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Mieses Karma

Titel: Mieses Karma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Safier
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einen anderen Mann denken!
    Und mit dem Gedanken an den supercalifragilistischexpialigetischen Sex mit Daniel Kohn schlief ich ein.
     
    Ich hatte einen wilden Traum, in dem ich wieder ein Mensch war. Ein wunderbares Gefühl. Ich hatte wieder zwei Augen, zwei
     Beine, zehn Zehen mit zehn lackierten Nägeln – alles war da, wo es sein sollte. Selbst über meine Orangenhaut konnte ich mich
     freuen. Doch dann stand plötzlich Krttx vor mir. In Menschengröße. Sie packte mich und führte mich vor Alex, der in Gestalt
     einer Ameisenkönigin erschien. Mit dröhnender Stimme verkündete er: «Wegen Fremdgehens mit Daniel Kohn verurteile ich dich
     zum Tode.» Darauf marschierten Hunderte riesengroße Ameisen auf mich zu und wetzten gierig ihre Kiefer.
     
    Laut schreiend wachte ich auf.
    Ich hatte eine solche Angst, wieder einzuschlafen.
    Aber noch schlimmer war es, wach dazuliegen und meinem schlechten Gewissen gegenüber Alex ausgeliefert zu sein.
     
    |56| Nach langem Grübeln fiel ich endlich in einen traumlosen Schlaf. Nur um kurz darauf von Krttx aufgeweckt zu werden. «Aufstehen!»,
     schrie sie.
    Mit ihrer Stimme hätte sie nicht nur Tote aufwecken können, sie hätte die Toten auch dazu gebracht, Frühgymnastik zu machen.
    Alle Ameisen standen sofort stramm. Nur ich kam nicht gleich auf die Beine, ich war einfach noch zu fertig.
    «Genug geschlafen!», brüllte mich Krttx an.
    Genug geschlafen? Hatte die noch alle Kekse in der Dose? Wir hatten doch gerade mal ein paar Stunden geruht.
    «Wir müssen Futter besorgen!»
    Alles tat mir noch weh von der Plackerei gestern, und jetzt sollte ich schon wieder etwas schleppen? Würde das jetzt mein
     Leben sein, jeden Tag Bio-Gummibärchen auf dem Buckel zu schleppen?
    «Buddha!», schrie ich. Ich wollte mich beschweren. So ging das ja nicht. Man kann doch nicht einfach Leute ohne faires Verfahren
     zu einem Leben als Ameise verurteilen!
    «Buddha!», rief ich nochmal.
    «Hier gibt es keinen Buddha.» Krttx klang gefährlich genervt.
    Ich schrie nochmal: «Buddha, wenn du mich nicht gleich aus diesem Mist hier befreist, dann   … dann   …»
    Mir fiel auf, dass ich kein besonderes Druckmittel gegen ihn hatte.
    Dafür hatte Krttx eines gegen mich: «Wenn du nicht sofort aufstehst», sagte sie, «dann   …»
    «…   brichst du mir das Genick, reißt mir die Fühler raus undsoweiterundsofort   …», ergänzte ich geschlagen und rappelte mich auf. Wissend, dass der dicke Buddha sich wohl nicht mehr melden würde.
     
    |57| Unser Trupp stapfte durch die Tunnel bergauf, Richtung Erdoberfläche. Der Anstieg war steil, teilweise über fünfundvierzig
     Grad. Selbst Profiradfahrer schaffen so etwas nur mit Blutdoping.
    Am Tunneleingang machte Krttx uns auf die Gefahren aufmerksam, die uns draußen erwarten: «Wir müssen auf die Spinnen aufpassen.»
    Spinnen? Achtbeinige Monster! Die wären doch garantiert zehnmal größer als ich in meinem Ameisenkörper! Ich hatte ja schon
     Probleme damit, wenn die Biester hundertmal kleiner waren als ich und in der Dusche rumkrabbelten. In solchen Fällen hatte
     ich immer sofort nach Alex gerufen. Der bugsierte dann die Spinne mit einem Glas nach draußen, während ich lauthals die Todesstrafe
     forderte, damit das Vieh nicht wieder ins Haus krabbelte.
    Und jetzt lief ich Gefahr, von einer Spinne verschlungen zu werden? Mir wurde schlecht.
    Krttx warnte auch vor dem großen Nebel, und dann erwähnte sie noch etwas: den geballten Strahl der Sonne. «Der geballte Strahl
     der Sonne?», fragte ich nach.
    «Vor ein paar Tagen sind einige Flugameisen verbrannt. Die Überlebenden berichteten, dass die Sonne plötzlich fürchterlich
     heiß wurde und die Opfer mit einem geballten Strahl verbrannte.»
    «Lupe!», schoss es mir durch den Kopf. Lilly erzählte mir doch, dass Nervtötkind Nils auf ihrem Kindergeburtstag mit einer
     Lupe herumgekokelt hatte. In mir keimte die Hoffnung auf, dass ich in dem Ameisenhaufen vor unserer Terrasse gelandet war.
     Es war unwahrscheinlich, aber es war ein schöner Gedanke, denn dann bestand die Chance, Lilly zu sehen!
    Die Müdigkeit verflog aus meinen Beinen, ich wollte jetzt |58| nur noch raus, an die Erdoberfläche, herausfinden, ob ich in der Nähe meiner kleinen geliebten Lilly war.
    «Los, marsch!», befahl Krttx. Es war das erste Mal, dass mir etwas gefiel, was sie sagte.
    Wir traten raus in die Sonne. Das Licht blendete, aber meine Augen passten sich in Windeseile an. Nach einem kurzen Stück
    

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