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Midkemia Saga 02 - Der verwaiste Thron

Midkemia Saga 02 - Der verwaiste Thron

Titel: Midkemia Saga 02 - Der verwaiste Thron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond Feist
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jungen Mann in Weiß allein.
    Dieser hob sogleich den Eimer auf und machte sich an seine Arbeit. Alle Befehle wurden denen in Weiß ohne Worte gegeben, und er hatte auch schnell gelernt, daß die in Weiß nicht sprechen durften. Er wußte, daß er es konnte, denn er verstand das Konzept und hatte leise versucht, ein paar Worte zu formen, während er im Dunkeln auf seiner Matte lag. Wie bei so vielen anderen Dingen auch verstand er die Tatsache, ohne allerdings sagen zu können, wie es dazu kam. Er wußte, daß er schon existiert hatte, ehe er zum erstenmal in seiner Zelle erwachte. Er war aber nicht im mindesten beunruhigt durch diese Lücke in seinem Gedächtnis. Irgendwie erschien es ihm richtig.
    Er begann mit seiner Arbeit. Wie so viele andere Dinge, die man ihm auftrug, schien auch dies ein unmögliches Unterfangen. Er nahm den Eimer und füllte den obersten Trog aus dem untersten.
    Wie an den Tagen zuvor, tropfte das Wasser vom obersten in jeden folgenden Trog hinunter, bis der Inhalt des Eimers sich schließlich wieder im untersten Trog befand. Stur setzte er seine Arbeit fort, ließ sein Hirn leer werden, während sein Körper die sinnlose Aufgabe weiterführte.
    Wie so oft, wenn er sich selbst überlassen blieb, hüpfte sein Geist von einem Bild zum ändern.
    Da waren leuchtende Blitze, Umrisse und Farben, die ihm aber entschlüpften, wenn er versuchte, mit geistigen Fingern danach zu greifen. Zuerst war da der kurze Eindruck eines Baches, krachende Wellen gegen Felsen, schwarze, verwitterte Steine. Kämpfen. Eine merkwürdige, weiße, kalte Substanz lag am Boden – ein Wort, Schnee, das genauso schnell verging, wie es gekommen war.
    Ein Raum in einem hohen Turm. All das ging mit blendender Schnelligkeit vorbei, und nur ein schwacher Eindruck blieb zurück.
    Tag für Tag erklang eine Stimme in seinem Kopf, und sein Verstand antwortete, während er seine endlose Aufgabe fortsetzte. Die Stimme pflegte eine einfache Frage zu stellen, und sein Verstand antwortete. Sollte dies nicht korrekt geschehen sein, dann wurde die Frage wiederholt.

    Wurden mehrere falsche Antworten gegeben, dann hörte die Stimme auf, ihre Fragen zu stellen.
    Manchmal kehrte sie dann im Verlaufe des Tages wieder, manchmal nicht.
    Der weißgewandete Arbeiter spürte den vertrauten Druck gegen den Stoff seiner Gedanken.
    – Was ist das Gesetz? – fragte die Stimme.
    – Das Gesetz ist die Struktur, die unser Leben umgibt und die ihm Bedeutung verleiht – antwortete er.
    – Welches ist die höchste Verkörperung des Gesetzes? – Das Kaiserreich ist die höchste Verkörperung des Gesetzes – Was bist du? – kam die nächste Frage.
    – Ich bin ein Diener des Kaiserreichs - Der Gedankenkontakt zitterte einen Augenblick und kam dann zurück, als würde der andere sorgfältig über seine folgende Frage nachdenken.  – In welcher Weise ist es dir gestattet, zu dienen ?
    Diese Frage war schon mehrmals gestellt worden, und immer war die Reaktion auf seine Antwort diese innere, schweigende Leere gewesen, die ihm sagte, daß dies nicht korrekt gewesen war. Dieses Mal überlegte er sorgfältig. Er strich all die Antworten, die er früher gegeben hatte, und auch diejenigen, die Kombinationen oder Fortführungen der früheren, falschen waren.
    Schließlich antwortete er, – Wie ich es für richtig halte. Eine Woge von Gefühl stürzte von außen auf ihn ein, ein Gefühl der Billigung. Schnell folgte eine weitere Frage.
    - Wo ist der dir zugeteilte Platz? - Er dachte darüber nach, wußte, daß die offensichtliche Antwort wahrscheinlich falsch sein würde, daß er sie aber dennoch ausprobieren mußte. Er sagte: - Mein Platz ist hier - Der Geisteskontakt wurde unterbrochen, wie er es vermutet hatte. Er wußte, daß er ausgebildet wurde, aber ihm war nicht klar, wozu. Jetzt konnte er im Licht seiner früheren Antworten über diese letzte Frage nachdenken. Vielleicht würde er so auf die richtige Antwort stoßen.
    Sein Nachdenken über die letzte Frage, die man ihm gestellt hatte, wurde unterbrochen, als sich die Tür hinter ihm öffnete und sein Führer ihm bedeutete, ihm zu folgen. Sie schritten lange Gänge entlang, die sich emporwanden zu der Ebene, auf der sie ihr karges Morgenmahl zu sich nehmen würden.
    Als sie die Halle betraten, nahm der Führer einen Platz nahe der Tür ein. Andere Männer in schwarzen Roben geleiteten andere weißgewandete Jünglinge in die Halle. Heute war der Tag, an dem der Führer des jungen Mannes neben der

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