Midkemia Saga 02 - Der verwaiste Thron
einer so edlen, reinen Sache, daß kein armes, menschliches Wesen unserer Vorstellung je entsprechen kann. Aber meistens bedeutet es die Gelegenheit, zu sagen: ›Du hast etwas an dir, was mir gefällt.‹ Es muß nicht unbedingt die Ehe nach sich ziehen, nicht einmal die körperliche Liebe. Man kann seine Eltern lieben, seine Stadt oder Nation, das Leben, die Menschen. Alles ist anders, und doch ist das alles Liebe. Aber nun sag mir: Sind deine Gefühle für Katala so wie die, die du Carline entgegengebracht hast?«
Pug lächelte und erwiderte achselzuckend: »Nein, nicht ganz. Bei Carline hatte ich immer das Gefühl, ich müßte sie mir fernhalten, weißt du, auf Armeslänge. Ich wollte wohl nicht die Kontrolle verlieren, denke ich mir.«
Laurie bohrte weiter. »Und Katala?«
Wieder zuckte Pug mit den Achseln. »Ich weiß nicht. Das ist anders. Ich habe nicht das Gefühl, ich müßte sie unter Kontrolle halten. Es ist mehr so, als wollte ich ihr etwas sagen, ich weiß aber nicht, wie. Weißt du, als sie mich das erste Mal anlächelte, hat sich in mir alles zusammengezogen.
Mit Carline konnte ich reden, wenn sie mich ließ und selbst still blieb. Katala ist ruhig, aber ich weiß nicht, was ich sagen soll.« Er machte eine Pause. Plötzlich gab er einen Laut von sich, halb ein Seufzen, halb ein Stöhnen. »Wenn ich bloß an sie denke, tut mir schon alles weh, Laurie.«
Laurie legte sich zurück und lachte freundlich. »Nun, nur gut, daß ich diesen Schmerz kenne.
Und ich muß zugeben, du hast dir interessante Frauen ausgesucht. Nach allem, was ich so sehe, hast du mit Katala wirklich einen guten Fang gemacht. Und die Prinzessin Carline…«
Ein bißchen schnippisch bemerkte Pug: »Ich werde daran denken, dich ihr vorzustellen, wenn wir heimkommen.«
Laurie ignorierte den Ton. »Ich nehme dich beim Wort, Pug. Ich wollte doch nichts weiter, als dir sagen, daß du ein Talent dafür hast, Frauen zu finden, die es wert sind, geliebt zu werden.« Ein bißchen traurig fügte er hinzu: »Ich wünschte, ich könnte das von mir auch behaupten. Mein Leben hat mich hauptsächlich mit Kneipendirnen, Bauerstöchtern und gewöhnlichen Straßenhuren zusammengebracht. Ich weiß nicht, was ich dir sagen soll.«
»Laurie«, antwortete Pug. Dieser setzte sich auf und schaute seinen Freund an. »Ich weiß nicht…
Ich weiß nicht, was ich machen soll.«
Laurie musterte Pug einen Augenblick. Dann dämmerte es ihm, und er warf den Kopf zurück und lachte schallend. Er konnte sehen, wie Pug wütend wurde, und hob bittend die Hände. »Tut mir leid, Pug. Ich wollte dich nicht in Verlegenheit bringen. Ich hatte bloß überhaupt nicht erwartet, so etwas zu hören.«
Irgendwie beruhigt, meinte Pug: »Ich war noch sehr jung, als ich gefangengenommen wurde, noch nicht einmal sechzehn. Ich war nie so groß wie die anderen Knaben. Deshalb haben die Mädchen mich auch nicht beachtet, bis Carline kam, meine ich. Und nachdem ich dann zum Junker ernannt worden war, hatten sie Angst, mit mir zu reden. Anschließend… verdammt, Laurie. Ich war vier Jahre lang in den Sümpfen. Welche Gelegenheit habe ich schon gehabt, eine Frau kennenzulernen?«
Einen Augenblick blieb Laurie stumm sitzen. Die Spannung wich von ihnen. »Pug, das hätte ich nie im Leben gedacht. Aber du hast recht: Wann hättest du die Zeit haben sollen?«
»Laurie, was soll ich tun?«
»Ich glaube, du solltest einfach zu dem Mädel gehen und ihr sagen, was du fühlst.«
»Bloß so? Einfach mit ihr reden?«
»Natürlich. Mit der Liebe ist das wie mit vielen Dingen. Am besten geht das immer mit dem Kopf. Hebe dir geistlose Anstrengungen für geistlose Dinge auf. Und jetzt lauf.«
»Jetzt?« Pug schien von Panik ergriffen.
»Du kannst kaum früh genug damit anfangen, oder?«
Pug nickte und verließ ohne ein weiteres Wort den Raum. Er ging die dunklen, stillen Gänge entlang, hinaus zu den Sklavenunterkünften und stand schließlich vor ihrer Tür. Er hob die Hand, um an den Rahmen zu klopfen. Dann hielt er aber plötzlich inne. Einen Augenblick blieb er unschlüssig davor stehen und versuchte, einen Entschluß zu fassen, was er jetzt tun solle. In diesem Moment glitt die Tür beiseite. Almorella stand vor ihm, das Haar zerzaust. »Oh«, wisperte sie, »ich dachte, es wäre Laurie. Warte einen Augenblick.« Sie verschwand im Zimmer und erschien gleich darauf mit einem Bündel unter dem Arm. Sie tätschelte Pugs Arm und ging in Richtung auf sein und Lauries Zimmer zu.
Pug
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