Midnight Breed 05 - Gefaehrtin der Schatten-neu-ok-15.11.11
sogenannte frische Nachtluft verpestete. Als er den Kopf
zum Haus drehte, wurden seine Sinne nicht weniger beleidigt, als er in einem
Zimmer den Schein einer Tischlampe sah und das hirnlose Gequake einer Gameshow
im Fernsehen aus den Fenstern drang.
„Warte
hier", wies er seinen Fahrer an. „Es wird nicht lange dauern."
Steinchen
knirschten unter seinen polierten Lederslippern als er über den Kies zu der
überdachten Verandatreppe hinüberging, die zur Hintertür des Farmhauses führte.
Sie war abgeschlossen, aber das hielt ihn nicht auf. Er entriegelte sie durch
bloße Willenskraft und ging zügig in die Küche hinüber, ein optischer
Schandfleck mit blau-weiß karierten Vorhängen. Als die Tür sich quietschend
hinter ihm schloss, kam ein älterer Mann mit einer Sehrotflinte aus dem Flur
herein.
„Meister",
keuchte er und legte das Gewehr auf die Küchenablage. „Vergeben Sie mir. Ich
wusste nicht, dass Sie .., dass Sie k-kommen wollten ..." Der Lakai
stammelte, er war ängstlich und offenbar klug genug, um zu wissen, dass es sich
hier nicht um einen Freundschaftsbesuch handelte. „W-was kann ich für Sie
tun?"
„Wo ist der
Jäger?"
„Im Keller,
Sir."
„Bring mich
zu ihm."
„Natürlich."
Der Lakai eilte hastig an ihm vorbei, öffnete die Hintertür und hielt sie weit
auf. Als sein Meister hinausgegangen war, sauste er an ihm vorbei, um zu dem
sargähnlichen Kellereingang an der Seitenwand des Hauses voranzugehen. „Ich
weiß nicht, was da mit ihm los war, Meister. Das ist das erste Mal, dass er
einen Auftrag verpatzt hat."
Das war
allerdings der Fall, doch das machte das Versagen eines so perfekten Exemplars
nur umso unentschuldbarer. „Die Vergangenheit interessiert mich nicht."
„Nein, nein.
Natürlich nicht, Sir. Bitte entschuldigen Sie."
Er fummelte
unbeholfen mit Schlüssel und Schloss herum, Letzteres eine Maßnahme, um
Neugierige draußen zu halten, und weniger zu dem Zweck angebracht, den
tödlichen Kellerinsassen drinnen zu halten. Schlösser waren unnötig, wenn es
andere, effektivere Methoden gab, um sicherzustellen, dass er nicht in
Versuchung geriet, draußen herumzustreunen.
„Hier
entlang", sagte der Lakai und öffnete die Stahltüren zu einer lichtlosen
Grube, die unter dem alten Haus tiefer in die Erde führte.
Hölzerne
Treppenstufen führten in die feuchte, schimmelige Dunkelheit hinunter. Der
Lakai ging voran, zog an einer Schnur und schaltete eine nackte Glühbirne ein,
um ihnen den Weg zu erhellen. Der Vampir hinter ihm sah auch ohne sie genug,
wie auch der andere, der hier unten in dem leeren, fensterlosen Raum hauste.
Der Keller
enthielt keine Möbel. Keine Zerstreuungen.
Keinerlei
persönliche Gegenstände. Er war absichtlich so völlig ohne Bequemlichkeit
eingerichtet. Genauer gesagt enthielt er gar nichts - eine ständige Mahnung an
seinen Bewohner, dass auch er nur ein Nichts war, reduziert allein auf die
Aufgabe, zu deren Ausführung man ihn herausließ.
Sein
einziger Daseinszweck bestand darin, zu dienen, Befehle auszuführen.
Zu handeln,
ohne Gnade oder Fehler.
Weder Pardon
zu gewähren noch selbst welches zu erwarten.
Als sie in
die Mitte des Kellers gingen, sah der riesige Stammesvampir, der dort ruhig auf
der nackten Erde saß, auf. Er war nackt, hatte die Ellenbogen auf seine
angezogenen Knie gestützt, sein Kopf war kahl rasiert. Er hatte keinen Namen,
keine Identität, außer der einen, die ihm bei seiner Geburt gegeben worden war:
Jäger. Das eng anliegende, schwarze elektronische Halsband trug er ebenfalls
schon sein ganzes Leben.
Es war sein
Leben, denn wenn er jemals seinen Befehlen zuwiderhandelte oder das
Überwachungsgerät in irgendeiner Weise beschädigte, würde ein digitaler Sensor
aktiviert und die UV-Waffe, die in das Halsband eingebaut war, würde
explodieren.
Der riesige
Vampir erhob sich, als sein Lakaienwärter ihm ein Zeichen machte aufzustehen.
Er war beeindruckend, ein Gen Eins, einsneunzig groß, ein Muskelpaket von
ungeheuren Kräften. Sein Körper war vom Hals bis zu den Knöcheln von einem
dichten Netz von Dermaglyphen bedeckt, die im Stamm vom Vater auf den
Sohn weitervererbt wurden.
Dass er und
dieser Vampir ähnliche Muster trugen, war zu erwarten; schließlich stammten sie
väterlicherseits beide aus derselben Linie der Ältesten ab. Beide hatten das
Blut desselben außerirdischen Kriegers in ihren Adern - von einem der Väter der
Vampirrasse auf Erden. Sie waren miteinander verwandt, wenn auch nur einer
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