Midnight Breed 05 - Gefaehrtin der Schatten-neu-ok-15.11.11
„Ich weiß, dass sie Ihnen vertraut und Sie
respektiert. Sie sind früher für sie da gewesen und haben ihr schon ein paarmal
geholfen."
„Versucht habe ich es. Renata wollte nie Hilfe von mir oder von irgendjemand anderem
annehmen. Zumindest nicht für sich. Aber es gab eine Menge anderer Kids, die
sie mir ins Haus gebracht hat, weil sie Hilfe brauchten. Sie konnte es nicht
mit ansehen, wenn ein Kind Schmerzen hatte. Teufel noch mal, sie war selbst
kaum mehr als ein Kind, als sie zum ersten Mal hier ankam. Sie hat sich die
meiste Zeit abseits gehalten, war eine echte Einzelgängerin.
Sie hat
keine Familie, müssen Sie wissen."
Nikolai
schüttelte den Kopf. „Das habe ich nicht gewusst."
„Die
Barmherzigen Schwestern haben sie die ersten zwölf Jahre ihres Lebens
aufgezogen. Ihre Mutter hat sie als Baby im Waisenhaus der Kirche abgegeben.
Sie hat ihre Eltern nie gekannt. Mit fünfzehn hatte sie die Nonnen schon
verlassen und hat sich allein auf der Straße durchgeschlagen." Jack ging
zu einem Aktenschrank aus Metall hinüber, der bei dem anderen Gerümpel stand,
das in der Wohnung gelagert wurde. Er fischte einen Schlüsselbund aus seiner
Hosentasche und steckte einen Schlüssel in das Schloss auf seiner Vorderseite.
„Jawohl, Renata war eine harte kleine Nummer, sogar am Anfang schon. Sie war
mager und misstrauisch, hat immer ausgesehen, als könnte ein stärkerer Windstoß
sie umhauen, aber dieses Mädel hatte ein Rückgrat aus Stahl. Hat sich von
niemandem was gefallen lassen."
„Daran hat
sich nicht viel geändert", sagte Nikolai und sah zu, wie der alte Mann die
unterste Schublade aufzog. „Ich habe noch nie eine Frau wie Renata
getroffen."
Jack sah ihn
über die Schulter an und lächelte. „Sie ist was Besonderes, das kann man wohl
sagen. Und störrisch ist sie.
Ein paar
Monate, bevor ich sie zum letzten Mal gesehen habe, ist sie mit ganz
zerschlagenem Gesicht hier aufgetaucht. Anscheinend war irgend so ein
Betrunkener aus einer Bar getorkelt und wollte Gesellschaft für die Nacht. Er
hat Renata gesehen und versucht, sie in sein Auto zu stoßen. Sie hat sich
gewehrt, aber er konnte ihr ein paar harte Faustschläge versetzen, bevor sie es
geschafft hat zu entkommen."
Nikolai
stieß einen leisen Fluch aus. „Den Dreckskerl hätte man ausweiden sollen dafür,
dass er mit seinen dreckigen Pfoten eine wehrlose Frau angerührt hat."
„Das habe
ich auch gedacht", sagte Jack todernst, ganz der beschützerische Soldat.
Er ging in die Hocke und zog einen Kasten aus poliertem Holz aus dem
Aktenschrank. „Ich hab ihr ein paar Selbstverteidigungsgriffe beigebracht - nur
die Grundlagen. Hab ihr angeboten, sie auf meine Kosten zu ein paar Kursen zu
schicken, aber natürlich wollte sie nicht. Ein paar Wochen vergingen, und sie
war wieder da und half einem anderen Jugendlichen, der keine Bleibe hatte. Ich
habe ihr gesagt, dass ich was für sie hätte - ein Geschenk, das ich extra für
sie gemacht hatte. Ich schwöre Ihnen, wenn Sie ihr Gesicht gesehen hätten,
hätten Sie gedacht, sie hätte sich lieber in den Gegenverkehr gestürzt, als von
jemand eine Freundlichkeit anzunehmen."
Es fiel
Nikolai nicht schwer, sich diesen Gesichtsausdruck vorzustellen. Den hatte er,
seit er Renata kannte, auch schon ein- oder zweimal gesehen. „Was haben Sie ihr
denn geschenkt?"
Der alte
Mann zuckte mit den Schultern. „Nichts Besonderes eigentlich. Ich hatte ein
altes Viererset Dolche, noch von früher aus Nam. Ich hab sie zu einem Künstler
gebracht, den ich kannte, er arbeitet mit Metall und hat mir die Griffe
individuell gestaltet. Er hat in alle vier Griffe von Hand ein paar von den
Stärken eingraviert, die ich in Renata sehen konnte. Ich habe ihr gesagt, das
wären die Qualitäten, die sie zu etwas Besonderem machen und die ihr in jeder
Lebenslage beistehen würden."
„Glaube,
Ehre, Mut und Opfer", sagte Nikolai und erinnerte sich an die Worte, die
er auf den Dolchen gesehen hatte, die Renata so viel zu bedeuten schienen.
„Sie hat
Ihnen von den Klingen erzählt?"
Niko zuckte
die Schultern. „Ich habe gesehen, wie sie sie benutzt hat. Sie bedeuten ihr viel,
Jack."
„Das wusste
ich nicht", erwiderte er. „Ich war überrascht, dass sie sie überhaupt
angenommen hat, aber ich hätte nicht gedacht, dass sie sie nach all dieser Zeit
immer noch hat." Er zwinkerte schnell, dann machte er sich an der
Schachtel zu schaffen, die er aus dem Aktenschrank gezogen hatte. Er öffnete
den Deckel, und Niko
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