Midnight Breed 04 - Gebieterin der Dunkelheit-neu-ok-14.11.11
professionell dazu ausgebildet, zu bezaubern und zu verführen,
konnten ihren Abscheu nicht vor ihm verbergen.
Sie zuckten
und wanden sich vor ihm, und als die Minuten vergingen, begann sich der Raum
mit ihnen zu drehen. Die grellen Farben des Clubs verwischten sich zu einer
schwindelerregenden Schliere aus Rot, Gold und grellem Blau. Die Musik schwoll
lauter an und fiel auf Rios Schädel wie ein Hammer, der auf zerbrechliches Glas
niederfällt. Das Duftgemisch von Parfüm, Getränken und Sex brachte ihn zum
Würgen.
Jetzt drehte
sich unter ihm der Boden. Seine Schläfen wurden zermalmt, und der Wahnsinn
erhob sich wie eine schwarze Welle, die ihn unter sich begraben würde,
wenn er sich nicht bald wieder in den Griff bekam.
Er schloss
die Augen, um etwas von dem Ansturm auf seine Sinne abzublocken. Die Dunkelheit
dauerte nur einen Moment an, bevor sich aus dem Nebel seines angeschlagenen
Verstandes ein Bild zu formen begann ...
Mitten im
Sturm von Schmerz und Angst, der plötzlich um ihn tobte, sah er ein Gesicht.
Dylans
Gesicht.
Ihre helle
Haut mit den rötlichen Sommersprossen schien ihm so nahe, dass er sie berühren
konnte. Ihre goldgrünen Augen waren halb geschlossen, aber auf ihn gerichtet,
wunderschön und furchtlos. Als er sie hinter seinen geschlossenen Lidern
betrachtete, lächelte sie und legte langsam den Kopf zur Seite. Ihr feuriges,
seidiges Haar glitt ihr lose über die Schulter, so sanft wie eine Liebkosung.
Und dann sah
Rio den scharlachroten Kuss einer Bisswunde unter ihrem Ohr.
Cristo, es
war so real, sie so zu sehen. Sein Zahnfleisch schmerzte, die Spitzen seiner
Fangzähne drückten spitz gegen seine Zunge. Durst brandete in ihm auf. Fast
konnte er die Süße von Wacholder und Honig des Blutes riechen, das da aus ihren
Wunden perlte.
Das war es,
woran er erkannte, dass es nur eine Wahnvorstellung war - weil er ihren
Geschmack nie kennenlernen würde.
Dylan
Alexander war eine Stammesgefährtin, und das bedeutete, dass von ihr zu trinken
nicht in Frage kam. Ein einziger kleiner Schluck ihres Blutes würde eine
Verbindung schaffen, die nur der Tod lösen konnte. Rio hatte all das schon
einmal durchgemacht, und es hatte ihn fast umgebracht.
Nie wieder.
Rio knurrte,
als die Tänzerin auf seinem Schoß beschloss, dass es an der Zeit war, zur Sache
zu kommen. Als er seine Augen öffnete, murmelte sie etwas Obszönes, pflanzte
ihre Hände auf seine Oberschenkel und spreizte sie weit. Sie leckte sich die
Lippen und ging vor ihm auf die Knie. Als sie sich daranmachte, den
Reißverschluss seiner Hose zu öffnen, war es nicht die Lust, die seine Venen
zum Schmelzen brachte, sondern die heiße Wut.
Sein Kopf
dröhnte, sein Mund fühlte sich staubtrocken an.
Scheiße. Er
würde die Kontrolle über sich verlieren, wenn er noch länger blieb.
Er musste
schleunigst raus hier.
„Aufstehen“,
knurrte er. „Runter von mir, alle drei.“
Sie
krabbelte hastig zurück, als wäre er ein wildes Tier, das sie gerade gereizt
hatten. Eine von ihnen versuchte, mutig zu sein.
„Möchtest du
vielleicht lieber was anderes, Baby? Es ist okay. Sag uns, was du möchtest.“
„Nichts, das
ihr habt“, sagte er knapp und drehte beim Aufstehen absichtlich den Kopf so,
dass sie einen direkten Blick auf seine entstellte linke Gesichtshälfte werfen
mussten.
Alles andere
als aufrecht auf den Füßen stolperte er aus der VIP-Lounge und aus dem
wummernden, moschusgeschwängerten Club. Er fand den ruhigen Hintereingang, wo
er und Reichen hereingekommen waren, und drängte sich an den Türstehern vorbei,
die klug genug waren, ihm auszuweichen, als sie ihn kommen sahen.
Die Straße
draußen war dunkel, die Luft der Sommernacht kühl auf seiner erhitzten Haut; er
trank sie durch den Mund, atmete sie tief ein, im Versuch, den Aufruhr in
seinem Kopf zu beruhigen. Als es nichts nützte, stieß er einen Fluch aus.
Sein
Sehvermögen war hier draußen in der Dunkelheit schärfer, aber es war mehr als
seine übliche gute Nachtsicht, die jetzt dafür sorgte, dass alle Kanten
schärfer hervortraten. Seine Pupillen waren vor Wut und Begierde zu schmalen
Schlitzen verengt, das bernsteingelbe Glühen seiner transformierten Iriskreise
warf einen schwachen Lichtschein auf den Asphalt unter seinen Füßen. Seine
Schritte waren unregelmäßig, und das Hinken, das er fast schon überwunden
hatte, kroch wieder in seinen Gang zurück.
Seine Fänge
füllten seinen Mund aus. Ein Blick auf die Glyphen auf seinem Unterarm genügte,
um
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