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Microsoft Word - Eschbach, Andreas - Der letzte seiner Art.doc

Microsoft Word - Eschbach, Andreas - Der letzte seiner Art.doc

Titel: Microsoft Word - Eschbach, Andreas - Der letzte seiner Art.doc Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: SF-Online
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nur im Entferntesten retten.
    Ein Sprung, und ich bin vor der Tür. Ein Tritt, und sie fliegt in tausend Fetzen durch den Raum dahinter. Ich sehe den
    Vermummten in Panik ins Bad flüchten, die Waffe im
    Anschlag. Blitzartige Lagebeurteilung. In einer Ecke des Raumes: Harold Itsumi am Boden, zusammengesunken, die
    linke Seite des Schädels blutiger Brei, offensichtlich tot. Ein Aktenkoffer auf dem Schreibtisch, offen, leer. Spuren eines Handgemenges.
    Ich gehe auf Infrarot und sehe Umrisse des Feindes, durch die Wand zum Bad hindurch, die sicher dünn ist, wie alle nachträglich eingezogenen Wände in alten Häusern mit engen Zimmern. Er kauert neben der Tür, die Hand erhoben, und
    zweifellos hält er seine Waffe darin. Was weiß er über mich?
    Was kann er wissen? Weiß er, dass ich am leichtesten zu töten bin, wenn man es schafft, mich zu überraschen und mir eine Kugel durch den Hals und das Rückgrat zu schießen oder durch das linke Auge? Ich gleite näher, schnell wie ein Karateschlag und geräuschlos wie ein Schatten. Immer noch wirkt das
    synthetische Hormon, das mich brennen lässt wie eine
    Thermitladung, immer noch ist die Zeit auf meiner Seite, immer noch tausche ich Sekunden im Verhältnis zwei zu eins.
    Aus dem Bad kommen Geräusche, die ich nicht einordnen
    kann. Ein leises Quietschen. Ein Rascheln, Klappern... Ein Hinterhalt, damit muss ich rechnen. Ich gehe neben der Badtür in Position und hole aus. Einem Zuschauer, hätte es einen gegeben, wäre die Abfolge meiner Bewegungen wie eine
    schemenhafte, irreale Darbietung vorgekommen, doch ich habe 94
    Zeit zu überlegen und zu zielen. Ich stehe neben der Badtür, unmittelbar vor dem thermischen Abdruck des Killers.
    Welchen Hinterhalt er auch vorbereitet, er wird davon
    ausgehen, dass ich durch die Tür kommen muss. Aber das
    muss ich nicht. Ich hole aus und ramme die Faust mitten durch die Mauer, direkt auf seinen Kopf gezielt.
    Steine brechen, Splitter spritzen weg, schlagen singend
    gegen Armaturen. Doch der Schlag geht ins Leere. Da ist kein Kopf, wo meine Faust hinhämmert. Blitzartig ziehe ich den Arm zurück, spähe in das klaffende Loch. Das Bad: leer. Mit jäher Klarheit begreife ich, dass ich mich von dem Infrarotbild habe täuschen lassen. Der Killer hat tatsächlich hinter dieser Mauer gehockt und gelauert, aber nicht auf mich, sondern auf Harold Itsumi. Und er muss lange gewartet haben, deswegen ist seine Körperwärme noch derart deutlich im Stein
    gespeichert.
    Noch im Begreifen werfe ich mich herum, erwische im
    Sprung den Heizkörper, von dem ich mich abstoßen kann, und breche mitsamt der Tür ins Bad. Ein Fenster steht offen. Ich schnelle hoch, bin in Sekundenbruchteilen an der Brüstung und sehe den Vermummten noch unten im Hof über den
    Hotelparkplatz hetzen. Eine dünne Strickleiter baumelt in die Tiefe, ein Hilfsmittel, das ich nicht brauchen werde. Wahrend eine Zielautomatik auf den Flüchtigen einrastet, rote und gelbe Linien in meinem Blickfeld erscheinen, vollautomatische
    Triangulationen und Berechnungen durchgeführt werden,
    steige ich aufs Fensterbrett und setze zum Sprung an. Ich werde ihm aus vierzig Yard Entfernung und achtundzwanzig Fuß Höhe ins Kreuz springen und ihn in etwas verwandeln, das seine eigene Mutter nicht wieder erkennen wird.
    In diesem Augenblick setzte das Turboherz aus. Ein
    schrilles, metallisches Geräusch sich ineinander verkeilender 95
    Zahnräder hallte in meinem ganzen Körper wider, ein Schlag wie ein auftreffendes Dum-Dum-Geschoss riss an meiner
    Körpermitte, und im nächsten Moment schien mein Kopf
    platzen zu wollen, meine Augen aus den Höhlen zu quellen, mein Blut sich durch meine Haarwurzeln ins Freie zu bohren.
    Zum Glück kippte ich nach hinten, zurück ins Zimmer. Ich konnte nichts tun, mein Körper gehorchte mir nicht mehr, ich war nur damit beschäftigt zu keuchen und zu japsen und nach Luft zu schnappen, und mein Herz raste wie ein
    Maschinengewehr. Ich stürzte zu Boden, fiel auf
    Mauertrümmer, riss Badezimmerarmaturen mit mir, doch das Bewusstsein war nicht zu verlieren, nicht bei einem Blutdruck jenseits jeder medizinischen Wahrscheinlichkeit. In mir
    pumpte und vibrierte alles. Wilde Reihen nie gesehener Codes rasten über den virtuellen Bildschirm, der mir durch mein künstliches Auge ins Blickfeld geschaltet war. Alarmstufe Rot.
    Es zeriss mich.
    Aber noch nicht gleich. Ich lag auf dem Rücken, starrte die pulsierende Badezimmerdecke an und durfte eine Unmenge so

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