Midkemia Saga 04 - Dunkel über Sethanon
geschwappt, doch die Verstärkung hatte die Bresche schließen können und die Angreifer vertrieben. Bei Sonnenuntergang verkündeten die Trompeten den Rückzug, und Murmandamus' Heer verschwand im Canon.
Guy fluchte. »Ich habe noch nie ein solches Blutbad und eine solche Verschwendung von Menschenleben im Namen der Pflicht gesehen.«
Arutha konnte nur zustimmen. Amos sagte: »Verdammte Hölle! Diese Grenzkerle mögen ja der Abschaum Eurer Armee sein, Arutha, aber sie sind hart und haben es in sich. Ich habe selten Männer gesehen, die ihre Aufgabe so sauber erledigt haben.« Arutha stimmte wiederum zu. »Wenn man an der Grenze dient, dann dauert es nicht lange, bis man richtig abgehärtet ist. leiten mal eine große Schlacht, doch dauernd kleinere Gefechte. Trotzdem sind sie verloren, falls Brian so weitermacht.« Galain sagte: »Sollten wir nicht lieber vor der Morgendämmerung aufbrechen, wenn wir sowieso losmüssen, Arutha.« Der Prinz nickte: »Ich werde noch ein letztes Mal mit Brian brechen. Sollte er sich immer noch jeder Vernunft widersetzen, litte ich ihn um die Erlaubnis, die Garnison zu verlassen.«
»Und wenn wir die nicht bekommen?« fragte Amos.
Arutha sagte: »Jimmy hat schon Proviant gesammelt und für uns einen Weg nach draußen erkundet. Schlimmstenfalls brechen wir zu Fuß auf.«
Der Prinz verließ den Turm und eilte dorthin, wo er von Hohe Burg zuletzt gesehen hatte. Er sah sich um, entdeckte jedoch keine Spur von dem Baron. Also fragte er eine Wache und erhielt als Antwort: »Ich habe den Baron zum letzten Mal vor einer Stunde gesehen. Er könnte unten im Hof bei den Verwundeten und Toten sein, Hoheit.«
Die Worte des Soldaten erwiesen sich als Prophezeiung, denn allerdings fand Arutha Brian, Lord von Hohe Burg, bei den Toten und Verwundeten. Der Arzt kniete gerade bei ihm, und als Arutha dazukam, sah er auf und schüttelte den Kopf: »Er ist tot.«
Arutha wandte sich an einen Soldaten, der neben der Leiche stand. »Wer ist der Stellvertreter?«
Der Mann sagte: »Walter von Gyldenholt, doch ich glaube, der ist während des Sturms auf das Außenwerk gefallen.«
»Und dann?«
»Baldwin de la Troville und ich, Hoheit, wir haben beide den nächsthöchsten Rang nach Walter inne. Wir sind sogar am gleichen Tag hier angekommen, deshalb weiß ich nicht, wer jetzt das Kommando hat.«
»Wer seid Ihr?«
»Anthony du Masigny, der frühere Baron von Calry, Hoheit.«
Arutha kannte den Mann von Lyams Krönung her. Er war einer der Gefolgsleute von Guy gewesen. Er trug auch nach zwei Jahren an der Grenze noch eine gepflegte Erscheinung zur Schau, obwohl er nicht mehr ganz der Höfling war, den er in Rillanon abgegeben hatte.
»Wenn Ihr nichts dagegen habt, dann schickt nach de la Troville und Guy du Bas-Tyra. Wir werden uns in den Gemächern des Barons treffen.«
»Ich habe nichts dagegen«, erwiderte du Masigny Er ließ den Blick an der Mauer entlang und über den Hof schweifen. »Wirklich, ich würde ein wenig gesunden Menschenverstand und etwas Ordnung schätzen.«
Baldwin de la Troville war ein schlanker, habichtähnlicher Mann, genau das Gegenteil von du Masignys gepflegter und weicher Erscheinung. Als beide Offiziere anwesend waren, sagte Arutha: »Falls einer von Euch beiden eine unsinnige Bemerkung machen möchte, wie zum Beispiel, er sei ein Vasall des Königs und werde diese Festung bis zum Tode verteidigen, dann bitte jetzt gleich.«
Die beiden wechselten einen Blick, und du Masigny lachte. »Hoheit, wir sind auf Befehl Eures Bruders hier, und zwar wegen« - er sah zu Guy - »früherer politischer Fehler. Wir sind nicht hier, um unser Leben nutzlos zu verschwenden.«
De la Troville sagte: »Von Hohe Burg war ein Trottel. Ein tapferer Mann, fast ein Held, doch trotzdem ein Trottel.«
»Ihr werdet also von mir Befehle entgegennehmen?«
»Gern«, sagten beide.
»Dann wird von nun an du Bas-Tyra mein stellvertretender Kommandant sein. Ihr werdet ihn als Vorgesetzten akzeptieren.«
Du Masigny grinste: »Das ist kaum etwas Neues für uns zwei.«
Guy nickte und erwiderte das Lächeln. »Sie sind gute Soldaten, Arutha. Sie tun, was getan werden muß.«
Arutha riß eine Karte von der Wand und legte sie auf den Tisch. »Die Hälfte der Garnison soll in einer Stunde im Sattel sitzen, doch alle Befehle werden nur im Flüsterton ausgegeben, keine Trompeten, keine Trommeln, keine Rufe. So bald wie möglich sollen sie in Gruppen von einem Dutzend Männer durch die Einlaßtore
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