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Midkemia Saga 04 - Dunkel über Sethanon

Midkemia Saga 04 - Dunkel über Sethanon

Titel: Midkemia Saga 04 - Dunkel über Sethanon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond Feist
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bauen lassen. Die Damen aus dem Osten schienen in ihren höfischen Kleidern nicht gern auf dem Rücken eines Pferdes zu reisen. Carline war während des Spaltkriegs wie ein Mann geritten, in engen Hosen und Jagdrock. Zusammen mit Junker Roland war sie der reinste Schrecken ihrer Gouvernante gewesen. Martin seufzte. Keines der beiden Mädchen von Miguel würde je im Leben so reiten. Er fragte sich, ob es überhaupt eine Frau gab, die seine Vorliebe für das einfache Leben teilte. Vielleicht könnte er sich bestenfalls eine Frau wünschen, die diese Vorliebe bei ihm akzeptierte und sich nicht über seine lange Abwesenheit beschwerte, wenn er mal wieder auf der Jagd war oder seine Freunde in Elvandar besuchte.
    Martins Gedanken wurden von einem Soldaten unterbrochen, der sich ihm zusammen mit dem Falkner näherte. Der Falkner hielt ein weiteres Pergament in der Hand. »Hoheit, das ist gerade angekommen.«
    Martin nahm das Pergament entgegen. Darauf war das Siegel von Salador. Martin wartete noch, bis der Falkner wieder gegangen war, und öffnete das Röllchen dann. Höchstwahrscheinlich war es eine persönliche Nachricht von Carline. Er las sie. Dann las er noch einmal, faltete das Pergament nachdenklich zusammen und verstaute es in einem kleinen Beutel an seinem Gürtel. Nachdem er sich alles eine Weile lang durch den Kopf hatte gehen lassen, sprach er einen Soldaten an, der vor dem Bergfried auf seinem Posten stand. »Holt Schwertmeister Fannon.«
    Innerhalb weniger Augenblicke war der Schwertmeister da. Martin sagte: »Ich habe darüber nachgedacht, und ich stimme Euch zu. Ich werde Charles die Stellung des Schwertmeisters anbieten.«
    »Gut«, meinte Fannon. »Er wird das Angebot annehmen, hoffe ich.«
    »Und während ich abwesend bin, werdet Ihr ihn in sein Amt einarbeiten.«
    Fannon sagte: »Jawohl, Euer Hoheit.« Er wollte gehen, drehte sich jedoch noch einmal zu Martin um. »Euer Hoheit?«
    Martin hielte inne, da er sich gerade auf den Weg zum Bergfried gemacht hatte. »Ja?«
    »Ist alles in Ordnung mit Euch?«
    Martin erwiderte: »Bestens, Fannon. Ich habe gerade eine Nachricht von Laurie bekommen. Carline und Anita geht es gut. Und jetzt fahrt mit Euren Geschäften fort.« Ohne ein weiteres Wort ging er zum Bergfried zurück und trat durch die großen Türen ein.
    Fannon blieb noch einen Moment stehen. Martins Benehmen und der Tonfall seiner Stimme hatten ihn überrascht. Irgend etwas an seinem Auftreten war plötzlich höchst eigentümlich.
     
    Schweigend sah Baru Charles in die Augen. Die beiden Männer saßen in Schneidersitz auf dem Boden. An Charles' linker Seite stand ein kleiner Gong, zwischen ihnen rauchte ein kleiner Weihrauchbrenner und füllte die Luft mit süßer Schärfe. Das Zimmer wurde von vier Kerzen erhellt. Die einzigen Möbel waren eine Matte, die Charles als Bett benutzte, eine kleine Holztruhe und ein Stapel Kissen. Beide Männer trugen einfache Gewänder. Jeder hatte quer über die Knie ein Schwert gelegt. Baru wartete, während Charles seine Augen auf einen unsichtbaren Punkt zwischen ihnen gerichtet hielt. Dann sagte der Tsurani: »Worin besteht der Wahre Weg.«
    Baru antwortete: »Der Wahre Weg besteht darin, daß man den Verpflichtungen seinem Meister gegenüber nachkommt und daß man sich seinen Kameraden gegenüber treu verhält. Der Wahre Weg besteht - wenn man seinen Platz im Rad des Lebens berücksichtigt - darin, daß man die Pflicht über alles andere setzt.«
    Charles nickte einmal kurz. »Was die Pflicht betrifft, ist der Kodex des Kriegers absolut. Pflicht steht über allem. Bis zum Tod.«
    »Verstanden.«
    »Was ist dann aber die Natur der Pflicht?«
    Baru sprach leise. »Es gibt eine Pflicht gegenüber dem Herrn. Es gibt eine Pflicht gegenüber dem Clan und der Familie. Es gibt eine Pflicht gegenüber der eigenen Arbeit, die einen die Pflicht sich selbst gegenüber verstehen läßt. In der Summe ergeben sie eine Pflicht, die man niemals zur Zufriedenheit erfüllen kann, selbst nicht mit den Mühen eines ganzen Lebens, eine Pflicht, ein vollkommenes Leben zu führen, um auf dem Rad einen höheren Platz zu erreichen.«
    Charles nickte. »So ist es.« Er nahm einen kleinen Filzhammer und schlug den Gong. Baru schloß in Meditation versunken seine Augen und lauschte dem verklingenden Ton. Als der Ton völlig verstummt war, sagte Charles. »Finde den Punkt, wo der Ton endet und die Stille beginnt. Dann sei ganz in diesem Moment, und du wirst dein geheimes Zentrum des Lebens

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