Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Midkemia Saga 02 - Der verwaiste Thron

Midkemia Saga 02 - Der verwaiste Thron

Titel: Midkemia Saga 02 - Der verwaiste Thron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond Feist
Vom Netzwerk:
verwirrte ihnen die Sinne. Stunden vergingen in diesem wütenden Tosen, Stunden, in denen Amos seine Mannschaft anwies, jeder Herausforderung von Wind und Wellen die Stirn zu bieten. Gelegentlich durchzuckte ein blendender Blitz die Dunkelheit. Er ließ jede kleinste Einzelheit deutlich werden, ließ verwirrende Bilder vor ihren Augen zurück, wenn die Dunkelheit wiederkehrte.
    Plötzlich schien das Schiff seitwärts auszubrechen, und Arutha fühlte, wie seine Füße unter ihm fortglitten, als das Schiff schlingerte. Mit aller Kraft klammerte er sich an der Reling fest. Ein entsetzliches, knirschendes Geräusch schien seine Ohren zu betäuben. Das Schiff richtete sich wieder auf, und Arutha wandte sich um. Im flackernden Schein der Sturmlaternen sah er die Ruderpinne wild hin- und herschlagen. Der Steuermann lag zusammengesunken an Deck. Blut quoll aus seinem offenen Mund und färbte sein Gesicht dunkel. Amos versuchte verzweifelt, die Pinne zu packen. Er riskierte gebrochene Rippen, als es ihm endlich gelang, und es kostete ihn einen verzweifelten Kampf, das Schiff wieder unter Kontrolle zu bringen.
    Arutha taumelte zum Ruder und drückte mit seinem ganzen Gewicht dagegen. Ein langgezogener, knirschender Ton erklang von Steuerbord. Das Schiff bebte.
    »Dreh dich schon, du mutterlose Hündin!« fluchte Amos, während er mit aller Kraft, die ihm noch geblieben war, an der Pinne zerrte. Arutha fühlte, wie seine Muskeln schmerzend protestierten, als er das scheinbar unbewegliche Ruder herumdrücken wollte. Ganz langsam bewegte es sich, erst einen Zentimeter, dann noch einen. Das Knirschen wurde lauter, bis Aruthas Ohren davon dröhnten.
    Plötzlich war die Pinne wieder frei. Arutha verlor das Gleichgewicht und flog über Deck. Er schlug auf das harte Holz auf und glitt über die nasse Oberfläche, bis er ins Schanzkleid krachte.
    Keuchend entwich die Luft aus seinen Lungen. Eine Welle durchnäßte ihn. Er spuckte und spie das Meerwasser aus. Benommen zog er sich hoch und taumelte zur Pinne zurück.
    Im schwachen Licht war Amos’ Gesicht weiß vor Anstrengung, aber er blickte mit großen Augen. Sein Gesicht nahm einen irrsinnigen Ausdruck an, als er lachte. »Hatte schon gedacht, Ihr wäret über Bord gegangen.«
    Arutha lehnte sich gegen die Pinne, und gemeinsam zwangen sie das Ruder, sich wieder zu bewegen. Amos irrsinniges Lachen erscholl, und Arutha fragte ihn: »Was ist da eigentlich so verdammt komisch?«
    »Schaut!«
    Keuchend blickte Arutha auf die Stelle, die Amos ihm bedeutete. In der Dunkelheit konnte er riesige Gebilde ausmachen, die sich neben dem Schiff erhoben, schwarze Schatten vor der Finsternis der Nacht. Amos brüllte: »Wir ziehen an den Großen Südlichen Felsen vorbei. Zieht, Prinz von Crydee! Zieht, wenn Ihr jemals wieder trockenes Land sehen wollt!«
    Arutha hängte sich an die Pinne und zwang das plumpe Schiff fort von der schrecklichen Umarmung der Klippen, die nur wenige Meter entfernt lagen. Wieder fühlten sie das Schiff unter ihren Füßen beben, und erneut hörten sie einen knirschenden Ton von unten heraufklingen. Amos brüllte: »Wenn das Schiff noch einen Rumpf hat, wenn wir hier durch sind, dann soll mich das wundern!«
    Aruthas Bewußtsein veränderte sich. Sekunden, Minuten, Stunden verloren jegliche Bedeutung für ihn. Zusammen mit Amos kämpfte er darum, das Schiff unter Kontrolle zu halten, aber seine Sinne zeichneten alles um ihn her bis in die kleinste Kleinigkeit auf. Durch das feuchte Leder seiner Handschuhe konnte er die Maserung des Holzes fühlen. Das Material seiner Strümpfe drückte ihn zwischen den Zehen in den von Wasser durchtränkten Stiefeln. Der Wind roch nach Salz und Pech, nach feuchten Wollmützen und regennasser Leinwand. Jedes Knirschen und Ächzen des Holzes, jedes Klatschen eines Taus gegen das Holz, jeder Ruf der Männer von oben war deutlich zu hören.
    Auf seinem Gesicht spürte er den Wind und die kalte Berührung von schmelzendem Schnee und Seewasser, und er lachte. Nie zuvor hatte er sich dem Tod so nahe gefühlt, und nie zuvor war er lebendiger gewesen. Muskeln arbeiteten, und er maß seine Kraft mit urwüchsigen und mächtigen Kräften. Weiter und weiter fuhren sie und tauchten hinein in den Wahnsinn der Straße der Finsternis.
    Arutha hörte, wie Amos seine Befehle brüllte, wie er die Bewegung eines jeden Mannes auf die Sekunde genau festlegte und auf die anderen abstimmte. Er spielte sein Schiff wie ein Musiker seine Laute, spürte jedes Beben,

Weitere Kostenlose Bücher