Midleifcrisis
ist.«
»Thilo sagt, du hast eine andere Frau lieb.«
Ich nehme meine Tochter auf den Arm und versuche, ihr die Welt zu erklären.
»Es stimmt, dass ich auch eine andere Frau lieb habe, aber das Wichtigste ist, dass ich dich immer lieb haben werde und Lars auch.«
Doch Lisa ist von der Spur nicht mehr abzubringen.
»Kann man mehrere Menschen so lieb haben?«
Es ist nicht zu fassen, wie zielsicher dieses Kind mich mit meinen schlimmsten Fragen bombardiert.
»Bekommst du auch Kinder mit der Frau?«, fragt sie mich, und ich sehe Laura vor mir, die ich maximal jeden dritten Tag sehe und deren Liebe so groß ist, dass sie für alle reichen muss, und die mit Jan schläft und die später im Leben auch noch mit anderen schlafen wird, wenn sie nur ihrer Liebe würdig sind, und ich schüttele den Kopf. »Ich glaube nicht. Und ich habe ja schon die beiden tollsten Kinder der Welt.«
Lisas Fragen haben mich getroffen.
Wann immer ich Laura sehe, ist das Hier und Jetzt ein Erlebnis von einem anderen Stern. Doch alles Drumherum ist ein Albtraum. Jan kommt zur stationären Therapie in eine Klinik. Das führt dazu, dass ich Laura jetzt fast jede Nacht habe, aber oft liegen wir uns nur in den Armen.
Ich fahre mit Laura in den Urlaub, über die Alpen, nach Italien, wo Robert uns inmitten einer Schar von drei Bambinos an seine Brust drückt, die er zusammen mit der einst untreuen Maria gezeugt hat. »Heirate sie«, fordert Robert mich am zweiten Abend auf. »Sie ist die Frau deines Lebens!« Doch Laura wird inmitten der Windel- und Wäscheberge immer stiller und stiller. Beim Picknick in den toskanischen Bergen sprechen wir darüber, dass sie sich Kinder wünscht, aber nicht weiß, ob von Jan oder von mir.
Wir sprechen über Lisa und Lars, und Laura sagt weinend, dass ich zurückgehen soll, dass ich sie niemals besitzen werde, wie ich sie besitzen muss, ganz und gar, so wie Robert seine Maria, damit ich glücklich werde.
Als wir zurückfahren, habe ich das Gefühl, dass mein Herz vereist ist. Nach München spricht sie bis Hamburg kein einziges Wort mehr.
Doch das Kabel zwischen Laura und LeiLa ist zu stark. Wir halten noch weitere sechs Monate durch, manchmal wird es für einen Ausflug, eine Nacht oder auch nur einen Moment so schön wie in London, doch das sind kleine Inseln des Glücks, die nicht lange währen.
In der Firma nimmt die Katastrophe ihren Lauf. Wir kürzen den Etat für den Thinktank zuerst um 30, in einem zweiten Anlauf um weitere 20 Prozent. Nottbohm ist nicht mehr jederzeit für mich zu sprechen. Selbst Müller-Mannhagen zieht sich von mir zurück. Paulsen verbündet sich mit Hedegard, dem Finanzvorstand, der das alles schon lange hat kommen sehen, denn auch für Paulsen und seine Technikabteilung geht es jetzt um den Arsch.
Im Vorstand wird darüber geredet, dass die Kleiderordnung im Thinktank wieder eingeführt werden soll, das sähe ja aus wie eine Piratenbande. Nichts zeigt deutlicher, dass mein Stern verglüht.
Joachim konstatiert, dass ich aussehe wie eine Leiche, und nach Elke und Robert ist er der dritte Mensch auf der großen weiten Welt, dem ich von Laura erzähle. »Du arme Sau«, sagt er, und fortan besucht er mich manchmal zum Saufen. »Mach dir keine Gedanken«, meint er, »du steckst einfach in der Midlifecrisis, dagegen hilft vor allem eines: vögeln.«
»Herr Andersson scheiterte leider in der Mit-Leif-Crisis«, denke ich und finde, dass es eigentlich ein recht hübsches Bonmot für meinen Grabstein wäre.
Schließlich ist es Lisa, die mich final aus den Schuhen haut. Eines Morgens fische ich einen Brief mit ihrer kindlichen Handschrift aus dem Postkasten. Sie hat mir ein Bild gemalt, von einem Haus, von Elke, von Lars und ihr, nicht einmal ihr Kaninchen hast sie vergessen, und dazugekrakelt: »Lieber Papi, ich verstehe das ja mit der vielen Arbeit, aber kannst du nicht wieder zu Hause schlafen? Ich bin schon ganz krank vor Sorge.«
Ich starre entgeistert auf Lisas kindlichen Hilferuf und denke darüber nach, wie sehr mein Kind leiden muss. Nach langem Nachdenken zeige ich Laura den Brief.
Laura sagt: »Das ist zu hart, ganz im Ernst, das ist zu tough für dich, das hältst du nicht aus, und wenn du es aushalten könntest, würde ich dich nicht so sehr lieben.«
Ich weiß, dass Laura recht hat, aber ich quäle mich noch tagelang mit einer Entscheidung herum. Dann sage ich Laura, dass ich zu Elke zurückgehen werde.
Zum Abschied nimmt mir Laura ein Versprechen ab. »Ich werde dich
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