Midnight Breed 04 - Gebieterin der Dunkelheit-neu-ok-14.11.11
Fangzähne aus. Seine Instinkte
schärften ihm die Sicht, seine Pupillen zogen sich zusammen, als er den Kopf
herumwarf, um die Gegend zu sondieren.
Und da war
es wieder - das Geräusch kam von einem Bergrückenweiter südlich von ihm. Ein
schlanker Mann mit einem Campingrucksack auf dem Rücken trampelte durch das
Unterholz, sein kurzes blondes Haar glänzte in der Dunkelheit wie ein Leuchtfeuer.
Rio sah zu, wie der Wanderer in einem lässigen Laufschritt einen laubbedeckten Abhang
heruntergesprungen kam und den ausgewiesenen Wanderpfad erreichte.
Es war nur
eine Frage von wenigen Minuten, bis er an Rio vorbeikam.
Er war zu
ausgezehrt, um zu jagen, aber all seine Instinkte liefen auf Hochtouren und
warteten auf eine Chance, den Wanderer anzuspringen.
Nahrung
aufzunehmen, die er so dringend brauchte.
Der Mann kam
näher, ohne das Raubtier zu bemerken, das im Schutz der Bäume auf ihn lauerte.
Er war völlig unvorbereitet auf den Angriff und bemerkte Rio erst, als der mit
einem gewaltigen Satz aus seinem Versteck sprang. Da schrie der Mann auf - ein
Laut schieren Entsetzens. Er schlug verzweifelt um sich, aber es nutzte ihm
nichts.
Rio
arbeitete schnell. Er warf den jungen Mann auf die Erde und nagelte ihn mit dem
Gewicht seines riesigen Rucksacks fest. Dann verbiss er sich in seinen
entblößten Hals und labte sich an dem frischen Blut, das ihm heiß in den Mund
schoss. Sofort ging es in seinen Organismus über, die Nahrung gab ihm Kraft für
Muskeln, Knochen und Gehirn.
Rio trank,
so viel er von seinem Blutwirt brauchte, nicht mehr. Mit der Zunge verschloss
er die Wunde und fuhr mit der Hand über die schweißbedeckte Stirn des Mannes,
um diesen Angriff aus seiner Erinnerung zu tilgen.
„Geh“, sagte
er zu ihm.
Der Mann
stand auf, und bald schon waren sein flachsblonder Haarschopf und sein
unförmiger Rucksack in der Nacht verschwunden.
Rio sah zur
Mondsichel auf und spürte das starke Klopfen seines Pulses, als sein Körper die
Gabe des menschlichen Blutes vollständig absorbierte.
Er brauchte
diese Kraft, denn sein Jagdzug der heutigen Nacht hatte gerade erst begonnen.
Rio warf den
Kopf zurück und sog die Nachtluft durch Zähne und Fangzähne, tief in seine
Lungen. Seine Stammesinstinkte warengeschärft und suchten nach seiner wahren
Beute. Sie war erst vor Stunden auf diesem Pfad gewesen, war verängstigt aus diesen
Wäldern geflohen. Und sie hatte guten Grund, sich vor ihm zu fürchten.
Die
Schönheit mit dem feuerroten Haar hatte keine Ahnung von dem Geheimnis, über
das sie in dieser Höhle gestolpert war. Und auch nicht von dem Ungeheuer, das
sie dabei gestört hatte.
Rios Mund
verzog sich zu einem Lächeln, als er das reiche Gemisch von Gerüchen in der
Waldluft durchsiebte und schließlich die Duftspur fand, die er suchte. Sie war
Stunden alt und verblasste schnell im feuchten Nachtwind, aber Rio hätte sie
überall erkannt.
Sie konnte
noch so weit vor ihm davongelaufen sein.
Er würde sie
finden.
5
Der Tag
hatte seltsam angefangen und war noch seltsamer geworden. Dylan hätte
vermutlich nicht überrascht sein sollen, dass als Krönung des heutigen Tages
eine E-Mail von Coleman Hogg auf sie wartete, als sie nach dem Abendessen in
Prag ihren Laptop hochfuhr. Sobald sie gegen Mittag im Hotel angekommen waren,
hatte sie ihm ihre Story und ein paar Fotos aus der Berghöhle gemailt.
Eigentlich hatte sie nicht erwartet, von ihrem Chef zu hören, bevor sie in ein
paar Tagen nach Hause zurückgekehrt wäre.
Aber er war
interessiert an dem, was sie auf dem Berg bei Jicín gefunden hatte. So
interessiert, dass er höchstpersönlich einen freien Fotografen aus Prag
angeheuert halle, um mit Dylan noch einmal zur Höhle zu gehen und noch ein paar
Fotos für den Artikel zu machen.
„Du willst
mich wohl verarschen“, knurrte Dylan, als sie die E-Mail ihres Chefs überflog.
„Du solltest
besser anfangen zu packen, Liebes. Wir wollen doch unseren Zug nicht
verpassen.“ Janet ließ eine Kollektion halb leerer Kosmetiktuben in eine
wiederverschließbare Plastiktüte gleiten und zog den Verschluss zu. „Möchte
eine von euch die Handlotion aus dem Badezimmer oder kann ich sie haben? Und da
ist noch ein Stück Hotelseife, sie ist noch nicht ausgepackt...“
Dylan
ignorierte das Geplauder ihrer Reisegefährtinnen, als das Trio seine Sachen
zusammensuchte, um sich für ihre Abreise aus Prag am heutigen Abend fertig zu
machen.
„Scheiße.“
„Was ist
los?“, fragte Nancy, als sie ihren
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