Midnight Breed 05 - Gefaehrtin der Schatten-neu-ok-15.11.11
Arschloch gewesen, aber wenn sein
praktisch reines Stammesblut in Renatas Körper kreiste, würde die Wunde im
Handumdrehen heilen. Tatsächlich überraschte es ihn, wie müde sie aussah. Doch
natürlich war es eine verdammt lange Nacht gewesen.
Den dunklen
Ringen unter ihren Augen nach hatte sie vermutlich gar nicht geschlafen.
Gegessen hatte sie auch nichts.
Auf dem
metallenen Kartentisch in der Nähe stand ein unberührtes Tablett mit Essen.
Er fragte
sich, ob es Kummer über Jakuts Tod war, der zu ihrer Müdigkeit dazukam. Sie
machte sich offensichtlich Sorgen um Mira, und das mit gutem Grund, und so
schwer es für ihn auch war, den Gedanken zu akzeptieren, war sie doch auch eine
Frau, die erst vor Kurzem ihren Gefährten verloren hatte. Und hier saß sie nun,
zu allem Überfluss auch noch mit einer Schussverletzung, und das nur, weil sie
beschlossen hatte, ihn um Hilfe zu bitten.
„Warum ruhst
du dich nicht eine Weile aus", schlug Nikolai vor. „Leg dich ins Bett.
Schlaf etwas. Jetzt bin ich dran mit Wache halten."
Zu seiner
Überraschung widersprach sie nicht. Er stand auf und hielt die Decke für sie,
als sie hineinkletterte und vorsichtig nach einer Position suchte, in der die
Wunde an ihrer Schulter nicht schmerzte.
„Das
Fenster", murmelte sie und zeigte darauf. „Ich wollte es für dich
verhängen."
„Darum
kümmere ich mich schon."
Es dauerte
keine Minute, und sie war eingeschlafen. Niko betrachtete sie einen Augenblick,
und dann, als er sicher war, dass sie es nicht spüren würde, gab er seinem
Drang nach, sie zu berühren. Nur ein kurzes Streicheln über die Wange, und
seine Finger verloren sich in ihrem schwarzen, seidigen Haar.
Es war
falsch, sie zu begehren, das wusste er.
In seiner
Verfassung, jetzt, unter denkbar schlimmsten Umständen, war es wahrscheinlich
verdammt dumm von ihm, Renata zu begehren, so wie er es tat - wie schon fast
seit dem Augenblick, als er sie zum ersten Mal gesehen hatte.
Aber wenn
sie in diesem Moment die Augenlider gehoben und ihn neben sich gesehen hätte,
hätte ihn nichts davon abgehalten, sie in seine Arme zu ziehen.
Ein Paar
Halogenscheinwerfer schnitten durch die Nebeldecke, die sich schwer über die
Valley Road in den dicht bewaldeten Green Mountains von Vermont gebreitet
hatte. Der Passagier auf dem Rücksitz der Limousine starrte ungeduldig in die
dunkle Landschaft hinaus, seine Augen spiegelten sich bernsteinfarben in der
getönten Fensterscheibe. Er war verärgert, und nach seinem Telefonat mit Edgar
Fabien, seinem Kontaktmann in Montreal, hatte er dazu auch allen Grund. Das
einzig Vielversprechende war die Tatsache, dass bei all den Pannen und
Katastrophen der letzten Zeit, die nur um Haaresbreite abgewendet worden waren,
Sergej Jakut tot war und dass es Fabien gelungen war, einen Ordenskrieger
auszuschalten.
Unglücklicherweise
war dieser kleine Sieg nur von kurzer Dauer gewesen. Erst vor wenigen Stunden
hatte Fabien kleinlaut berichtet, dass der Stammeskrieger aus der
Hochsicherheitsklinik ausgebrochen war und sich derzeit mit der Frau, die ihn
offenbar befreit hatte, auf der Flucht befand. Wenn Fabien nicht schon alle
Hände voll zu tun gehabt hätte mit der anderen wichtigen Aufgabe, die er ihm
zugeteilt hatte, würde auch der Leiter des Dunklen Hafens von Montreal heute
Nacht einen unerwarteten Besuch erhalten. Mit Fabien würde er sich später
befassen.
Er war
verärgert, diesen Umweg durch das Hinterland machen zu müssen, aber was ihn am
meisten ärgerte, war das Versagen eines seiner besten, effektivsten Werkzeuge.
Versagen
konnte nicht einfach toleriert werden. Ein Fehler war schon einer zu viel, und
wie bei einem Wachhund, der seinen Herrn anfällt, gab es für dieses Problem,
das ihn weiter oben an dieser Landstraße erwartete, nur eine einzige
praktikable Lösung: Vernichtung.
Der Wagen
wurde langsamer und bog nach rechts vom Asphalt auf einen holperigen,
ungeteerten Feldweg ab. Eine lang gestreckte Steinmauer aus der Kolonialzeit
und ein halbes Dutzend hoher Eichen und Ahornbäume säumten die Zufahrt, die zu
einem alten weißen Farmhaus mit breiter Veranda führte, die ums ganze Haus
herumlief. Der Wagen hielt vor einer hohen, roten Scheune hinter dem Haus an.
Der Fahrer -
ein Lakai - stieg aus und ging zur hinteren Wagentür, um sie seinem Meister zu
öffnen.
„Sir."
Der geistige Sklave senkte ehrerbietig den Kopf.
Der
Stammesvampir stieg aus dem Wagen und schnüffelte verächtlich über den
Viehgestank, der die
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