Midkemia Saga 03 - Die Gilde des Todes
Marktbuden geräumt worden. Krondorianische Soldaten bildeten ein Ehrenspalier von der Stadt zum Schloß, und zu beiden Seiten davon drängten sich die Bürger, um einen Blick auf ihren König zu erhaschen. Erst vor einer Stunde war die Meldung eingetroffen, daß Lyams Zug sich der Stadt näherte, doch die Menge hatte schon vor dem Morgengrauen angefangen sich zu sammeln.
Jubelgeschrei kündete des Königs Herannahen an, und Lyam kam auch als erster in Sicht. Er ritt auf einem rotbraunen, kräftigen Streitroß und Gardan, als Stadtkommandant an seiner Seite. Ihnen folgten dicht auf Martin und die Edlen des östlichen Landesteils, dann eine Kompanie von Lyams Leibgarde, zwei prunkvolle Kutschen und hinter ihnen Aruthas Lanzer. Der Troß bildete die Nachhut.
Als Lyam sein Pferd vor der Freitreppe zügelte, schmetterten Fanfaren. Stallburschen griffen nach den Zügeln des Rosses, und Arutha eilte die Stufen hinunter, um seinen Bruder zu begrüßen.
Nach der Tradition war der Fürst von Krondor Zweithöchster, gleich nach dem König folgend, im Reich, doch ob nun Protokoll beim Empfang oder nicht, die Brüder umarmten sich herzlich.
Der nächste, der absaß, war Martin, und nun waren die drei Brüder wieder vereint.
Jimmy beobachtete aufmerksam, wie Lyam seine Begleiter vorstellte und die beiden Kutschen zu der Freitreppe rollten. Die Tür der ersten wurde aufgeschwungen, und Jimmy verrenkte sich fast den Hals. Eine atemberaubend schöne junge Frau stieg aus, und Jimmy bewunderte sie stumm. Wie sie Arutha begrüßte, konnte sie eigentlich nur die Prinzessin Carline sein. Jimmy warf einen schnellen Blick auf Laurie, der sich unbeobachtet fühlte und seine glühende Anbetung nicht verbergen konnte. Jimmy nickte, ja, dann war es ganz sicher Carline. Ihr folgte ein älterer Edelmann, vermutlich Lord Caldric, der Herzog von Rillanon.
Die Tür der zweiten Kutsche wurde geöffnet. Eine Frau mittleren Alters stieg aus und gleich hinter ihr eine vertraute Gestalt. Jimmy lächelte. Unwillkürlich verfärbten sich seine Wangen beim Anblick von Prinzessin Anita, denn er war einmal entsetzlich verliebt in sie gewesen. Die Ältere mußte demnach Prinzessin Alicia, ihre Mutter, sein. Während die beiden Damen Arutha begrüßten, wanderten Jimmys Gedanken zurück zu der Zeit, da Anita, Arutha und er sich gemeinsam versteckt gehalten hatten. Unwillkürlich lächelte er ein wenig schüchtern.
»Was hast du denn jetzt, Junker?«
Wieder war es Schwertmeister Fannon, der ihn beobachtet hatte.
Seine Verlegenheit unterdrückend, antwortete Jimmy. »Die Stiefel, mein Herr.«
»Ich verstehe, Junge, aber du solltest wirklich lernen, ein solches Ungemach unbewegter Miene zu ertragen. Ich will deinen Lehrern damit nicht zu nahe treten, aber für einen Junker scheinst du keine gute Ausbildung genossen zu haben.«
Jimmy nickte, den Blick wieder auf Anita gerichtet. »Ich bin noch nicht lange Junker, mein Herr. Im vergangenen Monat war ich noch Dieb.«
Ohne sich dessen bewußt zu sein, holte Schwertmeister Fannon laut Luft, und sein Mund blieb offen. Nach einem Augenblick gönnte Jimmy sich das Vergnügen, ihn leicht in die Rippen zu stupsen und zu sagen: »Der König kommt!«
Fannon richtete den Blick geradeaus. Die langen Jahre seiner militärischen Laufbahn hatten ihn gelehrt, sich nur mit dem Wichtigsten zu befassen und sich von nichts ablenken zu lassen.
Lyam kam mit Arutha an seiner Seite die Treppe hoch. Ihnen folgten Martin und Carline, danach die anderen, wie das Protokoll es vorschrieb. Brian deLacy stellte dem König die Edlen von Aruthas Hof vor, und Lyam mißachtete mehrmals das Protokoll und schüttelte einigen herzlich die Hände, ja umarmte sogar mehrere.
Viele der westlichen Lords waren Männer, mit denen er während des Spaltkriegs unter dem Oberbefehl seines Vaters gekämpft und die er seit seiner Krönung nicht mehr gesehen hatte. Es machte Graf Volney ganz offensichtlich verlegen, als Lyam ihm die Hand auf die Schulter legte und lobte: »Gut gemacht, Volney. Ihr habt während des vergangenen Jahres hervorragend für den Westen gesorgt.« Diese Vertrautheiten störten einige der Edlen, aber das Volk war begeistert davon. Es jubelte jedesmal, wenn Lyam einen alten Bekannten nicht als König, sondern als Freund begrüßte.
Als Fannon an der Reihe war und er sich verneigen wollte, verhinderte der König es, indem er die Hände auf die Schultern des alten Recken legte. »Nein«, sagte Lyam so leise, daß nur Fannon,
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