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Microsoft Word - Eschbach, Andreas - Der letzte seiner Art.doc

Microsoft Word - Eschbach, Andreas - Der letzte seiner Art.doc

Titel: Microsoft Word - Eschbach, Andreas - Der letzte seiner Art.doc Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: SF-Online
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beruhigender Mitteilungen lesen wie Unexpected error 804 –
    call System administrator. Immerhin bekamen meine Lungen die Sache allmählich so weit in den Griff, dass ich fluchen konnte.
    Trotz der Mahnung Too many errors – please shut down Combat-Mode zog ich mich bei erster Gelegenheit am Fenster in die Höhe und spähte hinaus. Unter Alpha-Adrenalin kommt einem jede Sekunde wie die Ewigkeit vor, trotzdem waren
    genug davon verstrichen, um dem Killer eine geruhsame Flucht ermöglicht zu haben. Doch, oh Wunder, er war noch da. Er stand in der Ausfahrt des Parkplatzes und schaute zu mir hoch, als begriffe er immer noch nicht, was da über ihn
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    hereingebrochen war. Und als überlege er, ob er es wagen konnte, zurückzukehren.
    Hatte ich einen Revolver gehabt, ich hatte ihn mühelos
    erschießen können und es auch getan. In Ermangelung eines solchen hob ich einen Stein auf, der aus der zertrümmerten Mauer stammte, zielte und warf mit all der Kraft, die meine Schöpfer mir verliehen haben. Übermenschlich viel Kraft also.
    Zweifellos wusste der Unbekannte nicht, wie ihm geschah, als der Brocken ihn wie ein von einer Kanone abgefeuertes
    Geschoss an der Schulter traf. Ich horte ihn schreien, sah ihn rückwarts stolpern und fallen und im Schatten verschwinden.
    Ich schloss mein linkes Auge, ließ Infrarotsensoren und
    Restlichtverstarker arbeiten und sah, wie er sich aufrappelte und, sich die Schulter haltend, um ein Hauseck verschwand Ich hatte ihn verfehlt. Eigentlich hatte ich seinen Kopf treffen wollen, und wäre es mir gelungen, wäre er zweifellos liegen geblieben.
    Ich schaltete, schweren Herzens, den Kampfmodus ab. Oder was davon noch übrig war. Schlagartig fiel Erschöpfung auf mich wie ein schweres Tuch, und meine Lungen begannen
    noch einmal zu pumpen, noch mehr Schulden abzuarbeiten.
    Meine rechte Hand zitterte. Ich hatte einen salzigen Geschmack im Mund und wusste, dass Abgründe an Müdigkeit auf mich
    warteten. Später.
    Ich verließ das Bad und betrachtete den Leichnam des
    kleinen korpulenten Anwalts mit den Schlitzaugen und dem zweifelhaften Geschmack in Kleidungsfragen. Sein Hemd mit dem Knochen- und Fischgrätenmuster sah aus wie ein absurder Kommentar zu seinem Schicksal.
    Seine Unterlagen. Ich machte mir nicht die Mühe, danach zu suchen. Offensichtlich hatte jemand gewusst, dass er sie besaß.
    Jemand, der getötet hatte, um – ja, was? Um sie
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    zurückzubekommen? Ihre Weitergabe zu verhindern? Oder aus Versehen? Auf jeden Fall mussten die Papiere wichtiger
    gewesen sein, als ich gedacht hatte.
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    Den Mann wollen wir preisen und selig nennen, der jede kleinste Spanne seines Lebens gut angewendet hat. Er hat das wahre Licht gesehen. Er hat gelebt und gewirkt.
    Seneca, EPISTOLAE MORALES

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    Die Polizisten wuselten umher, eindeutig überfordert von den Dimensionen dieses Falls. »Wir müssen Spezialisten
    anfordern«, hieß es erst und später »Habt ihr die Jungs in Tralee schon erreicht?« oder »Hat Tralee zurückgerufen?«, bis endlich einer der Polizisten, ein magerer Mann mit
    pockennarbiger Haut, sein Mobiltelefon zusammenklappen und erleichtert verkünden konnte: »Sie sind unterwegs. Spätestens in zwei Stunden sind sie hier.«
    Bridget und ich saßen in der Sitzecke neben der Rezeption und beobachteten das Getümmel schweigend. Ich war nicht
    imstande gewesen, sie daran zu hindern, hinaufzugehen und sich dem Anblick von Itsumis Leichnam auszusetzen, und ich hatte ihr keine ihrer Fragen beantworten können. Auch die Polizisten hatten es nicht gekonnt, hatten nur große Augen gemacht und ungläubig geschnauft und angefangen, Hektik zu verbreiten. »Ich komme gleich zu Ihnen«, rief einer von ihnen, ein stiernackiger, zerknittert wirkender Mann mit
    strähniggrauen Haaren, jedes Mal, wenn er an uns vorbeihetzte.
    Zwei bullige Gestalten in Uniform standen in der Tür und verwehrten einem aufgeregten Reporter, der einen großen
    Fotoapparat um den Hals trug – vermutlich vom Lokalblatt –, den Zutritt zum Hotel. »Das ist Behinderung der Presse«, heulte er ein ums andere Mal, was die beiden Polizisten aber nicht davon abbrachte, die Presse weiterhin zu behindern.
    »Der Mann sah total normal aus«, erklarte mir Bridget
    mehrmals mit fahlem Gesicht, als hatte ich das Gegenteil 99
    behauptet. Ich wusste nicht einmal, wen genau sie meinte –
    Itsumi vermutlich.
    »Ich komme gleich zu Ihnen«, rief der Polizist von vorhin mal wieder, eilte an uns vorbei und wollte in den

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