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Microsoft Word - Eschbach, Andreas - Der letzte seiner Art.doc

Microsoft Word - Eschbach, Andreas - Der letzte seiner Art.doc

Titel: Microsoft Word - Eschbach, Andreas - Der letzte seiner Art.doc Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: SF-Online
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Druckauftrag an, und mit einem weiteren Klick hatte ich ihn gelöscht »Fertig.«
    »Wunderbar«, meinte sie. »Danke. Dafür dürfen Sie sich
    jetzt ein paar besonders schöne Bücher ausleihen.
    Vorausgesetzt, Sie finden welche in den verbleibenden...« – sie blickte zur Uhr über der Tür – »... acht Minuten.« Ihre
    Munterkeit wich besorgtem Ernst. »Ich muss heute pünktlich 79
    gehen, die Pflegerin meines Mannes hat Dienstagabends
    Kirchenchorprobe. Lassen Sie nur, ich mache den Computer selber aus.«
    Ich schlenderte also noch ein wenig durch die Reihen der Regale. Sie reichen mir kaum bis zur Schulter, was die
    Bibliothek größer wirken lässt, als sie ist. Obwohl es einen Katalog gibt, benutze ich den nie, sondern lasse mich vom Zufall leiten, nehme, was mir gerade ins Auge fällt. Ein dickliches Mädchen, die letzte Besucherin für heute, warf mir skeptische Blicke zu. Sie schleppte bereits einen Stapel mit sich, an dem sie bis zu ihrer Silberhochzeit lesen würde, und hatte immer noch nicht genug.
    Die meisten Bücher hier sind sorgsam gebundene,
    hochbetagte Antiquitäten, was bei Romanen angehen mag, aber den gesamten Bereich Technik und Naturwissenschaften
    praktisch wertlos macht. Ein auffallend großer und zudem zentral untergebrachter Teil der Sammlung widmet sich der Geschichte Irlands, und eine eigene Abteilung darin führt mehr Bücher über die Herkunft von Familiennamen, als ich gewettet hätte, dass es überhaupt gibt. Der Name Fitzgerald ist, habe ich daraus gelernt, in der Gegend um Dingle in der Tat häufig anzutreffen. Womöglich bin ich hier nicht nur in der
    Geburtsstadt meines Vaters, sondern tatsächlich im Land
    meiner Vorväter.
    Was mich, offen gestanden, nicht besonders berührt. Ich
    ging die Regalreihen mit den Romanen durch. Die meisten
    davon hatte ich schon gelesen, aber selbst in einer Bibliothek, die so klein ist, dass man sie für überschaubar hält, tauchen doch immer wieder neue Buchrücken auf. Oder zumindest
    welche, die einem bis dahin nicht aufgefallen sind. Drei Minuten vor fünf hatte ich meine Beute beisammen und kam gleichzeitig mit dem dicklichen Mädchen an der Theke an. Ich 80
    ließ ihr den Vortritt, was mir ein schüchternes Lächeln
    einbrachte.
    »Soll ich Ihnen das Rückgabedatum aufschreiben?«, fragte Mrs Brannigan, wie jedes Mal.
    »Ja, bitte«, sagte ich, wie jedes Mal, während ich die Bücher in meiner Umhängetasche verstaute.
    So trat ich hinaus, eine volle Tasche über der Schulter und je ein Buch rechts und links in der Hand, als er plötzlich vor mir stand wie aus dem Boden gewachsen und sagte: »Mister
    Fitzgerald, ich muss Sie dringend sprechen.« Mein Verfolger.
    Hinter mir hörte ich Mrs Brannigan abschließen und eilig davongehen. Das dickliche Mädchen war noch dabei, ihre
    Bücher auf verschiedene Körbe an ihrem Fahrrad zu verteilen.
    Es war nicht die Zeit und der Ort, mein Gegenüber einfach mit einem Kinnhaken niederzustrecken.
    »Wer sind Sie, und was wollen Sie?«, fragte ich also und sah ihn finster an.
    Entweder hatte er über Nacht einen Benimmkurs absolviert, oder er empfand vor mir mehr Respekt als vor anderen,
    jedenfalls hielt er so weit Abstand, dass ich ihn eingehender betrachten konnte. Heute trug er eine dünne Jacke aus einem violetten, schimmernden Material und darunter ein Hemd, auf dem Fischgräten und Knochen abgebildet waren. Und er sah immer noch aus wie ein nervöses Frettchen.
    »Itsumi«, sagte er und streckte die Hand zum Gruß aus.
    »Harold Itsumi ist mein Name.« Er hatte den gedehnten Slang der Westküste drauf. Kein Chinese. Ein Amerikaner
    japanischer Abstammung. Er registrierte, dass ich beide Hände voller Bücher hatte und keine Anstalten machte, daran etwas zu ändern, also nahm er seine Hand zögerlich zurück. »Ich bin Anwalt.«
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    »Ach nein.«
    Er blinzelte. »Doch«, meinte er. »Und ich würde Sie gerne vertreten.«
    »Schön«, sagte ich. »Geben Sie mir Ihre Karte. Ich rufe Sie an, falls sich die Notwendigkeit ergeben sollte.«
    »Nein, Sie missverstehen mich.« Er trat unruhig von einem Bein aufs andere. »Ich würde Sie gerne in einem ganz
    bestimmten Prozess vertreten. In einem Prozess Fitzgerald gegen die Vereinigten Staaten von Amerika. Einem« – er
    würgte es beinahe heraus – »Schadensersatzprozess.«
    Ich öffnete den Mund, aber dann wollten sich doch keine
    Worte einstellen, und ich starrte ihn bloß an. Irgendwie brauchten die Gedanken in meinem Kopf diese Zeit, um sich

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