Midnight Breed 02 - Gefangene des Blutes-neu-ok-10.11.11
weiß das. Vielleicht
siehst du jetzt, wie leicht es ist, zu lügen, zu betrügen oder gar deinen
Lebenszweck aufzugeben, nur um ihr zu helfen - vielleicht würdest auch du
alles tun, alles riskieren, jeden Preis zahlen, um sie vor weiterem Schmerz zu
bewahren.“
Dante runzelte die Stirn,
verdaute diese neue Erkenntnis und war mit einem Mal nicht mehr fähig, den
Agenten mit Verachtung zu strafen. Er drehte sich um und sah ihn an. „Du hast
gesagt, es gab nie eine Frau in deinem Leben, keine Familie, keine
Verpflichtungen außer der Witwe deines Bruders …“
Chase lächelte schief. Sein
Gesicht - verzerrt vor Elend und Sehnsucht - sagte alles. „Ihr Name ist
Elise. Sie war heute Nacht dabei, als du mit Tegan kamst, um mich abzuholen.“
Er hätte es wissen müssen, hatte
es auf irgendeiner Ebene auch geahnt. Als diese Frau nach draußen kam, war die
giftige Reaktion von Chase unverhältnismäßig gewesen. Er hatte seine
Zurückhaltung erst aufgegeben, als er dachte, dass ihr ein Leid geschehen
könnte. Und er hatte dreingeschaut, als wollte er Tegan den Kopf abreißen, nur
weil der die Frau festhielt. Das alles verriet einen beschützerischen Impuls,
der weit über die simple Verteidigung seiner Sippe hinausging. Und nach Chase’
Leichenbittermiene zu urteilen, wurde seine Liebe nicht erwidert.
„Wie auch immer“, sagte der
Agent unvermittelt. „Jedenfalls wollte ich bloß … ich wollte, dass du weißt,
dass mir alles sehr leidtut. Ich will dir und dem Orden helfen, so gut ich
kann.
Also, wenn es etwas gibt, was du
brauchst - du weißt, wo du mich findest.“
„Chase“, sagte Dante, als der
Mann sich gerade abwandte, um den Raum zu verlassen. „Entschuldigung
akzeptiert, Mann.
Und wofür es auch gut sein mag,
mir tut es ebenfalls leid. Ich war auch zu dir nicht ganz fair. Ungeachtet
unserer Differenzen sollst du wissen, dass ich dich achte. Die Agentur hat
einen guten Mann verloren, als sie dich rauswarf.“
Chase grinste schief, als er die
Anerkennung mit einem Nicken quittierte.
Dante räusperte sich. „Und was
dein Angebot betrifft …“
„Was soll ich tun?“
„Tess war mit einem Hund
spazieren, als die Rogues sie überfallen haben. Hässliche kleine Töle,
eigentlich nur als Fußwärmer zu gebrauchen, aber er ist wohl was Besonderes für
sie und bedeutet ihr eben viel. Genau genommen ist er so eine Art Geschenk von
mir, mehr oder weniger. Jedenfalls lief der Hund allein mit der losen Leine
herum, als ich ihn einen Block oder so von Ben Sullivans Haus entfernt zuletzt
gesehen habe.“
„Du willst, dass ich einen
streunenden Hund wiederfinde, läuft es darauf hinaus?“
„Tja, du hast doch gesagt, du
willst helfen, so gut du kannst, oder?“
„Hab ich gesagt.“ Chase
schmunzelte. „Na gut, in Ordnung.
Ich bringe dir den Hund.“
Dante grub die Schlüssel seines
Porsche aus der Tasche und warf sie dem anderen Vampir zu. Als Chase sich
umdrehte, um sich auf den Weg zu machen, fügte Dante hinzu: „Nebenbei bemerkt,
die kleine Bestie hört auf den Namen Harvard.“
„Harvard“, wiederholte Chase
gedehnt, schüttelte den Kopf und warf Dante einen spöttischen Blick zu. „Ich
glaube kaum, dass das ein Zufall ist.“
Dante zuckte die Achseln.
„Schön, dass eure erlauchten akademischen Grade auch mal zu etwas nütze sind.“
„Zur Hölle, Krieger. Du trittst
mir wegen meiner Bildung in den Arsch, seit ich an Bord gekommen bin!“
„Hey, ich war noch
vergleichsweise freundlich. Tu dir einen Gefallen und betrachte Nikos
Zielscheiben nicht zu sehr aus der Nähe, es sei denn, du bist dir deiner
Männlichkeit sehr sicher.“
„Arschlöcher“, brummte Chase,
aber das Grinsen in seiner Stimme war nicht zu überhören. „Rühr dich nicht von
der Stelle. Ich bin demnächst mit deinem Köter zurück. Gibt’s noch was, worum du
mich anhauen willst? Jetzt, wo ich meine große Klappe so weit aufgerissen habe,
bloß um mit dir quitt zu sein?“
„Da gäbe es tatsächlich noch
etwas“, antwortete Dante, schlagartig ernüchtert, als er an Tess dachte und an
eine mögliche Zukunft, wie sie ihr zukam. „Aber darüber können wir reden, wenn
du zurück bist, okay?“
Chase nickte und verstand die
Wendung in der Stimmung.
„Ja. Klar können wir das.“
30
Gideon wartete auf dem Flur, als
Chase aus Dantes Quartier kam.
„Wie läuft es da drinnen?“,
fragte der Krieger.
„Sie ist immer noch bewusstlos,
aber ich glaube, sie ist in guten Händen. Dante will, dass
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