Mika, Bascha
der Punkt kommt nicht, die Frau meint es ernst.
Beide
Mütter, von denen die Rede ist, sind Anfang bis Mitte fünfzig, stammen also aus
einer Generation, die an frauenbewegten Ideen gar nicht vorbeikam. Sie gehören
zur Mittelschicht, haben eine solide Bildung und sicher schon mal davon
gehört, dass sich nicht alle weiblichen Wesen als Wischmopp verstehen. Das
versucht Sophie ihnen klarzumachen. Doch manchmal, wenn sie keine Energie mehr
hat, sich zu wehren, oder einfach aus Höflichkeit, gibt sie nach — und dann
zeigen ihr all die Mütter, wie man ihren Söhnen den Hintern hinterherträgt.
Es ist
schon zynisch, wie wenig weibliche Lebenszeit gilt - auch uns selbst. Allein an
einem Sonntag, wenn der Rest der Familie auf Weekend macht, arbeiten Frauen
zwei bis drei Stunden länger als Männer. Wir lassen uns in unserer nach
Citrusreiniger duftenden Küche einmachen wie reifes Obst.
Ist das
nur ein Hausfrauenproblem? Könnte man meinen. Stimmt aber nicht. Denn auch wenn
Frauen einem bezahlten Job nachgehen und zum Einkommen beitragen, ändert das
die Arbeitsteilung nicht im Geringsten. Die funktioniert nach wie vor wie bei
der Hausfrauen-Ehe: Familienarbeit ist weiblich — egal, wie viele Stunden
Frauen darüber hinaus im Erwerbsleben verbringen. Sogar wenn sich die
klassischen Rollen völlig umkehren und eine Frau mehr arbeitet und verdient als
ihr Mann, heißt das gar nichts.
Nehmen wir
Jutta. Jutta ist Goldschmiedin, Mitte vierzig, und verheiratet mit einem Mann,
der als freier Werbetexter arbeitet. Ihm mangelt es erheblich an Aufträgen und
Honoraren. Sie sorgt nicht nur dafür, dass beide finanziell abgesichert sind,
sondern verbringt auch noch sehr viel mehr Arbeitsstunden in ihrer Werkstatt
als ihr Mann daheim am Schreibtisch. Und doch ist sie es, die dann noch den
Haushalt organisiert und sich zuständig fühlt für das Wohl des Gatten. Und
selbstverständlich klagt sie über ihre Mehrfachbelastung - nicht jedoch über
ihren Mann und ihre eigene verquaste Verantwortungsmoral als Teil des Übels.
Die
Hans-Böckler-Stiftung hat in einer Untersuchung herausgefunden, dass die Zahl
der Frauen gewachsen ist, die finanziell die größere Verantwortung für die
Familie übernehmen. Was bedeutet, dass sie über sechzig Prozent zum gemeinsamen
Einkommen beitragen. 12 Aber selbst dann gibt es keinen Rollentausch
zwischen den Geschlechtern. Den größten Batzen an häuslicher Arbeit erledigen
trotzdem die Frauen. 13
Wie kann
das sein? Diese Frauen haben als Hauptverdienerinnen eine starke Position in
der Beziehung. Macht ihnen das ein schlechtes Gewissen? Müssen sie sich deshalb
erst recht als Frau in der traditionellen Rolle beweisen?
Die Mutprobe
Das Kümmern
ist ein Bonbon, mit dem wir uns das alte Weiblichkeitsmuster schmackhaft
machen. Sich kümmern hat auch etwas mit sich opfern zu tun — wer sich kümmert,
ist in einer moralisch schwer angreifbaren Position. Sind wir nicht tapfere
kleine Frauen, dass wir all diese Belastungen im Haus allein auf uns nehmen?
Wenn uns
das Kümmersyndrom packt, ist der Punkt, an dem unser Leben umbricht, meist
nicht weit. Es ist die Falltür in die Abhängigkeit.
Bevor wir
mit einem Mann zusammenziehen, wird die Ausputzerin in uns zwar hin und wieder
herausgelockt - wie man an Julia und Sophie sieht. Aber erst im gemeinsamen
Nest bricht sie so richtig hervor, tritt verschärft auf, wenn wir uns im
Paarmodell einrichten. Und sollten noch Kinder dazukommen, tobt sie sich
vollends aus.
Selbst
wenn wir einen Beruf und ein Leben jenseits des Hauses haben, scheint es, als
würden wir uns nach der dienenden Rolle in der Familie sehnen. Können wir
unsere Unabhängigkeit so schlecht ertragen? Wir flüchten drinnen verstärkt in
die Unterordnung, sobald wir draußen ein Stück Eigenständigkeit dazugewonnen
haben.
Wie wird
Arbeit aufgeteilt? Die produktive und unproduktive? Die bezahlte Arbeit und
die Familienarbeit? Diese Entscheidung markiert eine enorm wichtige
biographische Schnittstelle. Hier müssen wir unsere Vorstellung einer ebenbürtigen
Partnerschaft durchsetzen - wenn wir sie denn wollen. Das ist eine Mutprobe,
die wir bestehen müssen, da können wir nicht kneifen.
Denn an
der Familienarbeit entscheidet sich nicht nur, wie wir es in der Beziehung
halten, sondern auch, was uns ein Leben jenseits davon wert ist. Je mehr wir
uns kümmern, desto weniger Zeit können und werden wir woanders investieren.
Dann machen wir eben nur noch einen
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