beckenboden schwingen, glaubte das nutzlose Turboherz zu fühlen, und mir war, als konnten all diese Apparate jeden Augenblick aus mir herausbrechen und zu Boden fallen. Am liebsten wäre ich einfach heimgegangen und hätte mich ins Bett gelegt, aber stattdessen atmete ich tief durch und lenkte meine Schritte wie geplant in die Bridge Street und dort hinein in das Getümmel in GARVEYS
    SUPERVALU.
    Ich kaufe selten ein und wenn, dann nicht viel. Fruchtsirup, Honig, scharfe Gewürze, Senf, Minzsoße und dergleichen –
    mehr brauche ich nicht, und eine Tüte voll davon reicht mir lange. Das ist mit ein Grund, warum ich dieses für hiesige Verhältnisse große Einkaufszentrum bevorzuge. Hier fällt niemandem auf, mit welch bizarrer Auswahl ich immer an der Kasse stehe.
    Es ist allerdings jedes Mal eine Qual, den Einkaufswagen durch die Regalreihen zu schieben, vorbei an Obst und Gemüse und säckeweise Kartoffeln, die mich an die dampfenden
    Ofenkartoffeln meiner Jugend erinnern, die es mit saurer Creme zu Steak und Heineken's gab. Ich stand eine Weile
    sinnierend vor der Fleischtheke und überlegte, dass ich meinen rechten Arm dafür hergäbe, noch einmal ein Barbecue in einer lauen Sommernacht unter sternklarem Himmel zu erleben,
    noch einmal diesen würzigen Duft bratenden Fleisches zu
    riechen in dem Wissen, dass eines dieser zischenden Steaks auf dem Grill meines sein würde, zusammen mit scharfem Ketchup 44
    und eiskaltem Bier. Dann fiel mir ein, dass ich ihn ja schon langst hergegeben hatte, meinen rechten Arm, und ich schob den immer noch leeren Wagen weiter, vorbei am Kühlregal mit den Milchprodukten, von denen die meisten heute reines Gift für mich sind, weg von Brot und Olivenöl und
    Frühstucksflocken. Waschpulver, das würde ich brauchen. Und schließlich stand ich wieder vor dem Gewürzregal. Das
    Konzentrat mag die vollkommene Nahrung für meinen
    Organismus sein, aber es schmeckt wie verwesender
    Tapetenkleister. Ohne Tabasco, Senf, Sirup oder ähnliche Zusätze kriege ich das Zeug buchstäblich nicht herunter. Ich entwickle regelrechte Rezepte und Menüs – die erste Portion mit Thymian, Pfeffer, Essig und Salz etwa als Hauptgang, gefolgt von einer zweiten, die mit Ahornsirup und
    Kokosraspeln auf Dessert getrimmt ist.
    Ich studierte gerade die auf einem Fläschchen

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