Midkemia Saga 02 - Der verwaiste Thron
es?«
Überrascht drehten sie sich um und sahen Dolgan, der aus der Dämmerung trat und seine Pfeife anzündete. Aglaranna sah erbost aus. »Sind die Zwerge der Grauen Türme unter die Lauscher gegangen, Dolgan?«
Der Zwergenhäuptling ignorierte den bissigen Ton dieser Frage. »Für gewöhnlich nicht, Königin. Aber ich habe einen Spaziergang gemacht. Diese kleinen Räume in den Bäumen füllen sich einfach zu schnell mit Rauch. Und da habe ich es zufällig mit angehört. Ich wollte Euch nicht unterbrechen.«
Calin bemerkte: »Ihr könnt Euch sehr leise und geschickt bewegen, wenn Ihr das wollt, Freund Dolgan.«
Dolgan zuckte mit den Schultern und blies eine Rauchwolke aus. »Die Elben sind nicht die einzigen, die wissen, wie man sich leise bewegt. Aber wir haben von dem Knaben gesprochen.
Wenn es stimmt, was Ihr sagt, dann ist das wirklich eine ernste Angelegenheit. Hätte ich das gewußt, hätte ich nie zugelassen, daß er das Geschenk annimmt.«
Die Königin lächelte ihm zu. »Es ist nicht Eure Schuld, Dolgan. Ihr konntet das nicht wissen. Ich habe das befürchtet, seit Tomas im Mantel der Ehemaligen bei uns erschien. Zuerst dachte ich, die Magie der Valheru würde für ihn, für einen Sterblichen, nicht arbeiten. Aber jetzt kann ich sehen, daß er von Jahr zu Jahr weniger ein Sterblicher ist.
Eine unglückliche Verkettung von Umständen hat dies ermöglicht. Die Ersinner unserer Zaubersprüche, unsere Bannweber, hätten diesen Schatz schon vor Jahren entdeckt, wäre da nicht die Magie des Drachen gewesen. Wir haben Jahrhunderte damit verbracht, auszuziehen und solche Relikte zu zerstören, damit sie nicht von den Moredhel benutzt werden konnten. Jetzt ist es zu spät, denn Tomas würde es niemals dulden, daß wir seine Rüstung zerstören.«
Dolgan paffte seine Pfeife. »In jedem Winter hockt er düster in den langen Hallen. Er wartet auf das Kommen des Frühlings, und damit auf die Schlacht. Für ihn gibt es kaum noch etwas anderes.
Er sitzt da und trinkt, oder er steht an der Tür und starrt in den Schnee hinaus. Dort sieht er, was kein anderer sehen kann. Zu solchen Zeiten hält er die Rüstung in seinem Zimmer verschlossen, und wenn wir ins Feld ziehen, legt er sie niemals ab, nicht einmal zum Schlafen. Er hat sich verändert. Aber das ist keine natürliche Verwandlung. Nein, er würde die Rüstung niemals freiwillig hergeben.«
»Wir könnten versuchen, ihn zu zwingen«, schlug die Königin vor, »aber das könnte sich als unklug erweisen. Etwas ist dabei, in ihm Gestalt anzunehmen, etwas, das vielleicht mein Volk retten wird, und für mein Volk würde ich vieles riskieren.«
»Ich verstehe Euch nicht, meine Dame«, sagte Dolgan.
»Ich bin mir nicht sicher, ob ich das selbst verstehe, Dolgan, aber ich bin die Königin eines Volkes, das sich im Krieg befindet. Ein schrecklicher Feind wütet in unserem Land und wird von Jahr zu Jahr kühner. Die außerweltliche Magie ist stark, vielleicht stärker als alles, seit die Alten verschwunden sind. Es könnte sein, daß die Magie im Geschenk des Drachen mein Volk rettet.«
Dolgan schüttelte den Kopf. »Es erscheint mir merkwürdig, daß sich noch immer eine solche Macht und Kraft in einer Metall-Rüstung befinden soll.«
Aglaranna lächelte dem Zwerg zu. »Tut es das? Was ist dann mit dem Hammer des Tholin, den du bei dir trägst? Birgt nicht auch er Mächte aus längst vergangenen Zeiten in sich? Kräfte, die dich wieder einmal als Erbe des Thrones der Zwerge im Westen kennzeichnen?«
Dolgan warf der Königin einen scharfen Blick zu. »Ihr wißt viel über uns, meine Dame. Ich darf nie vergessen, daß Euer mädchenhaftes Äußeres nur wie eine Maske über dem Wissen von Jahrzehnten liegt.« Er winkte ab, als sie etwas dazu sagen wollte, und fuhr fort: »Seit vielen Jahren sind wir im Westen ohne Könige ausgekommen, seit Tholin im Mac Mordain Cadal verschollen ist.
Dabei geht es uns nicht schlechter als denen, die dem alten König Halfdan in Dorgin Untertan sind.
Sollte mein Volk jedoch wünschen, daß wieder ein König eingesetzt wird, dann werden wir eine Volksversammlung einberufen. Doch auch das werden wir nicht tun, ehe dieser Krieg beendet ist.
So, und was machen wir jetzt mit dem Knaben?«
Aglaranna schien besorgt. »Er wird, was er wird. Wir können diese Umwandlung unterstützen.
Unsere Bannweber arbeiten schon darauf hin. Sollte die volle Kraft der Valheru ungezügelt in Tomas ausbrechen, dann wäre er in der Lage, unsere
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