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Microsoft Word - Eschbach, Andreas - Der letzte seiner Art.doc

Microsoft Word - Eschbach, Andreas - Der letzte seiner Art.doc

Titel: Microsoft Word - Eschbach, Andreas - Der letzte seiner Art.doc Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: SF-Online
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Paket losschicken, per Express.«
    »Ja, okay«, meinte er unlustig. »Werd ich veranlassen.«
    »Danke«, sagte ich und hängte ein.
    Am liebsten hätte ich danach meinen Kopf gegen die Wand
    gehämmert. Ich ließ es nur aus Rücksicht auf die Baustatik.
    Was hatte ich mir dabei gedacht, ihm die Sache mit Pinebrook auf die Nase zu binden?
    Nichts, natürlich. Die Geschichte meines Lebens ist eine Abfolge von Momenten, in denen ich mir nichts gedacht habe.
    Kurz nach halb zwei, als ich gerade vollauf damit beschäftigt war, mich in düstersten Gedanken zu suhlen, klingelte es schon wieder. Wenn man bedenkt, dass ich bis zum Vortag keine
    Wette darauf angenommen hätte, dass meine Klingel überhaupt 162
    noch funktioniert, war das eine mehr als bemerkenswerte
    Steigerung.
    In der Erwartung, wieder ein Regiment Polizisten vor meiner Tur vorzufinden, weil Inspector Pinebrook die eine oder andere Frage eingefallen war, öffnete ich. Aber es war Mrs Brannigan, die Bibliothekarin.
    »Ihr Buch«, sagte sie und streckte mir mit strahlendem
    Lächeln einen großformatigen Bildband entgegen.
    »Mein Buch?« Ich sah sie verdutzt an. Dass sie Hausbesuche machte, war mir völlig neu. Ich besah mir den Wälzer: Sagen und Mythen Irlands stand in keltisch angehauchten Lettern auf dem Umschlag, über einem Foto des Hochlands von
    Connemara.
    »Das Sie vorbestellt hatten. Ich dachte, ich bringe es Ihnen einfach vorbei«, sagte sie.
    »Aber«, schüttelte ich den Kopf, »ich habe –«
    »Vielleicht können wir das drinnen klären?« Ohne
    abzuwarten, kam sie die zwei Stufen herauf, und ich, verblüfft, ließ sie eintreten.
    »Also«, sagte sie, als ich die Haustür zugemacht hatte, »das Buch ist laut meinen Unterlagen von Ihnen vorbestellt worden und jetzt auf Sie eingetragen. Bitte..« Sie drückte es mir in die Hand.
    »Ich soll das vorbestellt haben?«, vergewisserte ich mich.
    »Laut meinen Unterlagen«, wiederholte sie mit einem
    merklich ungeduldigen Unterton in der Stimme. »Ich kenne doch, Ihre Unterschrift, Mister Fitzgerald...« Dann beugte sie sich plötzlich vor und flüsterte: »Sie sollen ins Cafe Liteartha kommen, heute um sechzehn Uhr. Finnan MacDonogh will
    dringend mit Ihnen sprechen.«
    163
    Ich muss sie völlig entgeistert angesehen haben. Endlich, mit meiner üblichen Verspätung, begriff ich, was hier gespielt wurde. »Wer«, fragte ich flüsternd zurück, »ist Finnan
    MacDonogh?«
    Miss Brannigan verdrehte die Augen. »Der Sänger von
    Finnan's Folk«, zischte sie ärgerlich. »Die berühmte Folkband, Sie wissen doch. Er schreibt auch die Lieder und so weiter.«
    Das Konzertplakat fiel mir wieder ein. Letzten Samstag war das gewesen. Vor fünf Tagen. Vor einer Ewigkeit.
    »Und warum will er mich sprechen?«, fragte ich.
    Sie nickte, als habe sie auf diese Frage gewartet. »Er meinte, ich soll Ihnen sagen, es geht um Miss Keane.«
    164
    Die Wahrheit steht allen offen. Sie ist noch von keinem in Beschlag genommen. Ein großer Teil von ihr bleibt auch noch künftigen Geschlechtern aufgespart.
    Seneca, EPISTOLAE MORALES

11
    Also ging ich ins Cafe Liteartha. Das übrigens genau die Buchhandlung ist, in der ich einst meinen Seneca gekauft habe.
    Ein kleiner Laden mit einer unübersehbaren, dunkelrot
    gestrichenen Vorderfront und einem Schaufenster, in dem vor Landkarten der Dingle-Halbinsel vorwiegend gälische Bücher ausgestellt sind sowie Heinrich Bölls Irisches Tagebuch in mehreren verschiedenen Sprachen. Die Eingangstür, in mattem Beige gehalten, ist etwas zurückgesetzt, der Boden davor schwarz-weiß gekachelt. Ich öffnete die Tür, was eine Klingel veranlasste, tätig zu werden, und ein Mädchen mit rostroten Locken, das hinter der mächtigen, museumsreifen Kasse saß und las, dazu, aufzublicken. Ich lächelte ihr flüchtig zu und hielt entlang einer Regalwand mit ehrfurchtgebietend vielen verschiedenen Wörterbüchern der gälischen Sprache auf die Tür zur eigentlichen Attraktion und vermutlichen
    Haupteinnahmequelle des Hauses zu, das Cafe im
    Hinterzimmer.
    Kaffeegeruch umfing mich, als ich die zweite Tür öffnete, und das Aroma von Tabak. Der Raum war überschaubar, ein
    paar schmale Fenster ließen Licht herein, und hinter einer Theke aus dunklem Holz boten sich einem Mann, der der
    Bruder des Mädchens vorne hätte sein können, eine Vielzahl von Betätigungsmöglichkeiten wie etwa, Gläser und Tassen zu spülen, Kaffee zu kochen oder Kuchen zu verkaufen. Nicht, dass er von diesen Möglichkeiten

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