Midnight Breed 05 - Gefaehrtin der Schatten-neu-ok-15.11.11
schnappen.
Solange er und der Orden nicht aus der Luft angriffen, um Dragos' Verbündeten
hier herauszuholen, würden sie bei dieser Aktion einige Agenten niedermähen
müssen. Und dabei war die unbekannte Gruppe von Stammesvampiren noch gar nicht
eingerechnet, die den Leiter des Dunklen Hafens von Montreal letzte Nacht
herbegleitet hatten. Fabien heute Nacht hier herauszuholen, ohne dass es eine
Menge toter Zivilisten gab, grenzte ans Unmögliche. Und die Anzahl würde sich
noch verdoppeln, wenn man dazu noch Mira retten wollte. Also, im Prinzip lief
sein Aufklärungstrip darauf hinaus, dass die Kacke hier schon recht bald am
Dampfen sein würde, anders war es nicht zu machen.
Und dann war
da noch das Problem mit Renata.
Noch nie war
Nikolai etwas so schwergefallen, wie heute den ganzen Tag mit ihr zu
verbringen, in dem Wissen, dass er sie hintergangen hatte. Er hatte es ihr
sagen wollen - nachdem sie sich geliebt hatten, nachdem sie ihn mit dem
Geschenk ihres Blutes geehrt und mit ihm den Bund vervollständigt hatte, der
sie beide nun in alle Ewigkeit vereinte. Dutzende von Malen hatte er es ihr
sagen wollen, in einem Dutzend verschiedener Augenblicke, aber egoistisch wie
er war, hatte er ihr die Wahrheit zu ihrem eigenen Schutz verschwiegen.
Immer noch
hing seine Hoffnung daran, dass sie seine Schutzmaßnahme verstehen würde - dass
sie ihm vielleicht sogar dankbar sein würde, ihr Miras Aufenthaltsort
verschwiegen zu haben, bis er und die anderen Krieger die Chance hatten, eine
solide Evakuierungsstrategie zu entwickeln.
Ja, all das
sagte er sich schon die ganze Zeit, weil er lieber nicht über die Alternativen
nachdenken wollte.
Nikolai
schüttelte das schlechte Gewissen ab, das ihn auf Schritt und Tritt verfolgte,
und das Grauen, das in ihm aufzusteigen drohte, und schlich im Schutz der
Wälder zu einem besseren Aussichtsposten. Er spähte durch die dichten
Kiefernzweige und erblickte etliche Besucher, als sie an einem Erdgeschossfenster
vorbeigingen. Er zählte die mit Kapuzen vermummten Stammesvampire schnell
durch, als die Gruppe auf einen anderen Teil des Hauses zuging.
Fünf, sechs,
sieben ... und dann noch einer, dieser ohne die schwarze Vermummung.
Oh,
verdammt.
Nikolai kannte
ihn. Diesen Dreckskerl hatte er erst vor wenigen Wochen aus der Nähe gesehen,
als er sich im Rahmen einer Ordensmission mit einem der höchstrangigen Beamten
der Agentur getroffen hatte. Damals lebte der Mann schon lange unter einem
Decknamen - eine von zwei falschen Identitäten, die der Orden schon wenig
später enttarnt hatte. Nun kannten sie den Mistkerl bei seinem wahren Namen,
den auch sein Gen Eins-Vater, der Verräter, vor ihm getragen hatte.
Dragos.
Verdammte
... Scheiße.
Seit Wochen
suchte der Orden verzweifelt nach der kleinsten Spur von Dragos, bislang ohne
Erfolg. Und hier war er nun, saß ihnen direkt vor der Nase. Der Dreckskerl war
hier. Und verdammt, er würde dran glauben - noch heute Nacht.
Niko schlich
sich wieder ins Dickicht und rannte so schnell er konnte in südliche Richtung,
wo er Renata mit dem entwendeten Agentur-Geländewagen zurückgelassen hatte. Er
konnte kaum erwarten, Tegan und Rio anzurufen und ihnen diese guten Neuigkeiten
zu erzählen.
Edgar
Fabiens Bestürzung und Beschämung über das Debakel seines misslungenen
Geschenks für Dragos verfolgte ihn wie ein Gespenst, als er und die anderen
hinter ihrem neu angekommenen Anführer in den Konferenzraum des Anwesens im
Norden von Montreal traten. Fabien wusste, dass es gefährlich war, Dragos zu
verstimmen - im Allgemeinen tödlich -, und bis vor Kurzem hatte er es tunlichst
vermieden. Aber er wusste auch - und nahm an, dass es auch die anderen
Stammesvampire wussten, die sich hier zu diesem Treffen versammelt hatten -,
dass Dragos sie heute Nacht aus einem bestimmten Grund zusammengerufen hatte.
Die heutige Nacht würde in die Geschichte eingehen. Für ihre jahrelange geheime
Partnerschaft und ihre Loyalität gegenüber dem gemeinsamen Ziel hatte Dragos
ihnen eine Belohnung versprochen.
Nachdem er
in diesen letzten Jahrzehnten so viel Zeit und Mühe darauf verwendet hatte,
sich in Dragos' Gunst einzuschmeicheln, konnte Fabien nur beten, dass er sie in
diesem einen unglücklichen Augenblick unten am Anlegesteg nicht verspielt hatte.
„Setzt
euch", wies Dragos sie an, als sie einer nach dem anderen eintraten, und
nahm seinen Platz an der Stirnwand des Konferenzzimmers ein. Er sah zu, wie
Fabien und die sechs anderen,
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