Midkemia Saga 04 - Dunkel über Sethanon
aufheben, können die Nachtgreifer wieder nach Belieben ein- und aus gehen.«
»Also was? Sie sind auf jeden Fall in der Stadt, doch egal, was Arutha meint, niemand kann garantieren, daß sie auch wirklich festgenommen wurden. Vielleicht haben sie sich unter das Personal des Hofes gemischt, so wie sie im vergangenen Jahr bei den Spöttern mitgemischt haben. Wer soll das schon wissen?« Jimmy seufzte. »Wenn wenigstens Martin hier wäre, oder der König, dann könnten wir die Sache vielleicht zu einem Ende bringen.«
Laurie trank einen Schluck und verzog das Gesicht ob des bitteren Geschmacks. »Vielleicht. Du hast gerade die beiden einzigen Männer auf dieser Welt erwähnt, auf die er vielleicht noch hören würde. Carline und ich haben versucht, mit ihm zu reden, doch er hört sich alles nur geduldig an und sagt dann nein. Selbst Gardan und Volney können ihn nicht erweichen.«
Jimmy sah sich die Verhöre durch den Prinzen noch eine Weile an. Drei weitere Gruppen Gefangener wurden vorgeführt. »Nun, eine gute Seite hat die Sache allerdings. Vier Männer sind entlassen worden.«
»Und wenn sie von einer anderen Patrouille aufgegriffen werden, wirft man sie wieder ins Gefängnis, und dann kann es Tage dauern, bis jemand ihre Behauptung überprüft, daß sie bereits vom Prinzen freigelassen wurden. Das alles hier bringt überhaupt nichts, und hoffentlich merkt der Prinz das bald. Das Banapisfest steht in zwei Wochen vor der Tür, und sollte die Blockade bis dahin nicht beendet sein, bricht sicherlich in der ganzen Stadt ein Aufstand aus.« Niedergeschlagen preßte Laurie die Lippen aufeinander. »Vielleicht ... wenn Magie dabei helfen könnte, die Nachtgreifer herauszusuchen ...«
Jimmy richtete sich auf. »Was?«
»Wie was?«
»Was du gerade gesagt hast. Warum eigentlich nicht?«
Laurie wandte dem Junker langsam den Kopf zu und sah ihn an. »Woran denkst du?«
»Ich denke, es ist Zeit für einen kleinen Schwatz mit Vater Nathan. Kommst du mit?«
Laurie schob den Krug mit dem bitteren Bier zur Seite und stand auf. »Ich habe mein Pferd dort hinten angebunden.«
»Wir sind auch schon früher zu zweit auf einem Pferd geritten. Kommt schon, Euer Gnaden.«
Und zum ersten Mal seit Tagen lachte Laurie.
Nathan neigte den Kopf und hörte Jimmy zu, der ihm seine Idee erläuterte. Der Priester von Sung der Weißen rieb sich das Kinn, und während er nachdachte, sah er eher aus wie ein Ringer als wie ein Geistlicher. »Es gibt magische Verfahren, die jemanden dazu bringen können, die Wahrheit zu sagen, doch diese Methoden sind ausgesprochen zeitraubend, und man kann sich nicht immer auf sie verlassen. Ich bezweifle, ob sich Magie als nützlicher erweist als die Methode, die gegenwärtig angewendet wird.« Wie sein Tonfall verriet, hielt er von ihr auch nicht besonders viel.
Laurie erkundigte sich: »Und was ist mit den anderen Tempeln?«
»Ihre Methoden unterscheiden sich nur wenig von unseren, nur in der Art, wie ihre Zaubersprüche aufgebaut sind. Die Schwierigkeiten sind jedoch grundlegend die gleichen.«
Jimmy wirkte niedergeschlagen. »Ich hatte insgeheim gehofft, es gäbe eine Möglichkeit, die Assassinen ohne weiteres aus der Masse der Leute herauszusieben. Schade, das scheint doch nicht zu funktionieren.«
Nathan stand von dem Tisch in Aruthas Beratungszimmer auf, an den er sich gesetzt hatte, während der Prinz draußen die Verhöre überwachte. »Nur wenn ein Mann im Sterben liegt und unter Lims- Kragmas Einfluß gerät, lassen sich alle Fragen beantworten.«
Jimmys Gesicht umwölkte sich merklich, als ihm ein Gedanke durch den Kopf schoß; dann hellte es sich wieder auf. »Das könnte es sein.«
Laurie entgegnete: »Was könnte es sein? Man kann sie doch nicht alle töten.«
»Nein«, meinte Jimmy und übersah die Absurdität dieser Bemerkung. »Also, könnte man nicht Julian, den Priester der Lims- Kragma, hierherbitten?«
Nathan erwiderte trocken: »Meinst du wirklich den Hohepriester Julian vom Tempel der Lims-Kragma? Du vergißt wohl, daß er diese Stellung bekommen hat, weil seine Vorgängerin bei einem Überfall auf diesen Palast in den Wahnsinn getrieben wurde.« Nathans Gesichtsausdruck verriet ein unwohles Gefühl, denn der Priester der Sung hatte persönlich gegen den untoten Diener des Murmandamus gekämpft, und das zu einem hohen Preis. Die Ereignisse suchten Nathan noch immer in schlimmen Alpträumen heim.
»Oh«, meinte Jimmy.
»Wenn ich darum ersuche, wird er uns vielleicht
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