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Microsoft Word - Pelzer, Dave - Der verlorene Sohn.doc

Microsoft Word - Pelzer, Dave - Der verlorene Sohn.doc

Titel: Microsoft Word - Pelzer, Dave - Der verlorene Sohn.doc Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: jojox
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Ganze einer Haustierdressur.
    Doch als wir vertrauter miteinander wurden, kam er immer öfter zu uns herüber. Er befragte mich nach meinen Erfahrungen in Vietnam, er schmökerte eifrig in meiner Bibliothek mit Büchern über die Luftfahrt, und er wollte über fast alles mit uns reden. Meine Frau und ich begannen, dafür auch etwas von ihm zu verlangen -
    wichtige Kleinigkeiten wie Höflichkeit und Rücksichtnahme. Er musste anklopfen, bevor er ins Haus kam. Einige seiner Gespächsmanieren waren schrecklich, Telefon- und Tischmanieren gab es praktisch nicht.
    Dann kam der Tag, an dem David die Nachbarschaft verließ. Seine »Pflegeeltern« passten ihm einfach nicht mehr, und ich mache ihm auch heute noch nicht den geringsten Vorwurf dafür, dass er den Mut hatte, sich loszureißen und sich etwas Besseres zu suchen. Aber er blieb mit uns in Verbindung und kam dann ziemlich oft am Wochenende: Er wollte mit seinen Freunden, die er in der Nachbarschaft gewonnen hatte, zusammensein und er wollte in unserem Haus wohnen.
    Wir sagten ihm schließlich, dass er uns an den meisten Wochenenden fast immer willkommen sei, dass er 300

    jedoch vorher anrufen, fragen und sein Quartier
    »reservieren« müsse. Daran hielt er sich auch, und so dauerte es eine ganze Weile, bis es den ersten Ärger gab. Ärger in einem Park in der Nähe. Ärger mit einer Schrotpistole. Ärger mit Nachbarn, die das Gefühl hatten, David übe auf ihre eigenen Kinder einen schlechten Einfluss aus. Diese Dinge kamen offen zur Sprache, und ich machte David unmissverständlich klar, dass es, wenn er weiterhin Ärger mache, ein Ende hätte mit den Besuchen in der alten Nachbarschaft, die er so liebte.
    Wenn wir ihn nach seiner Vergangenheit oder seiner Schule befragten, blieb er immer absichtlich vage.
    Darum wussten wir niemals wirklich, was in seinem Leben vor sich ging. Ein paar Jahre vergingen, in denen es immer wieder mal Ärger gab, in denen auch Anrufe von der Polizei in Menlo Park kamen. David war nie ein zorniger Rebell - er hatte einfach einen Dickkopf und die Neigung, immer wieder Ärger zu bekommen, Probleme geradezu anzuziehen. Vielleicht steckte dahinter eine Art fehlgeleiteter Abenteuersinn; ich weiß es nicht. Aber dann kam der Tag, als er auf meine Frage, wie es in der Schule denn so laufe, antwortete:
    »Oh, ich bin abgegangen.« Ich ging an die Decke und nahm ihn eine geschlagene Stunde in die Mangel. Als ich ihn fragte, was er denn nun machen wolle, erwähnte er, dass er Autoverkäufer werden wolle. Ich rastete abermals aus. Ein hageres, schwächliches, pickeliges Bürschchen als Autoverkäufer im Großraum San Francisco? Dass ich nicht lache! Hör auf zu träumen, Junge!
    Etwa eine Woche später rief er an, um zu sagen, dass er den Job als Autoverkäufer habe und dass er sich sogar darauf freue, bald »Verkäufer des Monats« zu werden - denn damit war als Belohnung verbunden, 301

    dass er dreißig Tage lang einen Corvette fahren durfte.
    In Ordnung, Dave ... ja, versuch's nur, kann ja nicht schaden.
    Ein paar Monate später erhielt ich einen Anruf von David, in dem er seinen Besuch ankündigte. Ich sagte:
    »Nein, das geht leider nicht. Ich muss zum San Francisco International (Flughafen), um meinen Gehaltsscheck abzuholen.« »Umso besser«, sagte er. »Dann fahre ich dich hin. Ich möchte dir nämlich etwas zeigen.« Was er mir zeigenwollte, war natürlich ein schwarzer Corvette, den er im folgenden Monat fahren durfte. Ein paar Monate später kam David in einem EI Camino - seinem Firmenwagen -, an dem hinten ein Motorrad befestigt war. Er erwähnte, dass er sich vielleicht nach einem neuen Job umsehen wolle. Auf meine Frage, was er denn plane, lautete die Antwort: »Also, ich gehe nach Hollywood, ich will Stuntman werden.« Was folgte, würde ein Schriftsteller vielleicht als »unheilschwangere Pause« bezeichnen. Die Wirkung seiner Worte musste sich in meiner ungläubigen Seele erst niederschlagen.
    Dann nahm ich ihn mir zur Brust. Ich machte ihm klar, dass er dafür nicht sportlich und erfahren genug sei, zu unbeholfen, und dass er natürlich auch keinerlei Kontakte nach L.A. habe. Dann nahm ich ihn nochmals eine halbe Stunde in die Mangel, in der ich ihm mit äußerstem Nachdruck verdeutlichte, wie wichtig ein High-School-Abschluss sei.
    Monate später dachte David, nicht ohne innere Blessuren, abermals über einen neuen Plan nach. Er wollte zum Militär. Also ging er mehrfach ins Rekrutierungsbüro und sah sich dort Videos über

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